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Eisblume

Eisblume

Titel: Eisblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Baecker
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Holzfiguren gewesen, vermutete Brander. Lüdke weinte.
    »Herr Lüdke, was machen Sie hier?«
    Statt einer Antwort, stammelte Lüdke: »Sie kommt nicht mehr zurück.«
    »Wie sind Sie in diese Wohnung gekommen?«
    Nur mühsam konnte sich Lüdke auf den Kommissar konzentrieren. Er hob den Kopf. Rote, geschwollene Augen sahen Brander an. »Ich hatte einen Schlüssel.«
    »Aber das gibt Ihnen nicht das Recht, einfach in die Wohnung zu gehen.«
    »Ich liebe Jasmin. Wissen Sie, wie das ist, wenn man einen Menschen richtig liebt?«
    »Ja, das weiß ich«, entgegnete Brander. »Aber Frau Risch hat sich von Ihnen getrennt.«
    Lüdke starrte an ihm vorbei ins Leere.
    »Herr Lüdke, ich möchte, dass Sie jetzt aufstehen. Wir nehmen Sie mit zur Polizeidirektion.«
    »Aber warum?«
    »Sie sind in diese Wohnung eingedrungen. Ich glaube nicht, dass Sie Frau Risch um Erlaubnis gebeten haben. Oder haben Sie?«
    »Nein. Nein, das habe ich nicht.« Lüdke schien langsam wieder etwas klarer zu werden. »Ich … ich wollte ihr doch einfach nur noch einmal nahe sein. Sie ist so weit weg. So weit …«
    »Kommen Sie.« Brander forderte Lüdke mit einer Handbewegung auf, aufzustehen.
    Lüdke saß apathisch vor Branders Schreibtisch, als habe das Leben seinen Sinn verloren. Wahrscheinlich war es für ihn auch gerade so.
    »Herr Lüdke, was wollten Sie in Frau Rischs Wohnung?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ich werde jetzt Frau Risch anrufen und sie darüber informieren.«
    Lüdke nahm es ausdruckslos zur Kenntnis. Was war aus dem dynamischen Sportstudenten geworden, der vor kaum einer Woche hier vor ihm gesessen hatte?
    Jasmins Mutter meldete sich. Brander erklärte den Sachverhalt, dann reichte er den Hörer an Lüdke weiter. »Jasmins Mutter möchte mit Ihnen sprechen.«
    Das Gespräch dauerte wenige Minuten, während der Lüdke nur mit kurzen »Ja« und »Nein« antwortete. Am Ende entschuldigte er sich und gab Brander den Hörer zurück.
    »Ich soll Ihnen den Schlüssel geben. Entweder Sie schicken ihn ihr zu oder Laura Gille, das ist Jasmins Nachbarin, holt ihn hier ab.« Er kramte in seiner Jackentasche, löste einen Schlüssel vom Bund.
    Brander legte ihn zur Seite, stützte sich mit verschränkten Armen auf seinen Schreibtisch. »Frau Risch will keine Anzeige erstatten. Aber ich möchte mit Ihnen noch einmal über Ihre Beziehung zu Jasmin Risch sprechen und über den Abend am Dienstag vor einer Woche.«
    Fast eine Stunde lang dauerte die Vernehmung. Am Ende stand Brander genauso da wie zuvor. Lüdke war bei seinem Freund in Reutlingen gewesen und danach direkt nach Hause gefahren. Er hätte Nael Vockerodt niemals ein Haar gekrümmt, weil er wusste, dass er Jasmin damit vollends verlieren würde. Er hatte gehofft, dass Jasmin eines – möglichst nahen – Tages wieder zu ihm zurückkäme, wenn sie erst einmal gemerkt hätte, dass die Geschichte mit Nael nur ein Sommerflirt in Afrika gewesen war.
    »Herr Lüdke, Sie sollten sich vielleicht Hilfe suchen«, empfahl Brander dem Studenten am Ende.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Es gibt doch eine psychologische Beratungsstelle an der Uni. Vielleicht sollten Sie da mal mit jemandem reden. Es ist ja nicht zu übersehen, wie schlecht es Ihnen geht.« Es war ein gut gemeinter Rat. Manchmal brauchte man einfach Hilfe, um wieder Boden unter den Füßen zu bekommen.
    »Ich war es nicht. Bitte glauben Sie mir.«
    »Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.« Hoffe ich für Sie, ergänzte Brander im Stillen. Er reichte dem jungen Mann zum Abschied die Hand. »Soll Sie jemand abholen?«
    »Nein, ich gehe zu Fuß.« Er sah zum Fenster. »Der Regen wird mir guttun.«
    Brander begleitete Lüdke zum Eingang der Polizeidirektion. Als er zurückkehrte, hatte ein gemeiner Kobold einen Stapel Berichte auf seinen Schreibtisch gelegt. Ganz oben lag eine kurze Notiz.
    »Johannes Härtel, PD Stuttgart anrufen.« Mit Härtel hatte Brander lange Jahre bei der Kripo in Stuttgart zusammengearbeitet. Ihn überkam ein wenig das schlechte Gewissen, weil er sich schon so lange nicht mehr bei seinen ehemaligen Kollegen gemeldet hatte.
    Brander wählte die angegebene Telefonnummer.
    »Hallo, Hannes, ich bin’s, Andi«, meldete sich Brander. »Du hattest angerufen?«
    »Ja, lange nichts mehr von dir gehört. Geht’s gut?«
    »Kann nicht klagen. Uns geht die Arbeit leider nicht aus.«
    »Wem sagst du das! Du, ich hab leider nicht viel Zeit, muss gleich in eine Besprechung. Ich wollte dich informieren, dass heute Nacht ein

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