Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
Dafür hatte Justinus gesorgt.
    »Beinschienen, Kniekacheln?«
    »Na, na! Ich bin doch kein aufgemotzter Offizier.«
    »Dezdeckel?« Na gut, einen Helm ließ ich mir noch andrehen. »So, und dann nehmen Sie noch das hier.« Er drückte mir etwas in die Hand. Es war ein kleines Stück Speckstein mit einem eingemeißelten Menschenauge, durchbohrt von etlichen mystischen Zeichen. »Waffen helfen euch da oben ja doch nicht viel. Und Zauberei ist das einzige, was ich sonst noch auf Lager habe.«
    Ein hochherziger Bursche: Hatte mir doch glatt sein eigenes Amulett geschenkt.
     
    Tag um Tag, und jedenfalls länger, als mir lieb war, paddelten wir durch die Sümpfe. Die Insel der Bataver muß auch schon vor dem Aufstand ein trostloser Morast gewesen sein. Mit seinen vielen Wasserläufen schien der Landflecken eine bloß verlängerte Meereszunge zu sein. Ein extrem harter Winter während des römischen Feldzugs hatte im letzten Frühjahr zu besonders schweren Überschwemmungen geführt. Und da die leidgeprüfte Bevölkerung sich seitdem kaum mehr um ihre Äcker gekümmert hatte, erholte das Delta sich nur langsam. Die fruchtbare Salztonebene, die hätte bewirtschaftet werden sollen, lag überflutet und brach. Civilis hatte während seines letzten Gefechts sogar den von Germanicus erbauten Damm zerstört und damit große Landstriche der Verwüstung preisgegeben. Wir dachten an Petilius Cerialis und seine Heerhaufen, wie sie auf Feldwache verzweifelt nach trockenen Wegen für ihre Pferde gesucht, wie sie sich unter Pfeilhagel und Regengüssen geduckt hatten, und unermüdlich nach Furten und seichten Übergängen Ausschau hielten, stets belauert von den Batavern, die mit aller List versuchten, sie in die unergründlichen Sümpfe und ins Verderben zu locken.
    Batavodurum, die Hauptstadt der Bataver, hatte man geschleift. Jetzt sollte sie unter dem neuen Namen Noviomagus wieder aufgebaut und von einer Garnison geschützt werden. Vespasian hatte mir schon davon erzählt, aber so richtig ins Bewußtsein drang es mir eigentlich erst, als wir jetzt zwischen den niedergewalzten Häusern standen und die halbherzigen Versuche der Bevölkerung, ihre Siedlung wiederzubeleben, betrachteten. Einstweilen hatten die Bedauernswerten mit Schweinen und Hühnern in Behelfszelten Unterschlupf gefunden. Zum Glück zeichnete sich bereits ein neuer Aufschwung ab; jedenfalls trafen wir auf ein Sonderkommando römischer Ingenieure, die Bestandsaufnahme machten, die Schäden protokollierten und mit den Dorfältesten beratschlagten, wie Baumaterial und Facharbeiter heranzuschaffen seien.
    In der letzten Schlacht der Aufständischen war Civilis in Batavodurum geschlagen und anschließend immer tiefer ins Inselland zurückgedrängt worden. Auf dem Rückzug hatte er vieles, was er zurücklassen mußte, niedergebrannt. Was dann noch stand an Gehöften und Siedlungen, brannten unsere Streitkräfte nieder – alles, bis auf die Besitzungen des Civilis. Diese hinterhältige Feldherrnlist sollte die notleidenden Bundesgenossen des Rebellenführers zu Wut und Mißgunst treiben, diesen selbst aber nie bis an den kritischen Punkt kommen lassen, wo er nichts mehr zu verlieren hatte. Wir folgten dem Weg, den auch Civilis landeinwärts genommen hatte. Die selektive Politik der verbrannten Erde zeigte uns, auf welchem Gut Civilis sich hätte aufhalten sollen. Aber er hatte die überschwemmten Felder und die niedrigen Wohn- und Wirtschaftsgebäude aufgegeben; weder von seiner großen Familie noch von dem streitbaren Fürsten selbst fand sich hier auch nur eine Spur.
    Vielleicht hatte sich Cerialis’ Strategie ja bewährt. Die Bataver waren – zumindest vorläufig – geschlagen, und ihre Treue zu dem Führer, der ihren Ruin verschuldet hatte, schien zumindest zu wanken. Zum ersten Mal kamen mir Zweifel, ob Civilis tatsächlich den Krieg fortsetzen wollte – oder ob er nicht einfach vor dem Messer eines gedungenen Mörders aus den eigenen Reihen geflohen war.
    Bedroht fühlten wir uns während des Aufenthaltes auf der Insel nicht. Gewiß, die Atmosphäre war düster und bedrückend, aber die Bevölkerung hatte mit Rom Frieden geschlossen und das alte Bündnis erneuert. Die Bataver waren wieder ein unabhängiges Volk innerhalb des Römischen Reiches, dem im Tausch gegen Militärdienste die Steuern erlassen wurden – auch wenn jedem klar war, daß batavische Auxilien nie wieder in Germanien zum Einsatz kommen würden. Sie ließen uns unbehelligt durch ihre Lande

Weitere Kostenlose Bücher