Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
Eindruck, dass Dr. Renz nur Judith bei der Einladung ansah.
Von den Männern der Freiwilligen Feuerwehr gab es noch keine Meldungen. Das sah nicht gut aus. Hoffentlich war Dany nichts passiert. Bald wurde es Mittag und Walter Dreyer wusste, wie gefährlich die Kälte für ein kleines Kind war. Langsam beschlich ihn Furcht. Würden sie den Teich absuchen müssen?
Thomas Ritter verstaute gerade das Fahrrad in einem der Autos.
»Habt wenigstens ihr was gefunden?«, fragte Walter, um sich zu beruhigen.
»Fußspuren sind heute Morgen gut zu sehen. Reifenspuren gibt es mehrere, die hier sind vom Fahrrad der Kinder. Dann haben wir das Übliche aufgesammelt, Wasserproben genommen und so weiter. Den Fundort des Jungen haben wir komplett gesichert. Da finden wir schon was, lass uns mal machen! Ich melde mich bei dir.«
Und auch er und seine Leute verließen das Dorf.
Walter, Judith und Leon standen nun wieder allein am Teich. »Kanntest du ihn, Leon?«, wollte Walter wissen.
Der schüttelte den Kopf. »Nie gesehen.«
»Wir müssen also schnellstens seine Identität klären, sonst kommen wir nicht weiter. Ob es eine Vermisstenmeldung gibt, die passt? Gehen wir in Ihr Büro?«, schlug Judith Brunner ihrem Kollegen vor.
Walter Dreyer sah sich um, jeden Augenblick auf das Finden des kleinen Mädchens hoffend. »Leon, geh ruhig wieder ins Haus, du könntest dich verkühlen. Vielleicht sitzen die anderen noch beim Kaffee«, schickte er den jungen Mann taktvoll fort.
»Warum finden wir sie nicht?« Angst sprach aus Walters Worten.
Judith sagte leise: »Dem Mädchen muss nichts passiert sein. Möglicherweise wurde es gar nicht bemerkt?«
»Oh doch! Jemand hat offenbar gesehen, wie der Junge unterging. Er musste direkt in der Nähe gewesen sein, sonst hätte er den Kleinen nicht so schnell rausfischen können.«
»Ob Dany ihm geholfen hat?«
»Das wäre ...«
Und endlich kamen die erhofften Rufe: »Hierher! Wir haben sie!«
Judith und Walter stürzten los. »Was ist? Lebt sie?«
»Ich weiß nicht. Sie ist ganz kalt.«
Walter war bange, als er sich auf den Boden kniete. Er hob das kleine Mädchen hoch, befühlte seine Wangen und den Kopf unter der Mütze.
Judith hielt ihm einen kleinen Taschenspiegel hin.
Erlöst sahen sie, wie er beschlug.
»Gott sei Dank! Ab ins Gutshaus! Vielleicht ist der Arzt noch da.«
Walter rannte mit dem Kind auf dem Arm los.
~ 11 ~
Jetzt, am frühen Nachmittag, gönnten sich Walter Dreyer und Judith Brunner eine kleine Pause. Das Mädchen hatte mit Unterkühlungen ins Krankenhaus gebracht werden müssen, würde aber bald wieder zu Hause sein. Morgen könnten sie vielleicht schon mit Dany reden.
Walter hatte sich mit Judith nebenan in Lauras Küche einrichten müssen, denn seine war ja zur Fleischerei umgewidmet worden. Inzwischen waren alle am Schlachten Beteiligten gut eingespielt und hatten seine angebotene kurze Mithilfe einhellig abgelehnt. Mit der Leberwurst waren sie bereits fertig, nun wollten sie die Blutwurst abbinden. Er würde nur alles durcheinanderbringen.
Walter war mit Judith allein und ungestört. Er konnte sein Glück nicht fassen, sie wiederzusehen. Im letzten Oktober hatten sie sich innerhalb einer Woche schätzen gelernt. Eine Woche nur. Doch er hatte das Gefühl gehabt, es sei etwas mehr dabei entstanden. Allerdings ließ Judith ihm lediglich über Laura einen Neujahrsgruß ausrichten und meldete sich nicht wieder. Nun war sie hier. Warum?
Als sie sich mit Kaffee und einem kalten Imbiss gestärkt hatten, wollte er es endlich wissen: »Werden Sie mir nun sagen, warum Sie heute hergekommen sind, Judith?«
Sie sah ihn unerwartet ernst an und hatte einen Blick in ihren dunklen, braunen Augen, der ihn zugleich bangen und hoffen ließ. »Ich wollte mit Ihnen reden, unbedingt dieses Wochenende.«
»Ja, na los!« Was hatte sie nur?
»Als wir mit Laura hier zusammensaßen … «, begann Judith endlich und hörte gleich wieder auf.
Walter wusste sofort, was sie meinte. Er erinnerte sich eigentlich gern an diesen Abend, obwohl es ihr letzter gewesen war. Sie hatten Rotwein getrunken und ihren Erfolg genossen. Zum Abschied hatten sie sich umarmt, und er wusste noch ganz genau, wie zart und warm sich Judith anfühlte. Er hatte ihr einen Kuss ins Haar gegeben. Na ja, das war’s eben gewesen.
Judith seufzte innerlich und fasste sich ein Herz. »Bis heute bin ich traurig, dass ich mich nicht wieder gemeldet habe, das heißt, ich vermisse ...«
Walter
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