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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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war ein reicher Senator gewesen, der ganz oben auf der Karriereleiter stand und als Mensch vermutlich genauso unausstehlich war wie alle anderen seines Standes. Aber wenn Helena sich so ins Zeug legte, konnte ich einfach nicht widersprechen. Also küßte ich sie noch einmal, und wir gingen nach Hause.
    In der Festung ertappten wir meine Nichte Augustinilla dabei, wie sie die Wachen am Prätorianertor terrorisierte. Zum Glück waren die Männer so erleichtert über unsere Hilfe, daß sie mich das mißratene Gör ungestraft unter den Arm klemmen und davontragen ließen. Augustinilla strampelte und schrie und beschimpfte uns alle miteinander auf das Furchtbarste.

XXXIV
    Der Rest des Tages verlief ruhig. Justinus hatte seinen zerbrochenen Weinkrater entdeckt und daraufhin fluchtartig das Haus verlassen. Er war sehr böse, aber zu höflich, um Krach zu schlagen.
    »Wenn dein Bruder so weitermacht, wird man ihn sein Leben lang ausnutzen.«
    »Ich dachte, er hätte seine Gefühle deutlich gezeigt!« Helena war genau wie er; auch sie verkrümelte sich, wenn sie böse war.
    Vor dem Essen schickte ich Augustinilla zum Tribun, um sich zu entschuldigen. Da bis jetzt noch niemand von ihr verlangt hatte, daß sie sich für irgend etwas entschuldigte, stürzte sie sich mit unverfälschtem Pathos in die Aufgabe, was auf Justinus die gleiche Wirkung hatte wie der armselige kleine Hund, den er gerettet hatte. Während sie ihn mit schwärmerischem Blick anhimmelte, erwachte sein Beschützerinstinkt. Es war Augustinillas erste Begegnung mit einem reichen Jüngling in schmucker Uniform; ich sah schon das Erbe ihrer Mutter durchschlagen.
    Was Camillus Justinus anging, so konnte ich mir freilich gut vorstellen, daß er nicht nur leicht entflammbaren Schulmädchen das Herz gebrochen hatte. Die Frauen lieben nun mal das Tiefgründige, Sensible. (Ganz besonders bei einem Mann, der obendrein noch so aussieht, als würde er große Rechnungen wie ein Kavalier begleichen.) Justinus machte den Eindruck, als brauche er ein nettes Mädchen mit einem großen Herzen, das ihn aus der Reserve locken würde. Wenn er daheim in Rom seine nachdenklichen braunen Augen in ein paar Speisezimmern umherschweifen lassen könnte, dann fände er im Nu eine ganze Reihe netter Mädchen – und ebenso hilfsbereite reife Frauen –, die ihn dreimal die Woche aus der Reserve locken würden.
    In Moguntiacum mußte er nur vor einer Achtjährigen auf der Hut sein, die fand, er sähe aus wie der junge Apoll. Bis jetzt hatte Augustinilla noch zuviel Respekt vor seinem hohen Rang, als daß sie seinen Namen auf Häuserwände gekritzelt hätte. Und bis sie den Mut fand, liebeskranke Briefchen unter seine Frühstücksschüssel zu schieben, würde alle Tinte im nordischen Winter eingefroren sein und Justinus diese Peinlichkeit ersparen.
     
    Am nächsten Morgen kamen gleich zwei Mitteilungen: Die Mätresse des Legaten ließ mich wissen, daß ihre Diener Gracilis häufig in Gesellschaft von Töpfern gesehen hatten. Und der Töpfer Mordanticus wußte zu berichten, daß eine Mätresse im Spiel sei.
    »Das geht ja alles schön im Kreis herum!« dachte ich.
    Ich nahm an, die Mätresse meinte die Töpfer von Moguntiacum. Der gute Mordanticus aber meinte eine andere Mätresse – das ging aus seiner Nachricht eindeutig hervor. Ich schickte Julia Fortunata ein höfliches Dankschreiben und betonte, daß ich ihren wertvollen Hinweisen sobald wie möglich nachgehen würde. Bei Mordanticus schien mir ein Besuch angebracht.
    Zuvor machte ich aber noch den Zenturio Helvetius ausfindig, den ich zuletzt in der Nähe von Cavillonum gesehen hatte. Er war nicht schwer zu finden, so lautstark, wie er seine Kommandos brüllte, während er sich redlich mühte, den tolpatschigen, O-beinigen, spreizfüßigen, hirnlosen Rekrutenhaufen, mit dem ich ihn schon auf dem Marsch durch Gallien getroffen hatte, auf Vordermann zu bringen. (Die schmeichelhaften Adjektive stammten übrigens allesamt von ihm.) Er hatte die Aufgabe, diesen Prachtexemplaren Laufen, Springen, Reiten, Schwimmen, Fechten und Ringen, Speerwerfen, Torfstechen, Mauer- und Palisadenbau beizubringen. Ferner sollten sie noch lernen, wie man aus den Schilden ein Schutzdach formt, Rom liebt, alles Unehrenhafte haßt und woran man den Feind erkennt: »Bläuliche Gesichtsfarbe, rotes Haar, karierte Hosen, schrecklich laut und ungehobelt – ja, und sie zielen mit Wurfgeschossen auf eure Köpfe!« Helvetius mußte die Kameraden aussondern, die beim

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