EISENHEIM: THRILLER: Erstes Buch (German Edition)
Dreiviertelstunde zur Verfügung, wenn nicht gar noch mehr. Das hing ganz davon ab, was Forester mit den Clines vorhatte.
Trevor ging ungeniert an die Haustür und klingelte zuerst bei den Clines. Er wartete kurz und klingelte erneut. Niemand antwortete, also klingelte er bei mehreren Bewohnern. Einer meldete sich und während er sich bei dem Unbekannten entschuldigte, drückte bereits ein anderer den Türsummer. Trevor musste hoffen, dass das Treppenhaus wie auch der Flur zu der Wohnung der Clines sauber war. Er würde keine zwei Minuten brauchen, um die Tür zu öffnen.
Er fand die Apartmenttür der Clines im zweiten Stock. Das Haus hatte schon beim Betreten des Treppenhauses einen gutmütigen Eindruck auf Trevor gemacht. Das Haus schien jeden Lärm in sich zu verschlucken. Es war nicht hellhörig, zudem drang kaum Tageslicht in die Flure. Trevor dachte nicht daran, den Lichtschalter zu betätigen.
Vor Apartmenttür 2D angekommen, legte er den Pizzakarton zu Boden und klopfte noch einmal kurz an die Tür. Dann atmete er tief ein, zog rasch ein Lederetui hervor, daraus zwei dünne, biegsame Metallstifte und fuhr mit ihnen in das Schloss. Es dauerte etwa dreißig Sekunden, bevor Trevor die richtige Einstellung mit beiden Metallstiften fand. Dann machte er eine kleine Drehbewegung nach rechts und die Tür sprang auf. Trevor stieß den Pappkarton mit der alten Pizza mit seinem Fuß in das Apartment und schlüpfte sogleich hinterher. Leise ließ er die Tür zurück in das Schloss gleiten und sah sich zunächst in Ruhe um.
Das Regal, von dem Forester gesprochen hatte, fiel ihm sofort ins Auge. Kleine Bilderrahmen fehlten dort, wie Forester ihm erzählt hatte, anscheinend auch wie in der Küche, links vom Kühlschrank. Als Erstes bewegte sich Trevor in die Küche und besah sich diesen Wandabschnitt, um einen Eindruck davon zu erhalten, von welcher Rahmengröße er auszugehen hatte. Er glaubte
hinsichtlich der freistehenden Nägel dort, von exakt vier Bilderrahmen in der Küche ausgehen zu können sowie von weiteren drei bis vier Rahmen, die in dem schmalen Bücherregal im
Wohnzimmer gestanden hatten.
Auf allen verbliebenen Fotos, die neben dem Kühlschrank hingen, war ausschließlich Hanaa abgebildet gewesen. Hanaa war ein hübsches kleines Mädchen.
Doch Trevor war nicht nur auf der Suche nach Bilderrahmen. Forester hatte ihn ausdrücklich davor gewarnt, für unnötigen Lärm oder für eine verdächtige Geräuschkulisse zu sorgen, während er sich in der Wohnung der Clines aufhielt. Darunter fiel Foresters Meinung nach Pfeifen und Summen, vor allem aber das Singen von irgendwelchen alten Soulnummern. Forester kannte Trevor schon sehr gut. Singen war Trevors große Leidenschaft. Er sang für sein Leben gerne, auch bei der Arbeit und vor allem die großen Soulstücke. Dass Forester aber darauf gekommen war, er würde bei einer Nummer wie dieser hier zu singen anfangen, verwunderte Trevor. Wenn er eines nicht war, dann eiskalt – ein wenig schusselig vielleicht, aber nicht eiskalt.
Trevor machte sich als Erstes auf, um genau diese Gefahrenquellen zu sondieren, von denen Forester so eindringlich gesprochen hatte. Er musste dabei sehr behutsam vorgehen – so behutsam, wie er die Wohnungstür der Clines hinter sich geschlossen hatte. Er durfte keinen Ton von sich geben. Trevor schritt lautlos zurück in das Wohnzimmer. Für ihn kamen hier zunächst nur die zwei Bilder an der Wand infrage sowie das Fernsehgerät. Doch stellte er fest, dass sie sich zu weit von der Sitzgruppe entfernt befanden. Er hatte von Forester gelernt, dass Wanzen immer dort installiert waren, wo sie am effektivsten arbeiteten. Trevor ließ seine Blicke aufmerksam durch den Wohnbereich schweifen.
Über der grauen Sitzgruppe hing ein runder, beigefarbener, papyrusdünner Lampenschirm. Sein Instinkt riet ihm, von oben in den Lampenschirm hineinzusehen. Aus der Küche holte sich Trevor einen Stuhl, setzte ihn vorsichtig zwischen grauer Couchgarnitur und Couchtisch ab, stieg darauf und sah von oben in den runden Lichtkörper hinein. Er war überrascht, denn mit einem so schnellen Erfolg hatte er nicht gerechnet:
Es befand sich hier nicht nur eine Wanze darin, sondern ein richtiges kleines Mikrofon! Es war mit der Stromzufuhr der Lampe verdrahtet und hatte sogar einen kleinen Sender an der Seite installiert. Trevor griff in seine rechte Jackentasche, zog Foresters kleine schwarze Kamera hervor, knipste in den Lichtkörper hinein und stieg wieder
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