Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke
dahinter verstecken. Mit einem Blick zum Fenster sortiert sie ihre Gedanken. »Das dachte ich auch. Aber ich kann nichts dagegen machen.«
»Was soll das heißen?«
»Mit Patrick ist es … bessessess«, nuschelt Lena in ihr Glas, so dass Astrid und ich sie mit einem fragenden Blick ansehen.
Patrick.
Patrick.
Patrick.
Jetzt hat die Affäre also auch schon einen Namen.
»Es ist besser! Mit Patrick ist es besser. Der Sex, das Leben, die Art, wie ich mich fühle, alles ist besser. Wisst ihr eigentlich, was es bedeutet, eine halbe Ewigkeit mit einem einzigen Mann zu verbringen? Es ist, wie soll ich das sagen … Patrick sieht mich, während Thomas und ich … wir sind einfach wie langweiliges Inventar, das einem nach Jahren gar nicht mehr auffällt.«
Ich nicke. Astrid schüttelt den Kopf.
»Okay. Ich brauche nicht mehr zu hören.«
Die Chilischoten landen im Mülleimer, die Schuhe im Flur, Schleier und Kleid vor dem Bettpfosten im Schlafzimmer.
Was bleibt, ist neben halb aufgegessenen Pastatellern und ungetrunkenem Rotwein die Erkenntnis: Vor dem »Wie heirate ich einen Mann?« steht immer noch ein nicht minder kompliziertes »Warum eigentlich?«!
8.
Ihre Kündigung ist gefeuert!
S onntage. Ich liebe Sonntage. Dummerweise ist heute Montag. Kurz vor acht Uhr. Kurz vor dem Büro meines Chefs. Ich kann die dickliche, gedrungene Figur von Klaus Zwerger schon durch das milchige Glas der Bürotür erkennen. Ein Schauer läuft meinen Rücken entlang. Seit vier Jahren arbeite ich nun schon für Herrn Zwergers Werbeagentur. Ich habe drei Sommerfeste erlebt. Zwei davon waren sterbenslangweilig, das dritte ist der Grund, warum ich heute um kurz vor acht Uhr vor Klaus Zwergers Büro stehe. Es fing alles damit an, dass mein Chef mich unvermittelt darum bat, doch einen kürzeren Rock und einen ein klein wenig tieferen Ausschnitt während der Präsentation einer Kampagne vor einem wichtigen russischen Kunden zu tragen. Ich empörte mich. Er gab mir seine Kreditkarte und die Aussicht auf doppeltes Gehalt. Ich willigte ein und … tadaaa! Meine Brüste erhielten den Zuschlag. Woraufhin ich nun auch bei den Amerikanern und gesamt Osteuropa mit mehr Haut und High Heels herumlief als die meisten Models auf den Catwalks in Mailand und New York. Und irgendwie kam ich aus der Nummer nicht mehr raus. Noch ein wenig weniger und wir hätten die Meetings, Präsentationen und Geschäftsessen gleich in die Gemischtensauna verlegen können. Der Einfachheit halber. Aber bitte, es macht mir nichts aus, wenn Männer feststellen, dass Frau Brüste hat. Das tun sie ja so oder so. Und ehrlich gesagt bin ich eher beleidigt, wenn sie es nicht tun. Problematisch wurde es nur, als weder Amerika noch Russland noch die Europäer zum Geschäftstermin imHaus anstanden, Herr Zwerger aber dennoch kritisch auf meinen Rollkragen starrte und dazu überging, selbst an meiner Garderobe Hand anlegen zu wollen. Und an meinem Oberschenkel.
»Frau Lenartz, setzen Sie sich!«
Herrn Zwergers überhebliche Art schwappt über die Schreibtischplatte bis vor meine Füße. Ich muss die Zähne zusammenbeißen. Allein über das Ärgernis, dass er mich hierhin zitiert.
»Herr Zwerger, schön, dass Sie unseren Termin wahrnehmen können. Worum geht es denn genau? Wie kann ich Ihnen helfen?«, frage ich in unübersehbar vorgeheuchelter Herzlichkeit und nehme auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz. Die Streben der Rückenlehne bohren sich mir in die Wirbelsäule. Ein Teil von mir möchte umgehend nach Hause, sich unter dem Küchentisch verkriechen und die karierte Decke ganz weit herunterziehen. Das ist der kleinere. Ein weitaus mächtigerer Teil in mir möchte Herrn Zwerger eine runterhauen. Ich arbeite aktuell noch an einer geeigneten Balance.
»Ich werde …« Mein Chef baut sich vor mir mit den Ellenbogen auf die Tischkante gestützt und ernster Miene auf.
… Sie feuern. Die Worte hallen durch meinen Kopf, noch ehe Herr Zwerger Sie ausgesprochen hat.
»… Ihnen einen höheren Posten anbieten, wie versprochen.« Mein Chef lächelt etwas zerknirscht und lehnt sich in seinem Ledersesselchen nach hinten, dass der Stoff unter seiner Last stöhnt.
Ich bin perplex.
»Was sagen Sie, Frau Lenartz? Ich mache Sie doch wohl nicht etwa sprachlos?« Er leckt sich über die Schneidezähne.
»Nein, ich freue mich, dass Ihnen die Geschehnisse anscheinend leidtun und Sie meine Arbeit zu schätzen wissen.«
»Bei allem Respekt, Frau Lenartz. Was soll mir denn
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