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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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der
Öffentlichkeit zurück.
    Â»Das ist ein widerliches Schmierentheater«, meinte Christian.
    Â»Das ist es«, stimmte Volker zu, »aber wir können endlich an die
Arbeit gehen.« Mit fast beiläufiger Geste hob Volker das Absperrband an und
ließ zuerst Karen und mit einer angedeuteten Verbeugung auch Christian durch.
Eberhard gab Thomas an Anna zurück und bat den Beamten, der von Christian mit
Karl angesprochen worden war, sich um die beiden zu kümmern. Mit ruhigen
Schritten begab sich die Soko nach unten auf den Parkplatz.
    Christian begrüßte die beiden Streifenpolizisten mit Handschlag und
fragte nach den bisher ergriffenen Maßnahmen. Abgesehen von der Absperrung war
noch nicht viel passiert. Ganske hatte einen Blick in den halb geöffneten Sack
geworfen, aber bislang hatte keiner irgendetwas angefasst. Außer dem Jungen
vermutlich, der die Leiche entdeckt hatte. Die Spurensicherung würde jeden
Moment eintreffen. Christian war zufrieden und gab seinen Leuten das Zeichen zu
beginnen. Ganz so, als hätte es Christians Auszeit nie gegeben. Auch Pete
bemerkte, dass er automatisch ins zweite Glied zurückgestuft war, aber es
verursachte keinen Groll bei ihm. Es war klar gewesen, und selbst Pete hielt es
für die natürliche Ordnung. Eberhard und Volker dokumentierten mit Fotos,
Skizzen und Diktiergerät den Zustand des Fundorts. Dabei bemühten sie sich, die
hier möglichen verändernden Einwirkungen zu berücksichtigen wie unbeteiligte
Dritte, Zeitablauf, Tierfraß, Witterungseinflüsse, die Spuren vernichten oder
verfälschen konnten. Glücklicherweise hatte es aufgehört zu regnen, sodass eine
Notsicherung der Spuren durch Abdecken vor der Asservierung nicht nötig war.
    Christian trat wie immer bei einer Tatortbesichtigung erst einmal
ein paar Schritte zurück, um das Gesamtbild in sich aufzunehmen. Dieser
Parkplatz war in den Herbstmonaten wegen Überflutungsgefahr oft gesperrt. Er
lag nur knapp über dem Wasserspiegel. Nachts war hier nicht viel los, insofern
war die Stelle als Ablageort nicht schlecht gewählt. Es hätte allerdings in
Hamburg einige gegeben, die besser waren. Der Sack lag nur halb unter der
Brücke, man konnte ihn von oben sehen. Warum hatte der Täter ihn nicht einfach
in die Elbe geworfen, dann wäre er ein Stück flussabwärts getrieben und
eventuell erst viel später entdeckt worden, wenn die Spuren schon kalt waren.
War der Täter dumm, sorglos oder war es ihm einfach egal, weil er sich sicher
fühlte?
    Die Leute von der Spurensicherung aus dem Polizeipräsidium waren
inzwischen eingetroffen. Einige hatten sich sofort genervt zurückgenommen, als
sie die umstrittene Soko bei der Arbeit sahen, andere halfen. Plötzlich kam
Sturm auf. Eine heftige Windböe peitschte über den Parkplatz und wirbelte Laub,
Müll und Spurennummerierungen durcheinander. In der Ferne krachte ein Donner.
Von den Schiffen her war das Klappern der Wanten, Stagen und Fallen zu hören.
Die nächsten Windböen peitschten das Elbwasser gegen die Kaimauer. Der Himmel
zog sich vollständig zu. Unter den Polizisten kam Hektik auf.
    Karen rief Christian und Pete herbei. Sie wollte den Sack, an dem
der Wind zerrte, nun ganz öffnen. Die beiden zogen ihre Handschuhe über und
bückten sich zu Karen, um erst einmal die Perspektive zu bekommen, die sich dem
kleinen Jungen bei seiner Entdeckung geboten hatte. Der Schock des Kindes war
verständlich. Aus dem Sack heraus lugte der Kopf eines Menschen, Mann oder Frau
war nicht zu erkennen, denn das, was einmal ein Gesicht gewesen war, war nun
nur noch ein Klumpen schwarzes, verbranntes Fleisch. Dass unter der fettig
glänzenden, schwarzen Schicht so etwas wie Gewebe war, sah man an den roten
tiefen Wunden, die vermutlich die Möwen hineingehackt hatten. Die Augenhöhlen
waren leer, herausgepickte Leckerbissen, die garantiert auch auf dem Speiseplan
der Vögel gestanden hatten. Die Leiche stank süßlich.
    Der nächste Donner klang schon erheblich näher. Christian hob den
oberen Rand des Sacks ein wenig an und warf einen Blick in den hinteren
Bereich. Da sah er das zweite Päckchen, säuberlich mit Kordel verschnürt. Er
wies Pete darauf hin. Pete bückte sich, sah das Päckchen und erhob sich. »Okay,
das war unser Mann. Aber für mich passt das alles nicht richtig zusammen.« Pete
fingerte das Päckchen vorsichtig heraus

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