Eisblume
Brander nicht gelang, auf der Stelle eine Antipathie für den neuen Staatsanwalt zu entwickeln.
»Kriminalhauptkommissarin Persephone Pachatourides«, hörte er Peppis Stimme hinter sich.
Der Staatsanwalt wandte sich Branders Kollegin zu, und Brander meinte, ein Leuchten in seinen Augen zu sehen, als er ihre Hand nahm.
»Enchanté!«, sagte Schmid, ohne den Blick vom Gesicht der schwarzhaarigen Kollegin zu nehmen.
Peppi quittierte es mit einem freundlichen »Ganz meinerseits«, entzog dem Staatsanwalt ihre Hand und ging zu ihrem angestammten Platz.
Hendrik Marquardt fing Branders Blick ein und grinste hintergründig, was dieser mit einem Stirnrunzeln beantwortete. Er begab sich an das Kopfende des Konferenztisches.
»Nael Vockerodt, gebürtig aus Kapstadt, Südafrika, zweiundzwanzig Jahre, seit Anfang Oktober in Tübingen. Medizinstudent. Lebte mit seiner Freundin Jasmin Risch, dreiundzwanzig Jahre, gemeinsam in der Gösstraße. Vorstrafen sind nicht bekannt«, fasste Jens Schöne zusammen, der weiterhin mit seiner schweren Erkältung kämpfte. Er hatte einen dicken Schal um den Hals gebunden, war blasser, als er ohnehin immer war, und hustete nach jedem dritten Wort.
»Andi, schick diese Virenschleuder nach Hause!«, beschwerte sich Hendrik und erhielt zustimmendes Kopfnicken von den Kollegen.
»Ist nur ein Schnupf…« Der Rest ging in einem Hustenanfall unter.
»Jens, es ist vielleicht wirklich besser, wenn du nach der Sitzung erst einmal nach Hause gehst und dich auskurierst«, schlug Brander vor. Er wollte ungern auf Jens verzichten, aber der Kollege sah hundeelend aus. Widerwillig nickte dieser.
»Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir nicht viel«, wandte Brander sich wieder dem gesamten Team zu. »Wir wissen nicht, was passiert ist, und uns fehlen noch die Auswertungen des Erkennungsdienstes.«
Als hätte er auf sein Stichwort gewartet, öffnete Manfred Tropper die Tür. »Sorry, ich dachte, die Sitzung wäre um neun«, erklärte Tropper seine Verspätung.
»Demnach wärst du zu früh«, entgegnete Brander nach einem Blick auf die Uhr. Tropper lächelte gequält und setzte sich. Er war zwar nachts nicht am Tatort gewesen, sah aber dennoch aus, als hätte er nicht viel geschlafen.
»Dann mal raus mit der Sprache«, forderte Brander den Bericht des Kollegen.
»Tja, da gibt es nicht viel zu sagen. Die Auswertung der Spuren läuft. Macht euch aber bitte nicht zu viel Hoffnung. Die Obduktion ist auf heute Nachmittag um halb vier angesetzt.«
Brander verdrehte die Augen. Halb vier. Das bedeutete, dass er frühestens am Abend erste Ergebnisse haben würde. »Gibt es irgendetwas, was du uns auch ohne Obduktion verraten kannst?«
»Er hatte leichte Blessuren im Gesicht und eine schwere Kopfverletzung. Vockerodt war einen Meter achtundsiebzig groß und schlank.« Tropper zeigte seine leeren Handflächen. »Das war’s.«
So viel hatten sie auch schon vorher gewusst.
»Gibt es definitive Hinweise auf ein Kapitalverbrechen oder könnte es sich auch um einen Unfall handeln?«, meldete sich Schmid zu Wort.
Tropper sah erst zu ihm und dann zu Brander.
»Unser neuer Staatsanwalt, Marco Schmid«, erklärte dieser.
»Das kann ich im Moment leider nicht genau sagen. Ich selbst war heute Nacht nicht vor Ort, und meine Kollegen wurden erst hinzugerufen, nachdem das Opfer bereits abtransportiert und kurz darauf verstorben war. Wie gesagt, die Auswertung der Spuren läuft, und wir müssen sehen, was die Obduktion bringt.«
»Eine Zeugin sagt, sie hätte laute Stimmen gehört. Es hätte sich wie ein Streitgespräch zwischen zwei oder drei Männern angehört. Kurz darauf hat sie den Mann auf der Straße liegen sehen«, ergänzte Brander Troppers Antwort. »Wir konnten leider noch nicht rekonstruieren, woher das Opfer kam und wohin es wollte. Seine Lebensgefährtin war in der Nacht nicht vernehmungsfähig.«
Schmid machte sich Notizen in einem kleinen Block. »Wurde die Südafrikanische Botschaft informiert?«
»Das haben wir bereits in die Wege geleitet, sowohl Botschaft als auch das Auswärtige Amt«, kam Peppi Brander zuvor.
»Wir werden heute noch einmal versuchen, mit der Freundin des Opfers zu sprechen«, begann Brander, die Aufgaben festzulegen. »Karl-Heinz, bitte koordiniere die weiteren Befragungen in der Umgebung des Tatorts mit den Kollegen der Bereitschaftspolizei«, wandte er sich an den Kollegen Barowsky. »Hendrik, nimm dir ein paar Leute und fahr zur Uni. Versuch, mehr über Vockerodt
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