Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
Dampmann vorbeizusehen. »Denkbar, dass der heute, gleich anschließend an seine Tour, Feierabend macht; dann ließe er sich gar nicht mehr in Gardelegen blicken und wir warteten hier vergebens auf ihn.«
Dann sah Judith Brunner Lisa Lenz an. »Erkundigen Sie sich bitte rasch bei unserem Streifenwagen vor Ort nach Dampmann, vielleicht ist er längst auf dem Fuhrhof eingetroffen?«
»Oder er hat den Braten gerochen!«
»Wie sollte er? Wir haben ihn am Sonnabend nur routinemäßig befragt, und von meinem Besuch im Postamt heute Vormittag kann er noch nichts mitbekommen haben.«
»Dampmann ist augenblicklich nicht auf dem Hof. Die Kollegen warten immer noch«, wusste Lisa Lenz kurz darauf zu verkünden.
Judith Brunner war beunruhigt. »Seinem Tourenplan nach müsste er vor einer guten Stunde auf dem Fuhrhof angekommen sein.«
Dann wandte sie sich an Walter Dreyer: »Wenn Sie ihn heute nicht in Poppau antreffen, geht Hartmut Dampmann in die Fahndung. Hier sind noch die Fotos von den gefundenen Kindersachen. Fragen Sie bitte Frau Bauer, ob das die ihres Sohnes sind. Ich komme heute Abend bei Ihnen im Büro vorbei, wir überlegen dann gemeinsam, wie wir weitermachen können.«
Nach einem freundlich verabschiedenden Blick verschwand Walter.
Dr. Grede wollte noch von Ritter wissen: »Waren Wolffs Papiere in der Jacke?«
»Nichts dergleichen. Nur ein Taschentuch, Kleingeld und Pfefferminzbonbons. Der Mörder hat wohl bloß die Brieftasche genommen. An der exquisiten warmen Jacke hatte er kein Interesse. An der Hose ja auch nicht, wie wir schon festgestellt haben«, schmunzelte er in Judith Brunners Richtung, »also können wir wohl einen Landstreicher als Täter ausschließen.«
»Warum hat er die Sachen nicht mitgenommen und verbrannt? Das verstehe ich nicht.«
Judith stimmte Lisa zu. »Sie haben recht. Es sind noch allerhand Fragen offen. Vor allem ist besonders ein Problem geblieben: Wir haben kein überzeugendes Motiv. Warum wurde Robert Wolff ermordet?«
~ 41 ~
Walter ärgerte sich während der ganzen Fahrt nach Waldau über sich selbst: Wieso hatte er noch nicht alle Zeugen befragt? Warum war ihm nie aufgefallen, wie schäbig Elvira Bauer mit ihren Kindern wohnen musste? Und warum hatte er das Fahrrad der Kinder wieder vergessen?
Sein Auto roch immer noch schwach nach dem Parfüm, das Gisela Neubauer zur Komplettierung ihrer Verwandlung benutzt hatte. Irgendwie besserte das seine Laune nicht. Er sah auf die Uhr. Fast Abendbrotzeit. Er müsste die Leute also zu Hause antreffen.
Zuerst klingelte er bei der Nachbarin von Gisela Neubauer. »Guten Abend. Ich möchte Ihnen noch einige Fragen stellen.«
»Ich bin sicher die Letzte, warte ja schon paar Tage.«
Walter Dreyer sah entsprechend schuldbewusst drein. Die Frau hatte ja recht.
»Na, kommen Sie ruhig rein. Ist denn die Gisela wieder mitgekommen? Oder muss ich noch in ihren Stall?«
Walter konnte sich die Gisela Neubauer, die ihm heute Nachmittag gegenübergesessen hatte, nicht in einem Stall vorstellen. Er vermutete: »Sie müsste eigentlich wieder zu Hause sein.«
Das überzeugte offenbar nicht genug, denn die Frau meinte: »Na, ich guck dann nachher trotzdem mal nach dem Rechten.«
»Sie haben sich am Sonnabend den Toten genau angesehen?«, begann Walter Dreyer ohne Umschweife.
»Sicher, so oft passiert hier ja nun wirklich nichts Interessantes. Wollte sehn, ob ich die Leiche kenne.«
Ihre unbekümmerte Neugier hatte etwas Erleichterndes. Walter bemerkte: »Sie waren ganz schön früh unterwegs.«
»Na, es war doch Sonnabend!«
»Und was bedeutet das?«
»Na, da helfe ich im Putenstall aus, die Lotte aus Schwiesau kriegt ’n Kind und kann jetzt nich mehr so.«
Diese Erklärung leuchtete Walter ein. Er fragte weiter: »Und Sie waren gerade auf dem Weg wohin, als Sie am Teich vorbeikamen?«
»Nach Hause ging’s, die erste Runde im Stall war doch längst erledigt.«
»Ist Ihnen jemand begegnet?«
Die Frau nickte. »Moltkes und den ollen Stoll habe ich kurz von Weitem gesehen. Ich hau immer ab, wenn die kommen, kann den Stoll nich ab, stinkt mir, der Kerl.«
»Und sonst?«
»Hab keinen gesehn, bis ich am Teich war, da standen ja dann alle rum.«
»Danke. Sagen Sie, bei Ihren Nachbarinnen, den Neubauers, kümmern Sie sich öfter um die Tiere?« Walter Dreyer wollte die Gelegenheit nutzen und sehen, ob sich die Alibis bestätigen ließen.
»Na, nur wenn keine zu Hause ist.«
»Und kommt das oft vor?«
»Ach, ich weiß gar
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