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Eis und Wasser, Wasser und Eis

Titel: Eis und Wasser, Wasser und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Majgull Axelsson
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feuchter Erde unter dem Grau frei. Elsie schob die Hände in die Taschen und runzelte die Stirn.
    »Mein Gott, bist du kindisch.«
    Inez sagte immer noch nichts, zog nur weiter ihren Fuß durch den Kies. Das wurde eine Wunde, dachte sie, eine Wunde in der Erde selbst.
    »Der Warteraum des Todes«, wiederholte Elsie nun, dieses Mal aber mit klarer Stimme. »Es handelt von einem Sanatorium.«
    Inez hielt ihren Blick auf den braunen Strich fixiert.
    »Papa ist fast wieder gesund.«
    Elsie schnaubte nur.
    »Ach ja? Und warum ist er dann hier?«
    »Weil er in Skåne geboren ist. Er will da sein, wo er geboren ist.«
    Wieder schnaubte Elsie, drehte sich um und murmelte etwas, während sie jetzt auch mit dem Fuß in den Kies trat. Inez erstarrte. Sie hatte nicht genau verstanden, was Elsie gesagt hatte, wusste es aber trotzdem. Will er da sterben, wo er geboren wurde?
    »Was hast du gesagt?«
    »Geht dich nichts an.«
    »Ich werde es Mama sagen …«
    »Du hast doch gar nichts verstanden.«
    »Ich habe genug gehört. Ich werde Mama alles sagen.«
    Elsie seufzte.
    »Bestimmt. Das glaube ich gern. So mutig, wie du bist.«
    »Rotzgöre.«
    »Selber.«
    Dann schnieften sie beide und drehten einander den Rücken zu.
    Einsamkeit war eine neue Erfahrung. Daheim in Göteborg hatte das seine Vorteile. Es war schön, dass es ab und zu um sie herum still war, dass sie den Kopf heben konnten, wenn sie über ihren Schulbüchern saßen und diesem Neuen lauschen, das plötzlich die Wohnung erfüllte. Die Stille hatte viele Nuancen, sie konnte weich wie verblichener Baumwollstoff sein, sie konnte summen und sausen oder den eigenen Herzschlag widerhallen lassen. Plötzlich konnte Inez hören, was sie dachte, sie konnte sogar die Augen schließen und einen Gedanken bis zum Ende verfolgen. Das war äußerst angenehm. Und noch angenehmer wurde es, wenn sie die Tatsache bedachte, dass nicht einmal Elsie wissen konnte, was sie dachte. Deshalb konnte sie sich so einige Freiheiten nehmen, sie konnte beispielsweise ganz still dasitzen und so tun, als hörte sie Radio, während sie gleichzeitig ihre Schwester verprügelte, ihr das Gesicht zerkratzte und sie einen Affen nannte.
    Andererseits hatte auch Elsie ihre Geheimnisse. Warum flüsterte sie mit Mama im Badezimmer? Und warum nahm sie am nächsten Tag nicht den Turnbeutel mit zur Schule? Inez ließ sich nicht dazu herab, zu fragen, aber ein kleiner Verdacht keimte bereits auf dem Schulweg in ihr. Würde Elsie heute an der Turnhallenwand sitzen, zusammen mit den Mädchen, die einmal im Monat zur Sportlehrerin gingen und mit ihr flüsterten? War das tatsächlich möglich? Wie konnte das mit Elsie geschehen, wenn es mit ihr selbst noch nicht geschehen war?
    Aber es war tatsächlich geschehen. Das war zu sehen. Elsie eilte Inez einige Schritte voraus, den Rücken plötzlich kerzengerade, und ohne ihre Schwester eines Blickes zu würdigen. Als sie den Schulhof erreicht hatten, lief sie gleich zu Asta, einer widerlichen Person, die bereits breite Hüften und einen wogenden Busen hatte, und flüsterte mit ihr. Asta lächelte ihr falsches kleines Lächeln und legte den Kopf schief, schob dann ihren Arm unter Elsies. Inez trat gegen einen kleinen Stein und wandte ihnen den Rücken zu. Lächerlich! Genau das waren sie. Alberne Vierzehnjährige, die spielten, sie wären richtige Frauen …
    Es dauerte acht Monate, bis sie selbst endlich einen Grund hatte, mit der Sportlehrerin zu flüstern, und zu diesem Zeitpunkt war alles anders geworden. Elsie hatte eine Brust bekommen, einen richtigen Busen, der in Büstenhaltern aus lachsrosa Satin versteckt wurde, während Inez immer noch jeden Morgen nur ein weißes Baumwollhemd überzog. Außerdem waren sie umgezogen. Sie wohnten nicht mehr in einer großen Wohnung in Vasastan in Göteborg, sondern in einer engen kleinen Wohnung in Landskrona. Auf dem Heimweg vom Osterbesuch in Orup, bei dem Inez und Elsie mehrere Stunden frierend im Park hatten stehen müssen, hatte Lydia die Tür zu ihrem Abteil geschlossen und ihnen mit ernster Stimme erklärt, dass es so nicht weitergehe. Es war nicht eine Krone mehr auf dem Bankkonto, das kleine Erbe, das ihre Eltern ihr hinterlassen hatten, war aufgebraucht, und ihr Gehalt als Vertretung in der Mädchenschule reichte nicht aus, um eine große Wohnung in Göteborg mit Haushaltshilfe und allem zu halten. Ganz zu schweigen von den monatlichen festen Kosten und den Schulbüchern, Kleidern, Schuhen, Lebensmitteln und

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