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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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soll. Vespasian braucht Zeit, um sich eine Erklärung einfallen zu lassen. Sagen Sie, Camillus Justinus, Sie glauben doch nicht, daß die Vierzehnte dem Kaiser schon Meldung gemacht hat und jetzt auf Instruktionen aus Rom wartet, wie?«
    »In dem Fall hätte man auch meinen Legaten informiert.«
    »Ha! Glaubt das! Ich sage Ihnen: Geheimhaltung ist das Herzstück der Demokratie!«
    »Trotzdem, Falco. Schließlich treffen immer noch fast täglich Kuriere mit vertraulichen Depeschen für Gracilis ein. Ich weiß das, weil mein Stellvertreter dauernd für ihn unterschreiben muß. Aber weder Vespasian noch der Statthalter würden persönliche Botschaften schicken, wenn sie nicht überzeugt wären, daß Gracilis auch hier ist, um sie in Empfang zu nehmen.«
    Langsam begriff ich, warum Primipilus und Cornicularius gar so sauer auf meinen Besuch reagiert hatten. Selbst im günstigsten Fall, also wenn ihr Legat nur verlorengegangen war, sah es für sie doch schon ziemlich übel aus. Sollte er aber bei einer eilig vertuschten Meuterei erwürgt worden sein, dann würde es ihnen an den Kragen gehen. »Gracilis’ Tribun hat Sie eben ziemlich rüde abgefertigt; mein Empfang war auch nicht besser. Ist das hier so Brauch?«
    »Ja, leider. Die Offiziere decken Gracilis perfekt.« Im Manöver oder bei der Parade würde das nichts fruchten, da mußte der Legat in der Kolonne mitmarschieren, aber hier im Lager konnte die Vierzehnte ihr Versteckspiel nach Gutdünken ausleben. Unwillkürlich dachte ich an den einbeinigen Balbillus, der mir erzählt hatte, wie die Legionskommandeure in Britannien nach dem Putsch gegen ihren Statthalter die Regierungsgeschäfte einfach selbst in die Hand genommen hatten. Aber die Zeiten der Anarchie waren ja angeblich vorbei.
    »Bis zur nächsten Festlichkeit braucht die Legion keinen Legaten im Kommandeursrock zu präsentieren. Aber wenn hier eine Verschwörung im Gange ist«, grinste ich, »dann habe ich den Herren gerade die Suppe versalzen! Ich bringe der Truppe eine Eisenhand, Vespasians Geschenk, und Instruktionen für die Einweihung nebst großer Fahnenparade. Spätestens bei der Gelegenheit müssen sie ihren Legaten vorführen.«
    »Wunderbar! Ein solches Fest wird selbst der Statthalter sich nicht entgehen lassen!« Camillus Justinus war von einer Beharrlichkeit, die mir gefiel. Es freute ihn diebisch, daß der Versuch der Vierzehnten, ihn auszutricksen, jetzt zur Bauchlandung zu werden drohte. »Wann soll die Einweihung denn stattfinden?«
    »An Vespasians Geburtstag.« Er überlegte. Der Kaiser war noch nicht lange genug an der Macht, um fest im Kalender etabliert zu sein. Ich wußte Bescheid (ein Schreiber, der Privatermittler für Ignoranten hielt, hatte mir einen Vermerk in meine Auftragsrolle gemacht). »Vierzehn Tage vor Dezember.« Wir hatten erst Oktober. »Also bleiben Ihnen und mir der Rest dieses Monats plus die ersten sechzehn Novembertage, um das Rätsel diskret zu lösen und uns einen Namen zu machen.«
    Grinsend gingen wir zum Haupttor. Justinus war Manns genug, seine Chance zu erkennen. Wenn er dieses Verwirrspiel auflösen konnte, bevor Rom eingeschaltet werden mußte, würde das seiner Karriere sehr nützlich sein.
    Ich sah Verantwortung auf mich zukommen. Immerhin war ich der Liebhaber seiner Schwester – gehörte also beinahe zur Familie. Da war es doch meine Pflicht, ihm zu seinem Glück zu verhelfen. Obwohl Justinus womöglich strikt gegen meine Liaison mit seiner Schwester war. Und wahrscheinlich die meiste Arbeit an mir hängenbleiben würde.
    Während wir so friedlich schweigend nebeneinander hergingen, strengte ich meine grauen Zellen an. Die ganze Geschichte war oberfaul. Das war mir inzwischen klar. Ich war erst seit einer knappen Stunde in Moguntiacum, und schon wurde der zweite hohe Offizier vermißt – als ob ein offiziell vermißter Legat, meuternde Truppen, ein wahnsinniger Rebellenhäuptling und eine bekloppte Seherin nicht gereicht hätten.

XIX
    Wir sammelten Xanthus ein und machten uns zu dritt auf den Weg ins Quartier der Ersten Legion. Als unverfängliches Gesprächsthema wollte ich wissen, wie Justinus zu seiner ungewöhnlichen Beförderung gekommen sei.
    »Sie waren doch zuletzt in Argentoratum stationiert – ich habe dort sogar nach Ihnen gesucht. Aber dort waren Sie noch nicht Erster Tribun, stimmt’s?«
    »Nein, und ich hatte auch nicht damit gerechnet, einer zu werden. Das war sozusagen der Köder, mit dem man mich dazu gebracht hat, meinen

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