Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
vergewisserte sich, mit einem unauffälligen Blick auf die Flasche, ob die Neige dafür reichen würde. Dann machte er sich schleunigst vom eigenen Hof.
Am Spritzenhaus warteten schon die Männer und Walter Dreyer begann: »Wir suchen Dany, das kleine Mädchen von Elvira Bauer. Wisst ihr alle, wie sie aussieht? Ausgezeichnet! Sie war mit ihrem Bruder heute Morgen auf dem Teich. Fritzi war ins Eis eingebrochen, mittlerweile geht es ihm aber wieder gut. Seine Mutter bringt ihn gerade nach Hause. Nun machen wir uns wegen des Mädchens Sorgen. Vielleicht hat es nur einen Schreck bekommen und ist weggelaufen. Vielleicht ist Dany aber auch was passiert, also seid besonders wachsam! Wir fangen am Teich an und arbeiten uns von dort in den ganzen Park vor. Wenn wir das Kind nicht bald finden, müssen wir Spürhunde anfordern.«
Unterdessen war auch Dr. Friedrich Renz, der in Gardelegen arbeitende Rechtsmediziner, eingetroffen, den Judith Brunner vom Gutshaus aus angerufen hatte. Er hockte vor der auf dem Rücken liegenden Leiche und betrachtete intensiv ihren Kopf. Der Tote hatte für diese Jahreszeit viel zu wenig an; ein dünnes, offenes Oberhemd gab den Blick auf seinen nackten, zerschnittenen Rumpf frei und seine Unterschenkel hingen irgendwie seltsam in der nassen Hose.
»Guten Tag«, grüßte Dreyer Dr. Renz freundlich, obwohl ihm seine Anwesenheit nicht unbedingt behagte, wusste er doch, dass Judith Brunner für den Mann einiges übrig hatte.
Renz stand auf. »Danke! Ihnen auch einen guten Tag. Die Anwesenheit von Frau Brunner in unserer Gegend scheint es mit sich zu bringen, dass meine Alltagsroutine zuverlässig unterbrochen wird. Was mich außerordentlich freut, denn einerseits schätze ich Sie sehr, wie Sie wissen«, wandte er sich galant der Gepriesenen zu, »andererseits bieten Sie beide mir interessante Leichen, das muss ich Ihnen lassen.«
»Ja?«
»Er hier zum Beispiel«, er deutete auf den im Reif liegenden Körper, »so etwas hat man selten. Hier wollte jemand sichergehen, dass die Leiche nicht gefunden wird.«
»Wasserleichen tauchen doch in der Regel irgendwann wieder auf. Spätestens, wenn das Eis weggetaut ist, dann ...«, wollte Judith Brunner ausführen.
»Nein, diese hier eben nicht. Sehen Sie die Wunden?« Dr. Renz deutete auf die verschiedenen Stellen am Oberkörper hin. »Wenn eine Leiche im Wasser so versenkt werden soll, dass sie nicht wieder auftaucht, gibt es mehrere Möglichkeiten. Man kann sie beschweren, dann bleibt sie meistens unten. Eine sicherere Methode ist jedoch das Aufschneiden der Brust- oder Bauchhöhle und des Darms, dann steigt der Leichnam nicht mit den entstehenden Gasen auf.«
Walter Dreyer meinte: »Früher soll das ab und zu mit Kadavern gemacht worden sein. Na ja, heute ist es eigentlich streng verboten und kommt nur noch selten vor, aber manchmal entsorgen hier die Leute auf diese Weise totes Vieh in irgendeinem Wasserloch.«
»Ach.« Mehr konnte Dr. Renz nicht sagen.
Walter Dreyer erklärte: »Was meinen Sie, wie aufwendig und teuer die Abdeckerei ist! Transport, Hygiene, Tierarzt. Neugierige Nachbarn. Und unappetitlich noch dazu.«
Judith wollte darauf jetzt nicht näher eingehen und fragte Dr. Renz: »Und diese Wunden dienen dem dauernden Verbergen der Leiche? Nicht dazu, den Mann zu töten?«
»Das weiß ich erst sicher nach der Obduktion, aber ich denke, er starb deswegen – schauen Sie mal hinter sein Ohr«, wies Dr. Renz nüchtern auf die Stelle.
Interessiert sahen Judith und Walter sich die Verletzung an. »Was ist das? Auch ein Schnitt?«
»Eher nicht. Sieht mir mehr nach einem Hieb aus, mit einem sehr scharfkantigen, großen Werkzeug. Kann ich aber auch erst in meinen Räumlichkeiten feststellen. Er lag im Wasser, also sind die Wundränder eventuell ...«
»Seit wann war er im Wasser?«
»Tja, es ist kaltes Wasser, ein stehendes Gewässer, und wenn ich es richtig verstanden habe, war der Teich schon ein paar Tage zugefroren. Nun, er ist recht steif und die Leichenveränderungen hängen wesentlich von der Wassertemperatur ab. In diesem Fall wage ich keine Schätzung. Ich brauche Ritters Messergebnisse. Im Krankenhaus habe ich entsprechende Tabellen, kann nachlesen und vergleichen. Also muss ich Sie um Geduld bitten.« Er winkte zwei an einem schwarzen Auto wartenden Männern zu und bedeutete ihnen, den Leichnam wegzubringen. »Ich fange gleich mit der Arbeit an. Heute Nachmittag sind Sie mir dann herzlich willkommen.«
Walter hatte den
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