Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisblume

Eisblume

Titel: Eisblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Baecker
Vom Netzwerk:
aufzutreiben. Und gerade eben vor zwei Minuten – ich hatte mit Mühe und gefühlten tausend Telefonaten die Handynummer von Dollhofer herausgefunden – krieg ich den jungen Mann endlich an die Strippe, und was denkst du wohl? Der ist mit seiner Freundin Skifahren! Spontan mal ein Wochenende nach Österreich. Sie kommen heute Nacht zurück. Student müsste man sein.«
    »Aber Peppi, das ist doch toll. Also, nicht das Skifahren, doch, das auch, aber du hast doch sicherlich einen Termin für morgen mit ihm vereinbart?«
    »Dürfen beide morgen um halb neun hier antanzen.«
    »Na also. Was regst du dich auf? Stell dir mal vor, die beiden wären drei Wochen zum Wandern in die Rocky Mountains geflogen.«
    »Und du hast doch Hirschkuh zu mir gesagt.«
    »Aber ich hab’s nicht böse gemeint.«

Dienstag
    Cecilia hatte sich den Dienstag komplett freigenommen, und Brander versprach, mittags um ein Uhr in Entringen zu sein, damit sie gemeinsam mit der Bahn nach Stuttgart fahren konnten. Er würde in der Soko-Sitzung kurz die weitere Vorgehensweise besprechen, die Gespräche mit Dollhofer und Dupont führen, die Protokolle vom Vortag sichten, um dann nach Hause zu fahren und den Nachmittag mit seiner Frau zu genießen. Das war sein Plan, als er sich auf den Weg zur Arbeit machte. Er hatte eine Ahnung, dass dieser Plan an irgendeiner Stelle nicht aufgehen würde, und hoffte, dass allein dieser Gedanke alles Unheil vertreiben würde. Schließlich wurden die meisten Feste, zu denen zu gehen man keine Lust hatte, oft die besten. Und warum sollte nicht einmal alles nach Plan laufen, wenn man schon im Vorfeld damit rechnete, dass etwas schiefgehen würde?
    Die Soko-Sitzung verlief schnell und ohne neue Erkenntnisse. Brander informierte die Kollegen über die bevorstehenden Gespräche mit dem Studentenpärchen, und es blieben ihm sogar noch zwischen Sitzung und dem Termin mit Dollhofer und Dupont zehn Minuten, um in Ruhe einen Kaffee zu trinken.
    Das Pärchen erschien pünktlich. Sie könnten einem Werbeprospekt für Winterurlaub entsprungen sein, dachte Brander, als er sie am Empfang begrüßte. Beide waren groß gewachsen, schlank, sportlich, gesunde Bräune im Gesicht. Sie trugen Jeans, dazu farbige Skijacken. Während er knöchelhohe Boots an den Füßen hatte, trug sie modisch hohe Stiefel mit Plüschfell. Die langen dunkelblonden Haare lagen glatt auf ihren Schultern, und ihr Mund erinnerte an die Lippen von Angelina Jolie.
    Brander bat Dollhofer, zu warten, weil sie zuerst mit seiner Freundin sprechen wollten. Er führte die junge Frau hinauf in sein Büro.
    »Ma…« Brander räusperte sich schnell. Um ein Haar hätte er »Mademoiselle« gesagt. »Frau Dupont, Sie wissen, warum wir Sie gebeten haben, zu kommen?«
    Peppi, die Branders Fauxpas bemerkt hatte, grinste verstohlen.
    »Nun ja, Mike hat uns angerufen. Er ist ein bisschen durch den Wind im Moment. Es geht um die Ermordung vom Freund seiner Exfreundin, oder?«
    Sie sprach trotz ihres französischen Namens akzentfreies Deutsch. Vielleicht stammte der Name von französischen Vorfahren. Bis Anfang der neunziger Jahre hatte es französische Truppen in Tübingen gegeben, die ihre Quartiere im Loretto-Areal und dem nach den französischen Besatzern benannten Französischen Viertel gehabt hatten.
    »Ja«, bestätigte Brander. »Wie gut kannten Sie Nael Vockerodt?«
    »Nicht besonders gut. Wir studierten zwar beide Medizin, aber ich bin schon ein paar Semester weiter als er. Er hatte ja gerade erst angefangen. Ich habe bei der Einführungswoche für die Erstsemester mitgearbeitet, und dabei habe ich ihn kennengelernt. Wenn wir uns danach mal zufällig in der Uni oder Mensa oder irgendwo begegnet sind, haben wir natürlich auch kurz miteinander gesprochen. Aber wir haben uns nie privat, also allein, getroffen, wenn Sie das meinen.«
    »Hat er mal mit Ihnen geflirtet?«
    »Oh, da war er nicht der Einzige. Ich bin ja nicht ganz hässlich.« Sie sagte es mit einem so bescheidenen Lächeln, dass es nicht einmal arrogant klang. »Natürlich hat er mich mal angelächelt und mir auch mal gesagt, dass mein blondes Haar wie die aufgehende Sonne über der Steppe Afrikas wäre und so was. Er hat gern so ein bisschen rumgeflirtet. Aber er war nicht aufdringlich, und ich glaube auch nicht, dass er das als Anmache gemeint hat. Ich habe es jedenfalls nicht so aufgefasst.«
    »Und ihr Freund? Hat er das genauso gesehen?«
    »Ich denke schon. Es gab jedenfalls nie Grund zur Diskussion.

Weitere Kostenlose Bücher