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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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richtig stutzig geworden, als nicht einmal seine Frau, die ihn hierher begleitet hat, wußte, wo er steckt. Sie hat die Frau meines Legaten gefragt, ob wir ein Geheimmanöver abhalten!«
    »Und?«
    »Aber Falco, ich bitte Sie! Wir sind weiß Jupiter genug im Einsatz, auch ohne daß wir eigens Trainingslager aufschlagen und Gefechte simulieren.«
    Ich sah ihn mir genauer an. Mit wieviel Autorität er das gesagt hatte! Bei unserer letzten Begegnung war er Zweiter Tribun gewesen, aber jetzt trug er die breiten Purpurstreifen des Ersten – Camillus Justinus, die rechte Hand seines Legaten. Dieser Posten blieb in der Regel einem designierten Senator vorbehalten; daß ein junger Offizier durch bloße Beförderung in diese Vertrauensstellung aufrückte, war mehr als ungewöhnlich. Gewiß, die gesellschaftlichen Voraussetzungen brachte Justinus, als Sohn eines Senators, natürlich mit, aber bisher hatte ich immer den Eindruck gehabt, als würde sein älterer Bruder das ganze Balsamieröl der Familie aufbrauchen. Im Hause Camillus Verus war es längst beschlossene Sache, daß Justinus nur die mittlere Beamtenlaufbahn einschlagen würde. Er wäre allerdings nicht der erste junge Mann, der die Erfahrung macht, daß die Armee sich nicht an vorgefertigte Karrierepläne hält – oder der, einmal dem Elternhaus entschlüpft, erstaunliche Fähigkeiten entwickelt.
    »Und wie reagiert die Vierzehnte auf diesen Verdacht? Was sagen ihre Soldaten dazu?«
    »Na ja, Gracilis ist erst seit kurzem bei der Truppe.«
    »Ich weiß. Und – ist er unbeliebt?«
    »Na ja, die Vierzehnte hatte da ein paar Probleme …« Justinus war bewundernswert taktvoll. Die Vierzehnte hatte nicht nur Probleme, sie war ein Problem, aber darüber ging er diskret hinweg. »Gracilis kann mitunter recht aggressiv werden. Und eine Legion, die ohnehin reizbar ist, nimmt das natürlich übel.«
    Ich entschloß mich, Vespasians vertrauliche Information mit ihm zu teilen. »Der Senat hat Gracilis seinen Posten verschafft. Sie wissen ja, wie das geht: ›Verehrter Florius, Ihr Großpapa war ein Freund von uns; höchste Zeit, daß Sie auf der Karriereleiter eine Sprosse höher klettern; wir wissen schließlich, was wir den Unsrigen schuldig sind …‹ Wie ist er denn so?«
    »Ach … ein Kraftsportler halt, laut und krachledern.« Einträchtig schüttelten wir uns.
    »Hören Sie, Tribun: Ich weiß, daß der Kaiser dem Gracilis nicht so recht traut, und nun erzählen Sie mir, er ist verschwunden. Vermutet die Erste Adiutrix vielleicht, daß der Legat kaltgemacht worden ist – am Ende gar von seinen eigenen Leuten?«
    »Olympus!« Justinus lief rot an. »Was für ein schrecklicher Gedanke!«
    »Aber offenbar nicht ganz abwegig.«
    »Schauen Sie, Falco, die Erste befindet sich in einer sehr schwierigen Lage. Wir haben keine Vollmacht einzuschreiten. Sie wissen ja selbst, wie das läuft – der Statthalter ist nicht greifbar, inspiziert gerade die Streitkräfte in Vindonissa … und falls Gracilis blaumacht, kommt die Offiziersehre ins Spiel. Außerdem hat mein Legat Angst, daß er sich blamiert, wenn er schweres Geschütz auffährt und auf einem Treffen mit dem Kommandanten der Vierzehnten besteht.«
    Ich nickte verständnisvoll. »Er würde ja auch dumm dastehen, wenn Gracilis ihm putzmunter entgegenkäme und sich lässig den Frühstücksbrei vom Kinn wischte!« Dann – offenbar hatte die Gesellschaft des Friseurs doch auf mich abgefärbt – fügte ich hinzu: »Vielleicht hat Gracilis sich auch einen neuen Haarschnitt verpassen lassen, der ihm jetzt so wenig gefällt, daß er untergetaucht ist, bis die Locken nachwachsen.«
    »Oder er hat plötzlich einen extrem peinlichen Ausschlag gekriegt …« Justinus klang auf einmal wie Helena und ihr Vater; hinter seiner ernsten Miene verbarg sich ein überaus sympathischer, humorvoller Zug. »Leider ist das Ganze kein Witz.«
    »Nein.« Tapfer unterdrückte ich die Sehnsucht, die sein vertrautes Lachen geweckt hatte. »Gracilis sollte rasch wieder zum Vorschein kommen, egal, welche Filzlaus er sich in den Pelz gesetzt hat.« Wenn es nur nichts Schlimmeres war! Eine Meuterei unter den Legionen, gerade jetzt, wo Ruhe eingekehrt zu sein schien, wäre für Vespasian eine Katastrophe. Und an die politischen Verwicklungen, die das Verschwinden eines weiteren römischen Legaten in Germanien auslösen würde, wollte ich erst gar nicht denken. »Ich verstehe schon, warum über die Geschichte, so lange es geht, kein Wort verloren werden

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