Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
konnte. Das würde erklären, warum Jesco Waldner sie so seltsam gemustert hat, als sie im letzten Sommer auf seinem Weingut war. Er hatte sie wiedererkannt.«
»Und wenn er Robert Wolff davon erzählt hat? Dass die Laura, die ihn hatte sitzen lassen, in Waldau zu finden ist? Vielleicht wollte Wolff sie ja tatsächlich noch besuchen?«
Walter glaubte nicht daran. »Ach, sicher hatte der sich längst getröstet. Das klang mir bisher alles nicht danach, als hätte Wolff ein so anhängliches Wesen. Aber vielleicht hast du ja recht und er hat sich’s anders überlegt, wo er doch sowieso schon in der Nähe war?« Irgendetwas irritierte ihn. Was hatte dieser Mann an sich gehabt, dass zwei intelligente, außerordentlich hübsche und selbstständige Frauen sich erst mit ihm einließen und dann jeden Kontakt mit ihm ablehnten, ja ihn sogar fürchteten, und eher erleichtert schienen, als sie von seinem Tod erfuhren?
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Jemand polterte die Treppe hoch und riss die Tür noch im Klopfen auf. »Wir sind wieder da. Und ich denke, wir wissen nun, wo Wolff gefroren wurde.«
»Hallo, Thomas. Hatte ich recht, ja?« Walter konnte sich nicht darüber freuen, dass die Spurensicherung in dem verfallenden Häuserriegel in Waldau fündig geworden war.
»Kann man wohl sagen«, wollte Ritter mit seinem Bericht loslegen, doch Judith Brunner unterbrach ihn: »Wollen wir uns nicht besser zusammensetzen? Ich hole rasch Dr. Grede.« Thomas Ritter nutzte die kurze Pause und fragte Walter: »Wer waren denn die flotten Damen, die mir entgegenkamen?«
»Exfrau und Tochter von Wolff.«
»Na, der hatte es ja drauf! Alle Achtung. Sehr ansehnlich.« Ritter stierte zum Treppenhaus zurück, als sähe er die beiden dort noch schweben.
»Wenn du dich bitte wieder auf unseren Fall konzentrieren könntest. Was genau hast du nun gefunden?« Walter fühlte sich wie auf glühenden Kohlen.
Ritter ließ sich aber nicht erweichen. »Warte mal schön, bis alle da sind. Ein wärmendes Getränk wäre auch nicht schlecht.«
Walter Dreyer musste sich nicht lange gedulden. Dr. Grede kam mit seinem unvermeidlichen Teepott in der Hand. Kaffee stand wie von Zauberhand auf dem Tisch, als Lisa Lenz sich wieder zu ihnen setzte.
Walter fiel auf, dass Judith müde aussah, richtig geschafft. Nun, letzte Nacht hatten sie nicht viel Schlaf bekommen. Er spürte sofort wieder ihre Berührungen. Er setzte sich auf den Stuhl, der am weitesten von ihrem entfernt war. »Na erzähl schon, Thomas.«
Grede war auch gespannt.
»Also: Walter hatte uns das Haus noch kurz gezeigt und ist dann ja los. Als wir rein sind, war es drinnen ziemlich düster, es gibt keinen Strom da, alle Leitungen sind inzwischen geklaut. Aber genau durch das eine Fenster, wo der Fensterladen offen war, fiel etwas Licht präzise dahin, wo unser Mann abgelegt worden war.«
Walter fragte: »Woher willst du das wissen?«
»Man sah es am Staub. Dort hatte etwas Großes gelegen, Abdrücke, verstehst du? Ich habe Fotos gemacht. Dr. Renz kann das sicher bestätigen. Er muss die genauen Maße von Wolff haben. Außerdem, da gehe ich jede Wette ein, fanden wir Körperflüssigkeiten und Gewebeteile.«
»Der Mörder hat ihn dort aufgestochen?« Walter wurde übel, als er an die Familie Bauer dachte.
Ritter bestätigte: »Ich denke, davon können wir ausgehen.«
»Das muss er ja dann am Freitag tagsüber gemacht haben«, meinte Judith Brunner.
Die anderen sahen sie fragend an.
»Na, er brauchte und nutzte das Tageslicht, sonst hätte er sicherlich den Fensterladen nicht aufgemacht. Es war also noch hell. Wenn er die Leiche Freitagabend versenkt hat – darauf hatten wir uns doch geeinigt – muss er es tagsüber getan haben.«
»Oder schon am Donnerstag«, ergänzte Dr. Grede.
Das leuchtete Judith nicht ganz ein. »Möglich ist das schon, aber warum sollte er zwischen dem Zerstechen und dem Versenken einen ganzen Tag vergehen lassen?«
Ritter bemerkte: »Er hat das auf jeden Fall gründlich vorbereitet. Brauchte ein geeignetes Werkzeug und musste sein Opfer ausziehen. Was ja bei einem steifen Toten auch nicht ganz einfach sein dürfte.«
»Und er musste wissen«, gab Walter zu bedenken, »dass die Wohnung direkt nebenan auch leer steht. Er also ungestört ist.«
»Ungestört? Wenn er dort tagsüber im Gange war, hätte jederzeit jemand kommen können. Elvira Bauer wohnt zwei Türen weiter«, widersprach ihm Thomas Ritter.
Dreyer schüttelte den Kopf. »Die Frau ist oft arbeiten, und die
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