Eisenhand
kannte. Aber auch ich habe die beiden Männer vorher gesehen – als sie noch sehr lebendig waren!«
»Und wo?«
»In Lugdunum, genau wie Sie.«
»Waren Sie beruflich dort?«
»Eigentlich schon. Manchmal ist unsere Armee ja sehr tüchtig! In dem Fall hatte unser Kommandeur einen Geistesblitz und schickte mich auf eine Reise, die zwei – nein, sogar drei – Fliegen mit einer Klappe schlagen sollte: Heimaturlaub, Rekrutenanwerbung und dann ein Abstecher, um die Ausschreibungen für die Geschirrlizenz zu überprüfen. So stand’s jedenfalls in meinem Marschbefehl.«
»Aber dann kam etwas dazwischen.« Ich konnte es mir fast denken.
»Na ja, ich kam hin, aber es lohnte sich nicht mehr, die Lieferanten zu erfassen. Seine Hochwohlgeboren Gracilis war nämlich schon vor mir dagewesen und hatte im Namen aller Legionen Ober- und Untergermaniens den ganzen Handel abgeschlossen.«
»Nein, so was!« staunte ich. »Bedenken Sie nur die Verantwortung!«
»Ha! Ein Reibach war das – falls er Provision gekriegt hat!« Helvetius hatte offenbar seine eigenen Schlüsse gezogen.
»Vorsicht, Zenturio! Und was war mit den beiden Töpfern von hier?«
»Genau wie Sie habe ich mitangesehen, wie die zwei in einen handfesten Krach verwickelt wurden.«
»In einem großen Pulk?«
»Nein, nur mit einer höhnisch grinsenden Bohnenstange samt Anhang. Den Dürren habe ich übrigens später nochmal gesehen.«
»Ach, ja?«
»Da staunen Sie, was? Auf der Landstraße; einen Tag, bevor wir die zwei Pechvögel mausetot aus dem Graben gefischt haben.«
Das war freilich eine hochinteressante Neuigkeit. An den Gallier mit der höhnischen Visage erinnerte ich mich natürlich auch, aber unterwegs hatte ich ihn wohl übersehen. Allmählich sah es gar nicht gut aus für Gracilis. Ich vereinbarte mit Helvetius, daß wir diese Geschichte einstweilen für uns behalten würden. Er musterte mich von der Seite und fragte: »Sollen Sie hier eine Akte über die Schieber und schwarzen Schafe anlegen?«
Allmählich sah es ganz so aus.
In der Töpferei stellte ich die beiden einander vor und ließ dann Helvetius berichten, was er bei den Behörden in Cavillonum erreicht hatte. Der Magistrat hatte sich natürlich nicht sonderlich für die beiden Toten interessiert. Helvetius ging im Gespräch mit dem Freund der Ermordeten diskret darüber hinweg, aber ich hörte doch heraus, was geschehen – oder vielmehr nicht geschehen war.
Ich ließ die beiden, die immer noch über Bruccius und seinen Neffen sprachen, allein und machte derweil einen Rundgang durch den Ausstellungsraum, wo ich sehnsüchtige Blicke auf das samnische Tafelgeschirr warf. Als Mordanticus herauskam, fragte er, ob mir irgend etwas besonders gut gefalle.
»Ach, ich finde einfach alles schön! Ihre Sachen haben wirklich Stil!« Das war keine leere Schmeichelei: Seine Ware leuchtete in satten Farben, war erstklassig gebrannt, mit geschmackvollen Mustern, schöner Glasur und lag gut in der Hand. »Ich würde mir schon gern ein hübsches Service bei Ihnen aussuchen – nur leider hapert es am passenden Ambiente dazu.«
»Wie das? Ich dachte, Sie haben eine reiche Freundin!« Der Ton, in dem er das sagte, machte seinen Witz selbst für ein Sensibelchen wie mich akzeptabel.
Also spielte ich ausnahmsweise mit. »Ach ja, die fruchtbaren Güter in den Albaner Bergen gehören alle ihrem Vater. Und nun sagen Sie selbst: Wenn Sie an seiner Stelle wären, würden Sie Ihr sauerverdientes Vermögen an einen Flegel wie mich verschleudern?« Außerdem hatte ich schließlich meinen Stolz.
Nicht nur die Hoffnung, Helena zu meiner Frau machen zu können, hatte mich auf diese Wahnsinnsmission für den Kaiser getrieben. Nein, ich träumte auch davon, eines Tages aus meinen elenden Verhältnissen rauszukommen. Ich wünschte mir ein eigenes Haus – still, umgeben von weinbelaubten Wandelgängen, großzügig und weitläufig und mit viel Licht zum Lesen. Ein Haus, in dem ich eine Amphore guten Weins bei richtiger Temperatur lagern konnte, um sie irgendwann bei einem philosophischen Gespräch mit meinem Freund Petronius Longus an einem mit spanischem Linnen gedeckten Ahorntisch zu leeren – vielleicht sogar aus samnischen Bechern, falls wir uns an meinen ziselierten Bronzekelchen mit den Jagdszenen und an meinen goldgesprenkelten phönizischen Gläsern sattgesehen hätten …
Ich lenkte das Gespräch auf handfestere Themen zurück. »Schönen Dank auch für Ihre Nachricht. Was hat es mit dieser Frau auf sich?
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