Eisberg
Geschichte war sehr fahrlässig von Ihnen eingefädelt, lieber Oskar. Oder war der ehemalige Kapitän Ihres Bootes, das ja nun leider hinüber ist, nicht tüchtig genug? Sie hätten seinen Gesichtsausdruck sehen sollen, als mein Molotow-Cocktail ihn traf.«
»Du verdammter Homo!« schrie Rondheim zornbebend. »Du Lügenmaul!«
»Auge um Auge, Zahn um Zahn, lieber Oskar«, erwiderte Pitt unbekümmert. »Glauben Sie, was Sie mögen. Eines jedenfalls ist sicher: Sie werden Ihr Tragflächenboot und seine Mannschaft nicht mehr wiedersehen.«
»Merken Sie nicht, worauf er hinauswill?« Rondheim trat einen Schritt auf Kelly zu. »Er versucht, uns gegeneinander aufzuhetzen.«
»Schweig!« Kellys Stimme klang eisig, seine Augen blitzten ungeduldig. »Bitte fahren Sie fort, Major.«
»Ich danke Ihnen.« Pitt kippte seinen Cognac hinunter und goß sich einen neuen ein. Jetzt ist schon alles egal, dachte er. Dadurch werden wenigstens die Schmerzen erträglicher, die mir bevorstehen. »Der arme Oskar hat nicht nur diesen Anschlag verpfuscht«, fuhr er fort. »Ich muß nicht alle traurigen Einzelheiten schildern, nur eins wird Sie interessieren: In dieser Minute unterhalten sich seine beiden Amateur-Killer wie zwei Klatschweiber mit den Agenten der National Intelligence Agency.«
»Verdammt!« Kelly wirbelte zu Rondheim herum. »Ist das wahr?«
»Meine Leute singen nie.« Rondheim fixierte Pitt. »Jedem von ihnen ist klar, was mit seinen Angehörigen passiert, wenn er es tut. Und nebenbei: Es weiß auch keiner etwas.«
»Hoffen wir, daß Sie recht haben«, meinte Kelly drohend. Er kam auf Pitt zu und sah ihn mit einem seltsam ausdruckslosen Blick an, einem Blick, der beunruhigender wirkte als jede offene Feindseligkeit. »Sie haben Ihr Spiel lange genug gespielt, Major.«
»Zu schade. Ich bin gerade erst richtig warm geworden und wollte soeben zum interessanteren Teil übergehen.«
»Das ist nicht nötig.«
»Es war auch nicht nötig, Dr. Hunnewell umzubringen«, erklärte Pitt. Seine Stimme war ganz ruhig. »Ein wirklich fundamentaler Fehler, der Ihnen nicht hätte unterlaufen dürfen. Schließlich war Hunnewell eine der Schlüsselfiguren von Eremit Ltd.«
16. Kapitel
Die Worte standen im Raum. Eine Atmosphäre ungläubigen Schreckens breitete sich aus. Pitt saß lässig in seinem Sessel, die Zigarette in der einen, das Cognacglas in der anderen Hand, die Verkörperung des gelangweilten Freizeitmenschen. Rondheim und die anderen Mitglieder der Eremit Ltd. dagegen wirkten völlig verstört. Kelly riß die Augen auf, und der Atem schien ihm zu stocken. Nur langsam gewann er die Kontrolle über sich zurück. Endlich stand er wieder ruhig und schweigend da, ganz der nüchterne Geschäftsmann, der erst redet, wenn er die richtigen Worte gefunden hat.
»In Ihrem Computer muß eine Sicherung durchgebrannt sein«, fuhr Pitt fort. »Admiral Sandecker und ich haben Hunnewell von Anfang an durchschaut.« Er redete drauflos; er wußte, daß weder Rondheim noch Kelly das Gegenteil beweisen konnten. »Aber es wird Sie nicht interessieren, wie und warum.«
»Sie irren sich, Major«, fiel ihm Kelly ins Wort. »Es würde uns sehr interessieren.«
Pitt holte tief Atem und wagte den Sprung ins kalte Wasser. »Den ersten wirklichen Hinweis erhielten wir, als Dr. Len Matajic gerettet wurde …«
»Nein! Das kann nicht sein«, entfuhr es Rondheim.
Pitt dankte Sandecker im stillen für seinen Einfall, die Geister von Matajic und O'Riley wieder zum Leben zu erwecken. Das kam ihm jetzt zugute. »Nehmen Sie das Telephon und bitten Sie die Vermittlung um ein Überseegespräch nach Washington, Walter Reed General Hospital, Zimmer 409. Am besten verlangen Sie eine Direktverbindung; da kommen Sie schneller durch.«
»Das ist nicht nötig«, warf Kelly ein. »Ich glaube Ihnen.«
»Das liegt bei Ihnen«, antwortete Pitt gelassen. Er mußte sich alle Mühe geben, nicht laut über seinen geglückten Bluff aufzulachen. »Ich muß ergänzend sagen, daß Dr. Matajic die
Lax
und ihre Besatzung in allen Einzelheiten beschrieben hat. Die Änderungen an den Aufbauten hatten ihn keine Minute lang täuschen können. Aber das wissen Sie natürlich. Ihre Leute haben seine Nachricht an Admiral Sandecker mitgehört.«
»Und weiter?«
»Das ist doch ganz einfach. Wir brauchten bloß zwei und zwei zu addieren. An Hand von Matajics Beschreibung ließ sich die Route der
Lax
ganz gut verfolgen, von ihrem Verschwinden mit Kristjan Fyrie an Bord bis zu dem
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