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Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Titel: Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Krzywik-Groß , Torsten Exter , Stefan Holzhauer , Henning Mützlitz , Christian Lange , Stefan Schweikert , Judith C. Vogt , André Wiesler , Ann-Kathrin Karschnick , Eevie Demirtel , Marcus Rauchfuß , Christian Vogt
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Idee mit der Kerze!“ Farids Grinsen war nicht zu sehen, aber zu hören.
    „Da! Ich bin nicht sicher, doch diese drei Zeichen in der Kartusche bedeuten möglicherweise ‚Tür‘ oder ‚Tor‘. Sie kommen auf dieser Wand viermal vor, siehst du? Hier unten und oben, und da drüben, und ich glaube …“, er drückte auf die Kartusche und blies Staub fort, „die auf meiner Seite sind beweglich.“
    Der Ægypter hantierte an den Zeichen herum: „Die hier auch.“
    „Dann werden wir die vier Stellen jetzt zusammen und gleichzeitig drücken. Auf drei! Eins … zwei … drei!“
    Nichts geschah.

    Die beiden standen knapp davor aufzugeben. Zwar konnten sie sicher sein, dass sie kurz vor der großen Entdeckung standen, doch die vier Kartuschen waren eine Sackgasse. Sie zermarterten sich die Köpfe, probierten tausend Dinge aus und verwarfen sie, aber außer den minimalst beweglichen Stellen in der Wand fanden sie nichts. Im Zuge ihrer Suche hatten sie sich sogar gestritten, was noch nie vorgekommen war. Allein das zeigte, wie entmutigt die beiden Forscher waren. Dem Ziel so nah und doch so fern.
    Heinrich war kurz davor, die Erkundung erst einmal abzublasen, als sein Blick auf ein Symbol fiel, das er schon viele Male gesehen hatte: ein kleiner Kreis im Zentrum eines größeren Kreises mit einem vertikalen Strich darunter. Das Zeichen des Sonnengottes Ra, auch Re genannt. Er sah genauer hin. Das Ideogramm war wiederholt auf der Wand zu finden. Beim ersten, das er intensiver untersuchte, schien der innere Ring mit irgendeiner Art von halbdurchsichtigem Edelstein gefüllt zu sein. Er begutachtete die anderen acht Vorkommnisse des Symbols, eine erstaunliche Häufung, die er so noch nirgendwo gesehen hatte und die doch auf der Fläche des Mauerwerks mit ihren zahllosen Hieroglyphen für das ungeübte Auge untergehen musste.
    Ra, der Sonnengott …
    Sonne …
    Licht …
    Mit einem Mal ereilte ihn eine Erkenntnis: „Farid! Komm! Wir holen alle Karbidlampen von oben, drehen sie auf maximale Intensität und stellen sie vor dieser Wand auf. Besonders vor diesen Ra-Ideogrammen, da, da, da und dort!“ Er wies nacheinander auf die jeweiligen Positionen.
    Es dauerte eine Weile, bis sie die Lampen auf ihren Stativen nach unten getragen, aufgebaut und neu entzündet hatten. Um Karbid zu sparen, hatten die beiden sie gelöscht, als sie sich in die tiefere Grabkammer begaben. Alle vorhandenen Leuchten platzierten sie nun vor den Symbolen und stellten sie auf maximale Lichtabgabe.
    „Lange werden sie das nicht durchhalten“, merkte Farid an.
    „Müssen sie auch nicht. Los, wir drücken noch einmal auf die Kartuschen, ich hier, du da drüben. Fertig?“
    Farid eilte an seinen Platz und nickte.
    „Dann … eins … zwei … drei!“
    Es knackte laut und unüberhörbar irgendwo in den Wänden.
    Die Wand schob sich in den Boden. Von oben rieselte überraschend wenig Sand nach, und der Gelehrte, der mit ohrenbetäubendem Lärm gerechnet hatte, war überrascht, wie ruhig das Ganze vonstattenging. Man vernahm nur ein relativ gedämpftes Knirschen.
    Heinrich hatte erwartet, hinter einer Geheimtür einen düsteren Gang voller Spinnweben zu sehen, durchdrungen vom Odem vergangener Jahrtausende, doch was er tatsächlich erblickte, ließ ihn wahrlich an seinem Verstand zweifeln, und deswegen blieb ihm sein „Heureka“ im Halse stecken.
    Der Korridor, der sich vor ihm aufgetan hatte, war vergleichsweise sauber und in regelmäßigen Abständen durch Lampen erleuchtet, zu denen Leitungen liefen, was ebenso wie das stetige, nicht flackernde Licht sowie die Bauweise darauf hindeutete, dass die Beleuchtungskörper elektrisch betrieben wurden. Elektrizität? Hier? Heinrich glaubte zu träumen, so abstrus war dieses Szenario. Der Gang führte geradeaus, soweit das Auge reichte, es waren jedoch weiter vorn schemenhaft Öffnungen zu erblicken, die sich in der rechten und linken Wand auftaten.
    Das Eigentümlichste, unter diesen Umständen beinahe Absurde war allerdings der Wagen, der dort stand. Das Fahrzeug ähnelte einem reich geschmückten, einachsigen, altægyptischen Streitwagen. Heinrich konnte zum einen ungläubig erkennen, dass es ein drittes Rad an der Vorderseite gab, das dem Gefährt Stabilität verlieh, und zum anderen vor dem Vehikel eine Art leise surrenden, beräderten Kasten, der über eine Form von Deichsel mit dem Fuhrwerk verbunden war. Von diesem Quader, der kaum drei Schritt lang und zwei Schritt breit und ebenso hoch sein

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