Eisblume
wären mit ihr befreundet.«
»Vierzehn, wa? Ich bin doch kein Kinderficker.« Anscheinend konnte sich Radeke nur eine sexuelle Beziehung zum weiblichen Geschlecht vorstellen.
»Sie sagen also, Sie kennen Nathalie Böhme nicht?« Hendrik wollte sichergehen, dass sein Gegenüber ihn verstand.
»Sach ich doch.«
Hendrik nahm das Foto des Mädchens aus seiner Mappe und zeigte es Patrick Radeke.
»Kennen Sie dieses Mädchen?«
Radeke sah auf das Bild und kniff dabei die Augen zusammen, als wäre er kurzsichtig. Brander meinte, das Erkennen in Radekes Gesicht lesen zu können.
»Die Eisblume«, sagte dieser schließlich und grinste. »Klar kenn ich die, wa. Kleines Flittchen. Die is eiskalt, wa. Ficken ja, aber küssen is nich.«
Branders Adrenalinspiegel schnellte in die Höhe, und auch Hendrik schien es nicht besser zu gehen.
»Das ist Nathalie Böhme«, presste der Kollege wütend hervor.
Radeke sah auf das Bild, dann auf den mühsam beherrschten Kommissar. Das Kopfnicken hatte aufgehört. Die Pupillen weiteten sich zu großen schwarzen Löchern. Anscheinend war er klar genug, um die Zusammenhänge zwischen dem, was er gesagt hatte, und der Tatsache, dass es sich um ein vierzehnjähriges Mädchen handelte, zu verstehen.
»Scheiße … Scheiße …« Er bewegte den Kopf ungelenk hin und her, als hätte sich seine Nackenmuskulatur unnatürlich verkrampft, griff mit zitternden Fingern nach der Tasse, verschüttete einen Schluck Kaffee auf sein Sweatshirt. »Ey … hab ich nich gewusst, wa. Die … die erzählt allen, die is achtzehn, wa. Ey, ich hab nich mit der … echt nich … ich … Scheiße, Scheiße, Scheiße!«
Hendrik legte das Bild auf den Tisch.
»Ey, Scheiße, ‘n Kumpel hat das erzählt, wa. Dreißig Euro, aber nur ficken. Ich … echt … ich … Mann, so was mach ich nich, wa!«
»Seien Sie still.« Hendrik brauchte einen Moment, um sich zu sammeln.
Sie saßen eine Weile schweigend um den Tisch herum.
»Sie kennen also Nathalie Böhme?«, übernahm Brander das Gespräch.
»Scheint so, wa.« Der erste Schreck der Erkenntnis war verflogen.
»Wann haben Sie das Mädchen das letzte Mal gesehen?«
»Keine Ahnung. Die hing ab und zu bei uns rum, wa.«
»Bei uns? Wo ist bei uns?«
»Am See, am Treff, was weiß ich, wo man halt so abhängt, wa.«
Dieses ewige »Wa« begann Brander auf den Nerv zu gehen. »Uns wurde gesagt, dass Sie mit ihr befreundet waren und Nathalie hin und wieder bei Ihnen übernachtet hat.«
Radeke kaute nervös auf einem nicht vorhandenen Kaugummi, auch die Finger bewegten sich unruhig.
»Können Sie das bestätigen?«, hakte Brander nach.
»Kann schon sein, wa.«
»Was heißt ›Kann schon sein, wa‹? Sie werden ja wohl wissen, wer bei Ihnen übernachtet, oder nicht?«
»Ja, die hat ‘n paarmal bei mir gepennt«, gab Radeke widerwillig zu. »Aber ich hab echt nich …«
»Ersparen Sie uns Ihre Lügen.«
»Ey, nur weil ich ein verfickter Junkie bin, treib ich’s nich mit Kindern, wa?«
»Sie wussten doch gar nicht, dass sie erst vierzehn ist«, erinnerte Hendrik ihn.
»Mann, ehrlich, die Kleine, die tat mir leid. Hat immer einen auf hart gemacht, aber war se nich, wa. Die hat ‘n paarmal bei mir gepennt, wenn se Stress mit ihren Alten hatte, wa.«
Noch ein einziges »Wa«, und Brander würde diesem Kerl an die Gurgel gehen. »Also wussten Sie doch, dass sie noch minderjährig ist?«
Radeke antwortete nicht. So blieb Brander zumindest das unumgängliche Satzende erspart.
»Wo waren Sie Dienstagnacht?«
»Was?« Radeke richtete sich ein Stück weit auf, zog die Nase kraus und die Oberlippe hoch, als hätte Brander ihn nach dem Satz des Pythagoras gefragt. »Was soll das ‘n jetzt?«
Wa, ergänzte Brander in Gedanken. »Verraten Sie uns einfach, wo Sie waren.«
Wieder nervöse Kaubewegungen und Spiel mit den Fingern. »Muss ich nich sagen, wa. Bin zu keiner Aussage verpflichtet. Das is hier freiwillig, wa. Ich kenn meine Rechte.«
»Hat Nathalie Böhme in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch bei Ihnen übernachtet?«
Radeke verschränkte die Arme vor der Brust und beschloss zu schweigen.
»Nathalie ging es schlecht am Dienstagabend. Sie war sehr aufgewühlt.«
»Is das mein Problem?«
»Sie wollte zu Ihnen. Und seitdem ist sie verschwunden.«
»Die war nich bei mir, wa.«
»Sind Sie sicher? Denken Sie noch mal nach. Dienstag, das ist sechs Tage her …«
»Ich bin nich doof, wa. Ich weiß, wann Dienstag war. Aber die war nich bei mir! Ey, ich
Weitere Kostenlose Bücher