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Einzelkaempfer

Einzelkaempfer

Titel: Einzelkaempfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sinje Beck
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Anzügen, alle wie von ein und demselben Ausstatter. Dekorative Begleiterinnen, jung oder auf jung getrimmt. Ein Schönheitschirurg könnte in dem erlauchten Kreis zielgruppengenaue Akquisition betreiben. Die Gesellschaft wird per Glöckchen zu Tisch gerufen. Pause. Mike dreht sich eine und bietet mir den Tabak an. Schon lange her, dass ich geraucht habe. Ach, was soll‘s, man lebt nur einmal und wer weiß wie lange noch. Ich dreh mir auch eine. Wow, mir wird schön schwindelig. Lässig an die Bar gelehnt stehen wir schweigend, rauchend nebeneinander, den Strom derer erwartend, die Verdauungsdrinks verlangen werden. In diesem Moment, während sich meine Lungen mit Nikotin füllen, ist mir, als gehöre ich hierher. Einige Herren scheinen das Dessert zugunsten eines Martini ausfallen zu lassen und sinken wie Wohlgesättigte in die Clubsessel vor der Bar, nachdem sie Mike ihre Wünsche gestikuliert haben. Die scheinen öfter hier zu sein und sich gut zu kennen. Ich serviere den Herren fünf Martinis. Ihr Gespräch erstirbt. Mike sagt ihnen, dass ich Argentinier bin und sie unbesorgt sprechen können, puzzle ich mir zusammen. Einer der Herren reicht Fotografien herum, die Szene gleicht einem Werbespot, mein Haus, mein Auto, mein Boot. Die Fotos zeigten Bilder, Gemälde, meine Kirche im Dorf, meine liegende Kuh, mein Portrait eines Mannes. Die Bilder wechseln den Besitzer. Die Männer nicken, wie man nach einem guten Essen nickt, wenn die Köchin fragt, ob es geschmeckt hat. Eine Kiste Zigarren macht die Runde. Ich gebe Feuer und erhalte die Weisung Gläser, einen Kübel Eis und eine Flasche Glen Fiddich, den 30-jährigen, auf den Tisch zu stellen. Die Herren bedienen sich selbst. Ein weiterer Mann begibt sich schweren Schrittes in die Runde. Seine steile Falte zwischen den Brauen lässt vermuten, dass er oft bekümmert ist, besonders im Moment scheint ihm einer quer zu sitzen. Eigentlich gibt es nichts mehr zu wischen auf dem Tisch, doch ich wüsste zu gerne, was er im Begriff ist zu erzählen. Dass was kommt, wird schnell klar, denn die Männer schauen zu ihm auf und verstummen augenblicklich. Betroffenheit und Ungewissheit in den Minen, rücken sie zusammen und einen Sessel herbei. Ich beginne einzuschenken. Der Bekümmerte, auf dessen Haupt sich das Leuchterlicht spiegelt, winkt ab. Es gäbe da eine – er sucht regelrecht mühsam, wie gebückt nach einem Begriff – Unpässlichkeit, sagt er. Probleme, von Problemen wollen sie alle nichts hören, Lösungen sind gefragt. Aber, es sei nichts, was man nicht in den Griff bekäme. Ich schenke weiter aus. Irgendwer ruft Carlos, einmal, zweimal, bis ich merke, dass ich gemeint bin. Mist, zu gerne hätte ich weiter zugehört.
     

30
    Mike schickt mich in den Keller, Champagner holen. Er schiebt mich bis zur Tür nach unten. Der Keller liegt nur halb unterirdisch, durch die geöffneten Oberlichter dringt das vertrauliche Knirschen an meine Ohren. Ich sehe, wie eine Kippe weggeworfen wird, von einem Typ in schwarzen Stiefeln. Er läuft auf und ab. Es sind die Stiefel. Jene, wie sie damals die Grufties in der Disco trugen, nur nicht ganz so spitz. Genau die, die ich mir im Hochregal eingeprägt habe, jede erkennbare Naht hat sich in meine Gehirnwindungen quasi eingenäht. Unwillkürlich halte ich den Atem an. Ein Wagen kommt über die Auffahrt herangeprescht. Vor den Stiefeln geht der Fahrer in die Eisen, dass es spritzt. Es hagelt Steinchen gegen das Mäusegitter des Kellerfensters. Ich zucke zurück. Ein Typ in Turnschuhen steigt aus. Hektisch tritt er an den Wartenden heran und beginnt sofort zu fluchen. Genau kann ich ihn nicht verstehen, aber die Stimme könnte zu dem passen, der mich in der Siegener Garage bedroht hat. Damals war er deutlich gelassener. Er solle locker bleiben, meint der ›Man in Black‹. Carlos, ruft Mike. Mist, verdammter, schon wieder werde ich gestört. Komm ja schon, will ich rufen, besinne mich aber und murmle sí, sí, compañero. Noch um eine Ecke und ich stehe vor dem Schampus-Regal. Holla, hier weiß man zu leben. Grob überschlagen lagern 100 Flaschen der Bessereleute-Brause in dem chromblitzenden Stahlregal. Ich packe mir wahllos vier davon unter die Arme und beeile mich, die Treppe hinauf zu kommen – nur nicht zu doll schütteln. Bösen Blicks entreißt mir Mike die Pullen.
     
    Jetzt weiß ich, warum er so gestresst ist. Der Speisesaal hat die dürstenden Damen nach dem Dessert ausgespuckt. Plopp, Buff, Fump, behände öffnet Mike die

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