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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Der will dich
nur einnorden, also halt einfach die Klappe, und versau es nicht. Wir treffen
uns dann später bei Karen in der Patho.« Plötzlich fiel Pete auf, dass er sich
Christian gegenüber als Teamleiter aufspielte. »Wenn dir das recht ist«,
verbesserte er sich Christian gegenüber.
    Â»Eins wollen wir jetzt mal klarstellen«, gab Christian zurück, »es
ist wirklich rührend, wie ihr euch alle bemüht habt, so einen mies gelaunten
Querkopf wie mich zurückzuholen. Vor allem von dir, Pitt. Große Leistung, das
bei Waller.«
    Â»War kein Ding, ich musste ihn nur gegen Dorfmann ausspielen, wie
geplant. Zuerst hat Waller mich angeschrien, er lasse sich weder von Ganske
noch von mir manipulieren. Dann hat er deine Wiedereinstellung unterschrieben.
Zu den alten Bedingungen.«
    Â»Dass das nicht läuft, werde ich ihm gleich klarmachen. Du bist der
Teamleiter, Pitt, und das wirst du auch bleiben.«
    Â»Blödsinn. Du hast die Erfahrung, das Alter und die Falten. Du bist
der Boss.«
    Â»Nein. Wenn was schiefgeht, und es geht immer was schief, wirst du
diesmal die heißen Kartoffeln aus dem Feuer holen und dir die Finger
verbrennen. Oder hast du Schiss vor der Verantwortung?«
    Eberhard und Volker grinsten. Ihnen war klar, dass Christian nicht
die Verantwortung abwälzen, sondern lediglich Pete seine Chancen lassen wollte.
Immerhin hatte Pete den Laden seit Christians Suspendierung geführt und sich
mit jeder Menge langweiliger Fälle herumschlagen müssen. Christian hätte es als
unfair empfunden, wenn der erste interessante Fall, den die Soko zugeteilt
bekam, nun unter seiner statt unter Petes Führung gelöst werden würde. Denn
dass sie ihn lösen würden, dessen war er sich sicher. Die Lorbeeren dafür
sollte Pete bekommen. Er wollte nur den Mörder. Und er wollte ihn schnell.
    Anna saß in ihrem Büro an der Uni und sah auf die Uhr.
Gleich war es so weit. Sie war ein wenig aufgeregt. Zwar hatte sie im Laufe der
letzten Jahre immer wieder Gastvorträge an der Uni gehalten, aber eine
komplette Vorlesungsreihe oder gar ein Seminar, das war neu für sie. Einerseits
freute sie sich auf ihre Rolle als Dozentin, anderseits fühlte sie sich ein
wenig unsicher. Als Therapeutin war sie gescheitert, zumindest empfand sie das
immer noch so. Wenn sie nun in der intensiven Auseinandersetzung mit den
Studenten auch nicht zurechtkam, was blieb dann? Unwillig verscheuchte Anna die
negativen Gedanken, packte ihre Unterlagen zusammen und machte sich auf den Weg
zum Seminarraum. Sie war etwas zu früh, außer ihr war noch keiner da. Die
Tische standen in einem Viereck zusammen. Anna legte ihr Unterrichtsmaterial
auf den mittleren Platz vor der Tafel und trat ans Fenster. Vom vierten Stock
des Gebäudes, in dem die Psychologie untergebracht war, konnte man einen guten
Teil des Campus überblicken. Mit fast nostalgischer Wehmut dachte Anna an ihre
eigene Studienzeit zurück. Damals wollte sie noch in die Forschung gehen, um
ihren verhasst-geliebten Vater zu beeindrucken, der ein renommierter Physiker
war. Doch trotz ihrer hochfliegenden Pläne hatte sie zumindest während des
Grundstudiums mehr Zeit in Kneipen und auf Partys verbracht als in diesen wenig
ansprechenden Räumlichkeiten. Mindestens einmal im Jahr wechselte sie den
Freund und fühlte sich frei und großartig dabei. Sie verließ die Typen einen
nach dem anderen, und erst als ein attraktiver schwedischer
Architektur-Austauschstudent namens Mikael ihr zutiefst verletzt eine panische
Angst vor Nähe bescheinigte und den Kontakt rigoros und für alle Zeiten zu ihr
abbrach, hielt sie verletzt inne in ihrem Treiben und dachte nach. Es begann
eine Zeit der Sammlung. Sie beschloss, innerlich ruhiger geworden, Therapeutin
zu werden. Aber erst als sie nach dem Abschluss ihres Studiums mit den für
jeden Therapeuten notwendigen Supervisionen bei ihrem Doktorvater begann, fing
sie an zu begreifen, wie einsam sie ihr Leben eingerichtet hatte.
    Es dauerte die akademische Viertelstunde, bis alle Studenten da
waren. Zuletzt kam Yvonne angehastet, rannte gegen ein Tischbein, schrie auf,
fluchte und entschuldigte sich errötend dafür. Anna lachte und stellte Yvonne
als engagierte Gasthörerin vor, die die Chuzpe besaß, im ersten Semester an
einem Hauptseminar teilzunehmen. Yvonnes Röte auf den Wangen wurde noch
intensiver. Anna grinste in sich hinein. Sie wusste, dass

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