Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
Vom Netzwerk:
ihnen
gehörte, lag auf der Hand, spätestens seit Ganske das zweite, säuberlich
verschnürte Päckchen mit Klamotten neben der verkohlten Leiche im Sack gesehen
hatte. Wie im Offakamp. Aber er wollte sie noch zappeln lassen, und vor allen
Dingen konnte er keinesfalls dulden, dass sich Beyer reinhängte. Bevor der
nicht von hier verschwand, würde Ganske stur auf der Leiche sitzen bleiben wie
eine Henne auf ihrem allerersten Ei.
    Christian kannte Ganskes primitive Funktionsweise sehr gut und bot
deshalb den anderen an, sich zurückzuziehen, damit sie zumindest in
Kommunikation treten konnten. Ihm war es einfach zuwider, eine frische Spur und
das eigentliche Ziel, einen Mörder zu fassen, kleingeistigen, machtpolitischen
Spielchen unterzuordnen. Eberhard jedoch war strikt gegen Christians Rückzug
und meinte, den Grund für diese rigorose Haltung würden alle in weniger als
zehn Minuten erfahren. Nachdem etwa fünf Minuten davon verstrichen waren, kam
Anna mit Thomas auf dem Arm vom Schiff zurück. Sie trug sichtlich schwer an
ihm, doch Thomas klammerte sich derart an sie und grub sein Gesicht so
vertrauensvoll in ihre Halsbeuge, dass kein empfindender Mensch dieses Kind
hätte absetzen mögen.
    Â»Thomas Müllermann. Sein Vater arbeitet beim Spar in der
Osterstraße«, flüsterte Anna Christian zu. Eberhard, selbst Vater eines
quirligen Zehnjährigen, nahm Thomas aus Annas Armen entgegen und begann sofort,
sich mit ihm zu beschäftigen. Karen rief derweil den Vater an.
    Â»Läuft irgendwas schief?«, wandte sich Anna an Christian. »Warum
geht’s nicht weiter?«
    Christian wirkte genervt: »Hier finden Grabenkriege statt –
zugunsten eines Killers. Ich könnte kotzen!«
    Wie aufs Stichwort kam Martin Ganske vom unteren Parkplatz hoch. Er
übersah die Mitglieder der Soko geflissentlich und wollte sich einem Beamten
zuwenden, doch so einfach kam er Volker nicht davon.
    Â»Hey, Hauptkommissar Ganske«, rief Volker laut vernehmlich für die
Presse, die sich inzwischen mit Kameras und Mikrofonen an dem Absperrband
aufgereiht hatte, »werden Sie den Fall übernehmen? Und den Mord aufklären? Sie
ganz persönlich?«
    Mikros und Kameras richteten sich in Erwartung einer medienwirksamen
Antwort sofort auf Ganske. Der setzte trotz seiner unaussprechlichen Wut auf
Volker sein kompetentestes Gesicht auf und sprach in die Kameras: »Wir werden
den Fall eingehend prüfen, um festzustellen, womit wir es hier zu tun haben.
Sie werden sicher verstehen, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht gewillt bin,
haltlose Spekulationen anzustellen. Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass
ich niemals spekuliere. Aber sobald wir etwas herausgefunden haben, werden Sie
die Ersten sein, die es erfahren.« Ganske lächelte jovial. »Nach bisheriger
Sichtung der hier vorliegenden Todesumstände glaube ich allerdings behaupten zu
dürfen, dass Hamburg zwar weiterhin keine gewaltfreie Metropole sein wird, wir
aber auch nicht in Panik geraten müssen. Kein Jack the Ripper treibt hier sein
Unwesen, und die Polizei hat alles im Griff.«
    Â»Dies ist der zweite Leichenfund innerhalb von drei Tagen in
Hamburg. Gibt es einen Zusammenhang zu dem Leichenfund am Offakamp, worauf die
Plastiksäcke ja eindeutig hinweisen?«, rief einer der Reporter und freute sich
sichtlich über seine investigative Art der Fragestellung.
    Â»Wir werden das prüfen«, meinte Pete in die Kameras. Er war
unbemerkt neben Ganske getreten und stahl diesem mit seinem blendenden Aussehen
und seinem sicheren Auftreten sofort die Show. Perplex blickte Ganske zu ihm,
ganz so, als sei Mephisto unversehens in einer schwefelgelben Wolke aus dem
Nichts aufgetaucht und nehme ihm den Bühnenscheinwerfer.
    Â»Sie gehören zur Soko Bund, oder?«, fragte einer der Journalisten.
    Pete nickte: »Das stimmt. Mein Name ist Pete Altmann. Ich komme
gerade von Oberstaatsanwalt Doktor Gernot Waller, der unserem Team diesen Fall
übertragen hat. Außerdem freue ich mich, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass unser
aller geschätzter Kollege, Hauptkommissar Christian Beyer, der Ihnen durch die
Festnahme des Bestatters noch in lebendiger Erinnerung sein dürfte, nach einer
längeren kreativen Pause wieder zu uns gestoßen ist.«
    Pete zwinkerte Ganske kollegial zu und steckte ihm ein Schreiben in
die Hand. Ganske nahm den Umschlag widerstandslos entgegen und zog sich aus

Weitere Kostenlose Bücher