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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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braunen Augen musterten mich von oben bis unten, wogegen im Prinzip nichts zu sagen war. Schließlich hatte ich sie mir genauso gründlich angeguckt. Nur sah sie eigentlich nichts, sondern wollte mich bloß kränken.
    Ich zog eine Braue hoch. »Sicher machen Sie sich große Sorgen. Oder kommt es öfter vor, daß Gracilis einfach verschwindet?«
    »Die Gewohnheiten des Legaten gehen nur ihn etwas an.«
    »Nicht ganz, Gnädigste.«
    Wenn sie wütend war, verzog sich ihr Mund zu einer häßlichen Fratze. Und jetzt schäumte sie regelrecht, denn sie war es nicht gewohnt, daß Männer in unförmiger rotbrauner Tunika und mit Wollfutter in den abgelatschten Stiefeln ihr widersprachen. (Ich hätte mich schon gern mehr in Schale geworfen, aber meine Bank hatte mir dringend davon abgeraten, dieses Jahr wieder mein Budget zu überschreiten. Ein Bankier ist ja so leicht zu durchschauen. Mein Budget übrigens auch.)
    »Mänia Priscilla, die Sache ist leider sehr ernst! Ein Mann vom Range Ihres Gatten darf sich nicht plötzlich unsichtbar machen. Das schadet der Moral der Truppe. Und selbst der Kaiser könnte daran Anstoß nehmen … Falls Gracilis vor seinen Gläubigern in Deckung gegangen ist …« Ich hatte nur einen Scherz machen wollen, aber sie lachte bitter. Ins Blaue geraten, ins Schwarze getroffen. »Ach, es geht also wirklich um Geld?«
    »Kann schon sein.«
    »Könnten Sie mir eine Liste seiner Gläubiger geben?«
    Sie zuckte die Achseln. Vielleicht hatte Gracilis sie nur deshalb nach Germanien gebracht, damit sie nicht zu Hause seine diversen Vermögensverwalter becircen und ihnen Bares entlocken konnte. Männer wie er halten ihre Frauen vom heimischen Abakus fern. Ich bohrte noch ein bißchen nach, aber sie wußte offenbar wirklich nichts – was mich nicht überraschte.
    »Sie können mir also nicht weiterhelfen? Haben Sie denn gar keine Ahnung, wo Ihr Mann sein könnte?«
    »Hach, das weiß ich!« rief sie schelmisch. Ich verkniff mir meinen Ärger.
    »Gnädigste, hier geht es um wichtige Staatsgeschäfte. Ich bringe Ihrem Gatten eine Botschaft von Vespasian, und wenn der Kaiser eine Depesche schickt, dann erwartet er, daß sie ihren Adressaten auch erreicht. Wenn Sie mir jetzt also sagen wollen, wo ich Ihren Mann finde?«
    »Vermutlich bei seiner Mätresse.« Sie war so phlegmatisch, daß sie nicht einmal sehen wollte, welche Wirkung diese Information auf mich hatte.
    »Hören Sie«, sagte ich, immer noch um Beherrschung bemüht, »Ihr Privatleben geht mich nichts an, aber selbst wenn Sie eine noch so moderne Ehe führen, werden Sie und Gracilis sich doch an gewisse Spielregeln halten. Die gesellschaftliche Konvention ist da ja klar und deutlich.« Trotzdem zählte ich sie ihr noch einmal auf: »Er verplempert Ihre Mitgift; Sie halten sich an seinem Erbe schadlos. Er kann Sie verprügeln; Sie können ihn verleumden. Er gibt Ihnen moralischen Halt und ein extravagantes Nadelgeld, und dafür schützen Sie, Gnädigste, allzeit seinen guten Ruf in der Öffentlichkeit. Und darum passen Sie jetzt einmal ganz genau auf: Wenn ich ihn nicht finde, und das sehr rasch, dann gibt es einen Skandal! Und egal, was passiert ist: Den kann Gracilis gewiß nicht gebrauchen.«
    Begleitet vom atonalen Klimpern ihrer Pretiosen, sprang sie auf. »Wie können Sie sich unterstehen!«
    »Wie kann ein Legionskommandeur sich unterstehen, seinen Statthalter an der Nase herumzuführen und einfach zu verschwinden?«
    »Mir ist das völlig egal!« rief Mänia Priscilla, zum ersten Mal aus ihrer Apathie erwachend. »Machen Sie, daß Sie rauskommen, und lassen Sie sich hier nie wieder sehen!«
    Damit rauschte sie aus dem Saal, eine Woge unangenehm schweren Parfums zurücklassend. Bei ihrem zornigen Aufbruch war eine Haarnadel aus den schnörkeligen Zinnen ihres kunstvollen Haarturms geflogen und direkt vor meinen Füßen gelandet.
    Ich hob sie auf und reichte das Geschoß einer ihrer Zofen. Die Mädchen sammelten bedrückt ihre Siebensachen ein und folgten ihrer Herrin.
    Mich hatte der theatralische Abgang nicht beeindruckt. Irgendwo in dieser weitläufigen Residenz saß bestimmt ein verhutzelter alter Buchhalter, der realistischer auf meine Fragen reagieren würde als die zickige Ehefrau. Er wußte sicher auch, welche Gläubiger Gracilis tagtäglich mit Versprechungen abspeiste, und wenn ich ein bißchen Interesse an seiner harten Arbeit bekundete, würde er mir womöglich sogar ihre Namen verraten.
    Und was die Mätresse des Legaten betraf, so

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