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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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zuvorkommenden Art weiter. »Und was ist mit Ihnen geschehen?«
    »Ich war verwundet. Während der kurzen Atempause nach Voculas Entsatz brachten mich die Kameraden per Schiff ins Lazarett nach Novaesium. Dort blieb ich, bis auch diese Festung angegriffen wurde. Schließlich landete ich stöhnend auf einer Trage in einer Pflegestation, die in aller Eile auf einem Schiff vor Gelduba eingerichtet worden war. Und dort war ich noch, als Civilis den letzten, vernichtenden Schlag gegen Vetera führte.« Die Nachwirkungen waren offenkundig und verständlich. Der Überlebende fühlte sich schuldig, weil die meisten seiner Kameraden gefallen waren. Und er warf sich sogar vor, nicht mit den übrigen den Eid auf das gallische Reich geleistet und so seine Ehre verloren zu haben. »Schickt Ihr mich jetzt zurück?«
    »Nein«, sagte Camillus Justinus. »Über die Vergangenheit haben wir nicht zu richten, und jetzt sind Sie in der Ersten Adiutrix.«
    »Und wir brauchen Sie, Helvetius«, setzte ich hinzu. »Ganz besonders, wenn Sie sich in der Gegend auskennen.«
    »Nicht nur hier.«
    »Wie das?«
    »Ich war auch drüben im Osten.«
    Das hatte ich nun doch nicht erwartet. »Reden Sie, Zenturio!«
    »Sehen Sie, Falco, ich war vier Jahre in diesem Loch stationiert. Ohne ein Hobby hält kein Mensch sowas aus, denn das hier war immer schon ein trostloses Fleckchen Erde. Ich habe mich weder fürs Glücksspiel noch für die schicken Klubs interessiert, aber viel gelesen und stieß dabei auf die geheimnisvolle Geschichte des Varus, die mich auf Anhieb fasziniert und nicht mehr losgelassen hat. Immer wieder habe ich mir meine Urlaubstage zusammengespart und bin, so oft es ging, über die Grenze gegangen – illegal natürlich, aber damals war es hier noch relativ ruhig. Ich war besessen von der Idee, jenes alte Schlachtfeld zu finden.«
    Das also steckte hinter seinen Geschichten von den Jagdpartien, die er angeblich für die hohen Offiziere seiner Legion ausgerichtet hatte. Soldaten erleben gern andere Kriege nach und lenken sich so von den eigenen Ängsten ab. Sie wollen natürlich auch immer dahinterkommen, was ihren Vorgängern wirklich zugestoßen ist. War es die Heimtücke des Feindes, die sie zu Fall brachte, oder wieder nur die schiere Dummheit eines unerfahrenen Oberbefehlshabers?
    »Und?« fragte ich gespannt. »Haben Sie die Wallstatt gefunden?«
    »Ich bin überzeugt, daß ich ganz dicht dran war.«
    Ich kann zwanghafte Forscher nicht ausstehen. »Dubnus kennt den Platz«, sagte ich darum hinterhältig. Helvetius pfiff verärgert durch die Zähne. »Vergessen Sie’s!« grinste ich. » Das Geheimnis soll der erhabene Germanicus getrost behalten. Lassen wir die Toten ruhen. Die Schlacht war das Desaster unserer Großväter. Uns hat Vespasian genug aufgebürdet, und ich habe nicht vor, den Teutoburger Wald zu besuchen.« Unser Gespräch schien ihm gutgetan zu haben, denn er sah längst nicht mehr so zerquält aus wie zuvor.
    Ich ließ mich zwar von den beiden überreden, die »Insel« zu besuchen, aber ich wußte schon, als wir losfuhren, daß diese Expedition reine Zeitverschwendung war.
    Ebenso war mir klar, daß sich nach diesem Abstecher in den Norden der Teutoburger Wald mit seinem unheilschwangeren Ruf als kürzeste Route für den Rückweg in die bruktische Provinz empfehlen würde.
    Wir setzten unseren Weg zu Pferde fort. Für die Rekruten war das ein arger Schock. Jupiter weiß, wofür wir ihrer Meinung nach die dreißig Pferde an Bord hatten. Normalerweise ist die Infanterie das Rückgrat der Legionen, aber die Entfernungen, die wir zurücklegen mußten, waren in Fußmärschen einfach nicht zu bewältigen. Außerdem wären unsere Rekruten dem auch gar nicht gewachsen gewesen. Tatsächlich waren die meisten von ihnen so armselige Krücken, daß fast ganz Vetera zusammenströmte, um sich den handverlesenen Haufen von Trotteln anzusehen, mit dem ich mich in die Wildnis wagte.
    Die Rekruten waren ein typischer Querschnitt unserer römischen Jungmänner: schlampig, faul, ständig maulend und aufsässig. Sie redeten den ganzen Tag über römische Gladiatoren oder ihr Sexleben und bewiesen dabei eine erstaunliche Mischung aus Lügen und Unwissenheit. So langsam lernten wir sie kennen. Lentullus war unser Problemkind. Lentullus konnte rein gar nichts. Helvetius hatte ihn nur mitgebracht, weil er so gebettelt und überdies ein so rührendes Gesicht hatte. Dann war da noch Sextus, der von allen die wundgelaufensten Füße hatte,

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