Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
verstaute den Barbier irgendwo, und ich kam endlich wieder einmal in den Genuß eines eigenen Zimmers – das ich aber gleich wieder verließ. Meine Neugier auf einen heimlichen Inspektionsgang war einfach zu groß. Das Gästezimmer, das man mir gegeben hatte, war gut, aber nicht das beste des Hauses. Daran konnte ich meine Position abschätzen: ein lieber Gast, aber kein Freund der Familie.
    Meine Mutter wäre entsetzt gewesen über den Staub auf den Beistelltischen; bei mir mußte nicht alles so picobello sein. Ich würde mich hier ganz gut einrichten können. Justinus entstammte einer Familie von Denkern und Rednern, aber die Camilli sprachen und dachten gern mit Obstschalen rechts und links und Kissen im Rücken. Ihr Schatz war gegen Heimweh gut gerüstet ins unwirtliche Germanien geschickt worden. Das Haus bot wirklich jede Bequemlichkeit. Und das Personal war nur deshalb so schlampig, weil ihm eine starke Hand fehlte. Ich schrieb »Falco war hier« in die Staubschicht auf dem Sockel einer Vase – eine kleine pädagogische Maßnahme.
    Es hätte schlimmer sein können. Zwar lagen zu viele Mäusekötel in den Ecken, und niemand machte sich die Mühe, das Lampenöl aufzufüllen, aber die Diener waren wenigstens höflich, sogar zu mir. Sie wollten ihren jungen Herrn nicht zu irgendwelchen anstrengenden Disziplinarmaßnahmen zwingen. Damit waren sie sicher gut beraten, denn wenn er seiner Schwester auch nur im mindesten ähnelte, dann waren ihm weder Jähzorn noch eine deftige Sprache fremd, wenn man ihn über Gebühr reizte.
    Falls er Helena ähnelte, hatte Justinus freilich auch ein weiches Herz und wäre imstande gewesen, mich zu bemitleiden, wie ich da mit düsterem Blick durch sein Haus geisterte und mir den Kopf darüber zerbrach, wo in unserem großen Imperium seine temperamentvolle Schwester sich wohl versteckt haben mochte. Wenn er allerdings in Familienangelegenheiten so heikel war wie sein Bruder Älianus, würde er mich für meine Liaison mit seiner Schwester eher in einem Sack verschnüren und von einer schweren Wurfmaschine über den halben Rhein schleudern lassen. Weshalb ich denn, so sehr ich auch um sie zitterte, meine Sorgen um Helena Justina vorsichtshalber für mich behielt.
     
    Ich wanderte zu den Legionärsthermen, die gut geheizt waren, tadellos intakt und obendrein gratis.
    Justinus und ich kamen gleichzeitig in sein Haus zurück. In meinem Zimmer hatte jemand meine Klamotten ausgepackt und drei Kleidungsstücke zum Waschen gegeben, was bei meiner spärlichen Garderobe bedeutete, daß mein Satteltasche nun so gut wie leer war. Schließlich fand ich doch noch eine Tunika, die (bei der trüben Beleuchtung in diesem Haus) im Triklinium passieren würde. Nach dem Essen steckten wir kurz die Nase in den Garten, fanden es aber zu frisch draußen und gingen wieder hinein. Ich fühlte mich durch den Rangunterschied gehemmt, aber Justinus schien ehrlich erfreut über meine Gesellschaft und plauderte drauflos: »Abwechslungsreiche Reise gehabt?«
    »Nichts Weltbewegendes. Recht und Ordnung scheinen sich in Gallien und Germanien noch nicht ganz durchgesetzt zu haben.« Ich erzählte ihm von dem Doppelmord bei Lugdunum.
    Er machte ein erschrockenes Gesicht. »Meinen Sie, ich sollte da was unternehmen?«
    »Immer mit der Ruhe, Tribun! Sie haben damit nichts zu schaffen. Erstens ist das Verbrechen in einer anderen Provinz geschehen, und zweitens sind für Straßenraub die Zivilgerichte zuständig … Ach, übrigens: Der Zenturio, den ich am Tatort traf – ein gewisser Helvetius –, der muß Ihnen unterstellt sein. Jedenfalls hat er mir erzählt, daß er zur Ersten gehört. Aber ich habe dabei nicht an Sie gedacht, weil ich Sie ja immer noch auf Ihrem alten Posten vermutete.«
    »Helvetius … der Name sagt mir nichts. Ich bin noch nicht lange genug hier, um den ganzen Haufen zu kennen. Aber ich werde mir den Mann mal ansehen.« Alle sechzig Zenturionen in seiner Legion beim Namen zu kennen war nun wirklich übertrieben. Langsam wunderte es mich, daß dieser junge Mann überhaupt je befördert worden war. Einer, der wie er mit Leib und Seele bei der Arbeit war und sich so gewissenhaft hineinkniete, wird bei persönlichen Belobigungen in der Regel übergangen.
    Um ihn aufzuheitern, erzählte ich ihm, was ich in Argentoratum von den Allüren seines Nachfolgers gehört hatte. »Würden Sie ein Wort wie ›Xenophobie‹ als Parole ausgeben?«
    »Die meinen sind, fürchte ich, viel banaler. ›Mars der

Weitere Kostenlose Bücher