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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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machte Helvetius Sorgen, und wir holten die Jungs zurück.
    Die Rekruten waren natürlich in ihrem Element. Alle konnten rudern und segeln. Gut, alle außer Lentullus. Der war nach wie unser Sorgenkind, das rein gar nichts konnte.
    Am Himmel zeigte sich das erste schwache Grau des heraufdämmernden Morgens. Mir wurde schlecht vor Sorge. »Helvetius, wenn Camillus nicht bald kommt, dann übernehmen Sie die Jungs und sorgen dafür, daß alle heil rauskommen.«
    »Sie wollen doch nicht etwa zurück an Land?«
    »Ich lasse ihn da nicht allein.«
    »Sparen Sie sich Ihr Heldentum: Da kommt er!«
    Ich gebe zu, ich war überrascht.
     
    Wir hatten das Schiff vom Anlegeplatz auf den Kanal hinausmanövriert und dort wieder Anker geworfen. Probus wartete am Kai mit einem Beiboot, um den Tribun zu uns zu rudern. Der Anker war bereits gelichtet, als wir ihn an Bord zogen.
    »Na, wie ist es ausgegangen – Krieg?«
    »Frieden.«
    Es war noch zu dunkel, als daß ich Justinus’ Gesicht hätte sehen können.
    Ohne ein weiteres Wort ging er nach hinten, aufs Achterschiff. Ich sah seine Anspannung, die hochgezogenen Schultern und gab den anderen ein Zeichen, ihn jetzt nicht zu stören. Er hockte sich in eine schummrige Ecke hinter der Prunkkabine des Legaten und schaute unverwandt zurück ans Ufer. Sein kleiner Hund lag ihm zu Füßen und wimmerte mitfühlend, weil er das Leid seines Herrn spürte. Mir sank das Herz, als ich ihn so niedergeschlagen sah.
    Bald hatten wir alle Hände voll zu tun. Erst ließen wir die Liburne ein Stück weit mit der Strömung treiben, um nur ja kein unnötiges Geräusch zu machen. Erst als es heller wurde, konnten wir sehen, wie heruntergekommen das Schiff war. Bald war die halbe Mannschaft damit beschäftigt, Wasser zu schöpfen, während Helvetius sich unterdessen fluchend und schimpfend abmühte, die eingetrocknete Bilgepumpe wieder in Gang zu bringen. Das war ursprünglich eine raffiniert konstruierte Hochleistungsmaschine gewesen – so raffiniert, daß Holz- und Lederteile nach nur einem Jahr in Ruhestellung einfach nicht mehr funktionierten.
    Immerhin schien uns niemand zu verfolgen. Bald hatten Ascanius und Sextus die Segel gefunden. Das Leder war zwar steif geworden, daß sie sich kaum aufziehen ließen, aber wir trampelten und klopften sie weich, so gut es ging. Der kleine dreieckige Klüver war denn auch nicht so schwierig, aber das Rahsegel kostete uns viel Mühe und Zeit. Als wir es endlich geschafft hatten, stellte sich heraus, daß wir inzwischen dem seichten Uferstreifen viel zu nahe waren. Eine Liburne ist nicht einfach zu steuern, und eine Bande von Neulingen (die obendrein noch zum Teil Idioten sind) kann sie schon das Fürchten lehren. Aber ich schüttelte trotzdem den Kopf, als immer mehr Augenpaare sich heckwärts wandten.
    »Der Tribun könnte uns wirklich ein bißchen helfen!«
    »Der Tribun hat genug getan.«
    »Falco …«
    »Er will seine Melancholie auskosten. Laßt ihn in Frieden.«
    Ich scheuchte alle Mann auf die Gefahrenseite, und wir schafften es gerade noch, die Riemen einzulegen, bevor die Ruder an den Uferwänden zerschellten. Dann beobachteten wir mit angehaltenem Atem, wie das Schiff knarzend und schwankend durchs seichte Gewässer schlingerte. Irgendwie gelang es uns, die Liburne in die Fahrrinne zurückzumanövrieren. Im grauen Licht eines Novembermorgens dümpelte sie langsam vorwärts, während wir uns eine weitere Stunde lang mit der Takelage abquälten. Endlich war auch das Rahsegel unter leisem Hurra unserer Mannschaft gehißt. Anschließend hieß es, in Windeseile wieder Leckwasser schöpfen; dann zogen wir erst einmal Bilanz.
    Bis auf unsere Speere waren wir unbewaffnet, und der Proviant würde auch nicht weit reichen. Nur zwei von uns trugen eine Rüstung. Aber wir hatten immerhin vier Pferde gerettet – die womöglich über dem Feuer enden würden. Wir waren ohne Bargeld, konnten also auch unterwegs keine Geschäfte machen, und von den Uferanwohnern (die Brukterer im Norden, die Tenkterer im Süden) hatten in Not geratene Römer keine Hilfe zu erwarten. In diesem Gebiet an Land zu gehen wäre mehr als riskant, und es würde noch gut eine Woche dauern, ehe wir an den Rhein und damit in Freundesland kamen. So, wie unser Schiff schlingerte und krängte, stand uns eine Woche harter Arbeit bevor.
    Immerhin waren wir mit dem Leben davongekommen und in Freiheit. Die Freude darüber war so groß, daß unsere Rekruten trotz aller Schufterei – die Hälfte

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