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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Schweigen brachte den Barbier zur Besinnung, und er schrumpfte unglücklich in sich zusammen. Der Zenturio maß uns mit zornfunkelndem Blick.
    Inzwischen hatte ich mich mehr oder weniger damit abgefunden, daß die Leute Xanthus und mich für einen Schwulen und seinen Lustknaben hielten, die zusammen auf Zechtour waren. Xanthus sah man den Friseur an der Nasenspitze an, aber ich war augenscheinlich viel zu arm, als daß ich mir einen Leibbarbier hätte leisten können. Mein Pferd und sein Maultier stammten aus Postställen, die die kaiserlichen Kundschafter ausrüsteten, doch das sah man den Tieren zum Glück nicht an. Der Korb mit Vespasians Geschenk an die Vierzehnte machte einen stabilen, um nicht zu sagen, militärischen Eindruck. Mein eigenes Gepäck sah aus wie das eines Geschäftsreisenden. Aber jeder Hauch von Beamtentum, den ich mir zu geben versuchte, kollidierte aufs peinlichste mit dem Auftreten des Friseurs. Wie jeder andere taxierte der Zenturio neugierig seinen Mantel im griechischen Schnitt und die violette Tunika mit der safrangelben Stickerei (wahrscheinlich ein abgelegtes Stück von Nero, aber ich hatte mir die Frage danach verkniffen, um Xanthus keinen Anlaß für eine seiner Schnurren zu geben). Das Offiziersauge ruhte auf dem rosig überhauchten Teint, dem makellosen Haarschnitt und der Schuhkreation des Tages (purpurne Quastenfüßlinge mit Lochmuster). Er registrierte den Gesichtsausdruck. Dann wandte er sich mir zu.
    Ungekämmt und ungerührt erwiderte ich seinen Blick. Ich gab ihm drei Sekunden, um mir eine Erklärung zu verweigern. Dann versetzte ich ruhig: »Ein Fall für die Zivilpolizei am nächsten Magistratssitz?« Ich konsultierte meine Straßenkarte und ließ ihn sehen, daß es ein Heeresblatt war. »Lugdunum liegt drei Tagesreisen hinter uns, aber Cavillonum dürfte nur noch einen Grillenhüpfer weit entfernt sein. Das ist eine ansehnliche Stadt und …«
    Die Menschen sind undankbar. Kaum wies ich ihm ein Schlupfloch, da erwachte bei ihm das Interesse. Er wandte sich wieder den Leichen zu. Ich hätte jetzt weiterreiten sollen, aber mein wenn auch noch so flüchtiger Kontakt mit den Toten weckte in mir so eine Art kameradschaftliches Mitgefühl. Also stieg ich vom Pferd und stürzte mich ebenfalls, halb springend, halb rutschend, in die fossa.
    Die beiden tot zu sehen wunderte mich eigentlich nicht. Sie waren gewissermaßen Gezeichnete gewesen, Männer auf dem Gipfelpunkt einer schlimmen Krise. Gut, vielleicht bildete ich mir das im nachhinein ein, aber ihr Auftritt hatte eine tragische Wende ahnen lassen.
    Indizien, die auf die Todesursache schließen ließen, gab es zwar kaum, aber es sah so aus, als hätte man die beiden Männer erst mit Schlägen gefügig zu machen gesucht und ihnen dann die Kehle zugedrückt. Die gefesselten Arme waren der eindeutige Beweis dafür, daß sie vorsätzlich ermordet worden waren.
    Der Zenturio durchsuchte teilnahmslos die Leichen, während seine jungen Soldaten sich ängstlich im Hintergrund hielten. Als der Offizier mich mit einem Blick streifte, sagte ich: »Gestatten, Falco.« Er sollte ruhig merken, daß ich nichts zu verbergen hatte.
    »Beamter?«
    »Was für eine Frage!« Wenn das nicht beamtenhaft klang! »Wie beurteilen Sie den Fall?«
    Er hatte mich als ebenbürtig akzeptiert. »Sieht nach Raubüberfall aus. Die Pferde sind verschwunden. Und hier, dem Dicken hat man einen Beutel vom Gürtel geschnitten.«
    »Wenn das alles ist, dann würde ich an Ihrer Stelle nur den Fundort der Leichen melden, wenn Sie durch Cavillonum kommen. Den Rest sollen die Zivilisten erledigen.«
    Ich berührte einen der Toten mit dem Handrücken. Er war kalt. Der Zenturio hatte es gesehen, aber wir verloren beide kein Wort darüber. Die Kleidung des Dicken, den die Rekruten umgedreht hatten, hatte sich vollgesogen mit dem Brackwasser im Graben. Der Zenturio sah, wie ich den triefenden Stoff musterte.
    »Kein Hinweis darauf, wer sie waren und wo sie hin wollten! Ich tippe immer noch auf Diebe.« Sein Blick forderte mich heraus; ich lächelte leise. An seiner Stelle hätte ich die gleiche Taktik eingeschlagen. Wir richteten uns auf. Er rief zur Straße hinauf: »Holla! Lauf mal einer zum letzten Meilenstein zurück und notier die Angabe.«
    »Zu Befehl, Helvetius!«
    Wir nahmen beide die Böschung mit Anlauf und kamen gleichzeitig oben auf der Straße an. Unten gaben die Rekruten den Leichen mit gespielter Tapferkeit einen letzten Schubs, dann folgten sie uns; die

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