Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eisberg

Titel: Eisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
Vom Netzwerk:
ist.«
    »Bin ich der einzige, der gehen kann?« wechselte Pitt schroff das Thema. Seine gebrochenen Rippen taten mörderisch weh, doch die hoffnungsvollen Blicke, die klägliche Portion Optimismus, die in den Augen der zum Tode verurteilten Menschen aufglomm, zwangen ihn, seinen Qualen keine Beachtung zu schenken.
    »Ein paar können zwar noch gehen«, antwortete Lillie. »Aber mit ihren gebrochenen Armen schaffen sie es nie, die Schlucht hinaufzuklettern.«
    »Dann bin ich also wirklich der einzige?«
    »Ganz richtig.« Lillie lächelte zaghaft. »Vielleicht ist es ein Trost für dich, daß Rondheim in dir einen zäheren Gegner gefunden hat, als seine Computer das vorhergesehen haben.«
    Lillies Worte gaben den letzten Anstoß. Pitt erhob sich unsicher und blickte auf die Gestalten, die in ihren Verrenkungen am Boden herumlagen. »Was hat Rondheim dir alles gebrochen?«
    »Beide Schultern und, glaube ich, das Becken.« Lillie sagte das mit einer Gelassenheit, als beschriebe er die mit Kratern übersäte Oberfläche des Mondes.
    »Wahrscheinlich wärst du jetzt liebend gern wieder in St. Louis und würdest eine Brauerei leiten, nicht wahr?«
    »Eigentlich nicht. Mein guter alter Herr hat nie viel Vertrauen in seinen einzigen Sohn gesetzt. Sollte ich … sollte ich nicht mehr froh und munter sein, wenn du zurückkommst, kannst du ihm ja ausrichten …«
    »Lies ihm selber die Leviten.« Pitt flüchtete sich in einen Witz. »Ich habe Lillie-Bier sowieso nie gemocht.« Er wandte sich ab und kniete sich über Tidi. »Was hat man Ihnen angetan?«
    »Meine Knöchel sind ein bißchen ausgerenkt.« Sie versuchte zu lächeln. »Nichts Ernstes. Ich bin, glaube ich, verhältnismäßig glimpflich davongekommen.«
    »Tut mir leid«, entgegnete Pitt. »Aber Sie würden nicht hier liegen, wenn ich mich nicht so dämlich angestellt hätte.« Er beugte sich über sie, hob sie hoch und legte sie ein, zwei Meter weiter sanft neben Lillie nieder. »Das ist Ihre große Chance, Sie kleiner Goldgräber. Ein echter, lebendiger Millionär. Und für die nächsten paar Stunden muß er Ihnen, ob er will oder nicht, Rede und Antwort stehen. Mr. Jerome P. Lillie, darf ich Ihnen Miss Tidi Royal vorstellen, den Liebling der National Underwater and Marine Agency? Lebt noch lange in Glück und Frieden zusammen!« Er küßte Tidi zart auf die Stirn, stand mühsam wieder auf und wankte hinüber zu dem alten Mann, den er unter dem Namen Sam kennengelernt hatte.
    Er erinnerte sich daran, wie nobel und achtunggebietend dieser im Jagdzimmer aufgetreten war. Er sah auf ihn herab. Sams Beine waren wie zwei knorrige Äste einer Eiche nach außen gebogen, und der Schmerz hatte seinen warmherzigen Blick stumpf werden lassen.
    Pitt zwang sich zu einem hoffnungsfrohen Lächeln. »Lassen Sie nicht den Kopf hängen, Sam.« Er beugte sich hinunter und legte sanft die Hand auf die Schulter des alten Mannes. »Noch vor dem Mittagessen bin ich mit der hübschesten Krankenschwester von ganz Island wieder hier.«
    Sam probierte die Andeutung eines Grinsens. »Einem Mann meines Alters wäre mit einer Zigarre mehr gedient.«
    »Also gut – dann bringe ich Ihnen eine Zigarre.«
    Pitt drückte Sam die Hand. In dessen blaue Augen kam plötzlich Leben. Der alte Mann richtete sich auf und erwiderte den Händedruck mit einer Kraft, die Pitt nicht für möglich gehalten hätte. Sams müdes, schmerzverzerrtes Gesicht nahm einen harten, entschlossenen Ausdruck an.
    »Man muß ihn aufhalten, Major Pitt«, sagte er leise, aber eindringlich. »James darf diese entsetzliche Geschichte nicht zu Ende bringen. Seine Absichten sind verrückt. Und das Schlimmste sind die Leute, die er um sich geschart hat. Sie handeln nur aus Geld- und Machtgier.«
    Pitt nickte wortlos.
    »Ich verzeihe James, was er getan hat.« Sam schien fast ein Selbstgespräch zu führen. »Sagen Sie ihm, sein Bruder vergäbe ihm …«
    »Mein Gott!« Ungläubiges Staunen spiegelte sich auf Pitts Gesicht. »Sie sind Brüder?«
    »James ist mein jüngerer Bruder. Ich hielt mich während all der Jahre im Hintergrund und kümmerte mich um die Finanzen unseres weitverzweigten multinationalen Unternehmens.
    James dagegen, ein dynamischer Mann, stand im Mittelpunkt des Interesses. Bis jetzt waren wir ein recht erfolgreiches Gespann.« Sam Kelly verabschiedete Pitt mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken. »Möge Gott Ihnen beistehen.« Dann glitt ein leises Lächeln über sein Gesicht. »Vergessen Sie meine Zigarre

Weitere Kostenlose Bücher