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Eischrysanthemen

Eischrysanthemen

Titel: Eischrysanthemen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Murasaki
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rangehen. Er würde es klingeln lassen. Egal, wer es war, er konnte auf den Anrufbeantworter sprechen und dort sein Anliegen hinterlassen, wo Vincent es sich später anhören würde, wenn er wieder bei klarem Verstand war.
    „Hallo, hier ist Kira. Ich wollte dir sagen, dass wir uns erst um 15 Uhr vor dem Theater treffen können ...“ Kiras Stimme, ein wenig kühl, aber dennoch mit einem so sinnlichen Beiklang, dass Vincent die Augen aufriss und nach dem Telefonhörer grapschte, um doch ranzugehen. Die Basisstation verabschiedete sich gen Boden. In der Hoffnung, sie noch zu erwischen, zog er die Hand aus seinen Shorts heraus. Das Gummi schnappte auf seine Erektion und Vincent verzog das Gesicht, als der Apparat mit einem lauten Knall auf dem Boden landete.
    „Kira?“, keuchte er ins Telefon und spürte, wie ihm das Herz wie verrückt in der Brust hüpfte. Im Hörer knackte es, und Vincent dachte schon, dass das Gespräch unterbrochen worden wäre, als Kira sich abermals meldete.
    „Vincent? Alles in Ordnung? Was war das eben für ein Krach?“, erkundigte er sich.
    Vincent, mit einer schmerzenden Erektion gestraft, drehte sich auf den Rücken. Gott sei Dank war er noch rechtzeitig rangegangen.
    „Ja, ist alles in Ordnung, mir ist nur das Telefon runtergefallen, mehr nicht“, beruhigte Vincent ihn und fuhr mit der Hand in seine Shorts, um alles in die rechte Lage zu rücken. Am anderen Ende entstand eine kleine Pause und dann ergriff Kira erneut das Wort.
    „Wie gesagt ich rufe an, um dir mitzuteilen, dass wir uns erst gegen 15 Uhr treffen können, da kurzfristig noch eine Probe angesetzt worden ist“, wiederholte Kira.
    Vincent schloss die Augen und schluckte. Er fühlte sich ertappt, und auch wenn Kira nicht wissen konnte, was er hier eben getrieben hatte, war es doch ein wenig unangenehm.
    „Ist gut, ich komme gegen 15 Uhr“, sagte Vincent und atmete tief durch. „Woher hast du eigentlich diese Nummer?“, wollte er dann wissen, da er Kira bei ihrem ersten Treffen keine Visitenkarte gegeben hatte, wie es in Japan üblich war.
    „Ich habe deine Telefonnummer vom Theater bekommen“, hörte er vom anderen Ende der Leitung. Vincent hörte eine Stimme im Hintergrund. Kira wurde auf Japanisch angesprochen. „Ich muss auflegen, also bis nachher.“ Kira beendete ihr Gespräch.
    Vincent ließ den Hörer auf das Kissen neben sich fallen und atmete tief durch. Heute musste er sich wirklich zusammenreißen und Entscheidungen treffen.

Schlussendlich war er viel zu früh da. Es war gerade mal halb drei, als Vincent, in Mantel und Schal gehüllt, vor dem Bühneneingang stand und den harten Blick des Pförtners ertrug, der sich schließlich dazu aufraffte, das kleine Fenster zu öffnen und Vincent zu sich zu winken.
    „Sie können auch hochgehen, dann brauchen Sie nicht in der Kälte rumzustehen“, brummte er Vincent gnädig zu. Der Kälte zu entkommen war ihm nur zu willkommen, und er würde auch in aller Ruhe weiter in Kiras Garderobe warten können. In dem leicht abgedunkelten Theaterflur, der sich hinter der Bühne entlangschlängelte, entstand eine sehr intime Atmosphäre, die Vincent lächeln ließ. Jetzt wo keine Vorstellung stattfand, war es leer und dennoch drangen leise Worte an seine Ohren. Sehen konnte er niemanden. In diesem Mikrokosmos würde man für immer ein Eindringling bleiben, wenn man nicht zu den Arbeitsabläufen eines Theaters gehörte, ganz gleich wie häufig man sich im Gebäude aufhielt. Vincent war es einerlei, er ließ sich von dem leicht süßlichen Make-up Duft und der Theaterluft davontragen, bis er eine Garderobiere anhielt, die an ihm vorbeieilen wollte.
    „Entschuldigen Sie, wo finde ich Kira Miyamoto?“, erkundigte er sich bei ihr.
    „Ist noch in seiner Garderobe.“ Sie deutete in die entsprechende Richtung.
    Vincent überlegte, ob die Probe vielleicht schon früher beendet worden war, oder ob Kira sich einfach nur hatte Zeit nehmen wollen, um sich in Ruhe umzukleiden. Eigentlich war es egal, denn Vincent eilte bereits zur Tür, klopfte an und betrat einen Moment später, ohne auf ein Herein zu achten, die Garderobe.
    Das Bild, das sich ihm bot, hätte ihn fast zurückprallen lassen. Kira und ein anderer Japaner, der zu seinem Ensemble zu gehören schien, standen ganz nah beieinander. Kiras Hände ruhten leicht auf den Oberarmen des anderen Mannes, während der Fremde ihn locker an den Hüften hielt, und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Oder knabberte er daran? Auf jeden Fall

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