Einzelkaempfer
hier tue. Meisterdetektiv Kalle warnt mich etwas preiszugeben und schlägt vor, dass ich die Fragen stellen soll. Kein dummer Gedanke. Ich antworte ihr, dass ich gerade mit einer bezaubernden Lady eine Hafenrundfahrt mache und mich frage, wie sie heißt. Hanna, sagt sie lächelnd und ich stelle mich ebenfalls vor. Hanna und Heiner, wenn’s nicht so kitschig klänge, könnte das der Titel ... zu einer ›Beziehungskomödie‹ sein, wirft der Advokat hämisch ein. Ich frage was Hanna allein im Hafen, an einem unwirtlichen Abend, zu tun hat. Sie kontert, dass sie einen regennassen Deutschen zum Willemsplein kutschiert. Super, weit bin ich nicht gekommen mit meiner Annäherung. Die schöne Hanna ist offensichtlich auch nicht gewillt ihr Leben vor mir auszubreiten. Die weitere Fahrt verläuft schweigend. So ein kribbeliges, gespanntes Schweigen, keines von der Sorte, bei welchem gemeinsames Verstehen zugrunde gelegt werden kann – Sie wissen, was ich meine, spüren Sie es auch bisweilen?
Braune Locken umrahmen ihr hübsches Gesicht, sie duftet nach Blumen und ihr weinroter, geschlitzter Glitzermini rutscht jedes Mal wenn sie die Kupplung tritt ein wenig nach oben. Makellos bestrumpfte, lange Beine ...wie die sich wohl anfühlten, wenn sie sich um meine Hüften legten ... Heiner, kräht meine schrullige Mutter, was träumst du schon wieder rum! Sie bremst hart und die Fahrt ist schon zu Ende. Eine große Sprechblase scheint zwischen uns aufzutauchen: Und nun? Unisono entweicht ein ›So-da-wären-wir‹ unseren Mündern. Ihrer ist mattlila ausgemalt, meiner trocken. Verhaltenes Lächeln auf beiden Seiten und wir steigen aus. Sie öffnet hinten, huscht hinein und beim Anreichen des Rades berühren sich unsere Fingerspitzen. Sie hat mich elektrisiert, meine Hand zuckt zurück. Er pulsiert unter der Knopfleiste meiner Jeans. Aha, schön, dass du auch noch funktionierst, störe jetzt nicht weiter – stauche ich ihn zusammen, während ich das Rad dort abstelle, wo ich es entliehen hatte. Der Porsche ist nicht da. Weit und breit auch kein Abschleppwagen in Sicht. Halt die Puppe fest, bevor sie abhaut und du hier alleine rumhängst – ich glaube Kalle kommt in die Pubertät –meine Hose spannt. Hanna schwingt sich elegant auf den Fahrersitz, ruft einen Gruß und lässt den alten Ford anrollen. Jetzt steh ich da mit dem Rad, im Dunklen, allein, ohne Porsche, ohne definiertes Ziel, aber mit einer Idee. Mein wildes Winken veranlasst sie zum Stoppen. Ich hole sie ein und als ich endlich in Augenhöhe komme, verschlägt es mir erneut die Sprache. Man möchte sich in diesen Blick verlieren, einhüllen lassen, von der warmen Ausstrahlung des dunklen Brauntones ihrer Augen. Ihr Blick wird fragend, nicht vorwurfsvoll, nicht ängstlich, sie lächelt, sagt: »Komm«. Ich erklimme wieder den Sitz neben ihr, gefangen von ihrem Duft. Wo ich hin will, möchte sie wissen. Das möchte ich auch wissen, dabei fische ich bedächtig, das Streichholzbriefchen aus meiner Tasche, teile ihr den Namen der Bar mit, der darauf steht und frage, ob es weit ist. Es läge auf ihrem Weg. Welcher Weg das ist, dazu sagt sie nichts. Ich ertrage die Stille nicht mehr, die Anspannung lässt meinen Magensäften keine Ruhe. Ich übertöne meine Innereien mit belanglosem Geplauder, über den gigantischen Hafen, das schlechte Wetter, die deutsch-holländischen Beziehungen, frage sie nach ihrem Lieblingsfußball-Club und bleibe stecken. Sie interessiert sich nicht die Bohne für diesen Sport, kann fanatische Fußballfans nicht verstehen, die vom Verein als Familie sprechen. Das Hinterherjagen nach einem Ball lasse sie an Hunderennen denken, wo drahtige, trainierte Jagdgeschosse hinter einem falschen Hasen herhecheln, bis zur totalen Erschöpfung.
Der Begriff versetzt mir einen Stich in die Brust, erinnert er mich schlagartig daran, wem ich die Lage zu verdanken habe. Ich muss ihn anrufen. Zum Glück und Unglück sind wir am Ziel. Ich bedanke mich für ihre Freundlichkeit – frag sie, ob ihr euch wieder sehen könnt – jetzt mal halblang Kalle, bremse ich den Stürmer aus, winke zum Abschied und bleibe allein auf dem nassen Bordstein, schaue den Rücklichtern nach, bis sie abbiegt. Es hat zu regnen aufgehört und ich betrete die Bar. Where The Wild Roses Grow, dringt Nick Cave im Duett mit Kylie Minogue an mein Ohr. Vor meine Augen schiebt sie sich, ihr Antlitz wie im Musik-Video, nur liegt jetzt Hanna leichenblass im Wasser, mit Rosenblüten bedeckt vor
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