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Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Titel: Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Wetter weiter, überdies war es inzwischen stockfinster. Sie hatten ihr Ziel eigentlich noch im Hellen erreichen wollen.
    Abends hatte dann der Bauer von Veturhús im Inneren des Eskifjörður, der auf dem Weg zu seinem Pferdestall gewesen war, plötzlich vor einem Soldaten gestanden, der völlig durchfroren und entkräftet war. Trotzdem konnte er sich irgendwie noch verständlich machen, und der Bauer begriff, dass da noch viele andere in Gefahr schwebten. Ein paar Männer vom Hof machten sich mit Laternen auf den Weg, um nach ihnen zu suchen. Am Rand der Heuwiese fanden sie noch zwei Teilnehmer an der Expedition. Dank des Einsatzes der Leute von Veturhús konnten nach und nach weitere Soldaten zu Tal gebracht werden, zum Schluss waren es achtundvierzig. Der sintflutartige Regen hatte sämtliche Flüsse im Tal anschwellen lassen, dass sie unpassierbar geworden waren, doch um in den Ort zu kommen, musste man die durchqueren. Ein paar Soldaten hatten es mit knapper Not über die beiden Arme der Þverá geschafft, doch dann standen sie vor der tosenden Eskifjarðará und konnten nun weder vor noch zurück. Man hörte ihre Hilferufe von Veturhús aus. Vier von ihnen erfroren am jenseitigen Ufer. Einige Soldaten gelangten unter größten Strapazen bis in den Ort.
    Bei Anbruch des nächsten Tages hatte sich das Wetter etwas gelegt. Der Bauer ging mit einem Unteroffizier aus der Truppe ins Eskifjarðardalur, wo sie weitere Soldaten fanden. Einige lebten noch, andere waren tot, darunter auch der Führer des Trupps. Eine Leiche wurde am Fjordufer gefunden, man nahm an, dass er beim Versuch, die Eskifjarðará zu überqueren, von den Wassermassen mit ins Meer gerissen worden sei. Doch alle, die zu der Truppe gehört hatten, wurden schließlich gefunden, tot oder lebendig. Dieser tödliche Kampf mit den erbarmungslosen Naturgewalten war lange in aller Munde, und jeder wusste, dass es noch viel schlimmer hätte ausgehen können, wenn nicht die Leute von Veturhús so schnell und unerschrocken reagiert hätten.
    »An die britischen Soldaten erinnern sich hier noch viele, aber kaum jemand an Matthildur«, sagte Bóas, der mit der Füchsin auf der Schulter vor Erlendur herstapfte. »Aber sie verschwand ebenfalls in diesem Unwetter. Ihr Mann sagte später aus, sie habe nach Reyðarfjörður hinübergewollt, und zwar auf dem gleichen Weg wie die Soldaten, über die Irrlichtscharte. Sie kannte die Strecke, denn sie ging sie nicht zum ersten Mal. Man fragte die Soldaten nach ihr, aber keiner war ihr unterwegs begegnet.«
    »Hätten sie ihr denn begegnen müssen?«, fragte Erlendur.
    »Sie waren zur selben Zeit in demselben Gebiet und in demselben Unwetter unterwegs. Sie kamen zwar aus entgegengesetzten Richtungen, aber sie hätten sich aller Wahrscheinlichkeit nach begegnen müssen. Doch natürlich kämpften dort alle um ihr Leben, an etwas anderes konnten sie vermutlich nicht denken. Die Soldaten wurden allesamt gefunden, viele lebend, andere tot, und von ihr fand man nicht die geringste Spur. Als sich herausstellte, dass sie nicht in Reyðarfjörður angekommen war, wurde eine Suche organisiert, aber da war bereits viel Zeit verstrichen, seit sie sich auf den Weg gemacht hatte.«
    »Was hat ihr Mann dazu gesagt?«
    »Weiter nichts, als dass ihre Mutter in Reyðarfjörður lebte und Matthildur entschlossen gewesen war, über die Irrlichtscharte zu gehen, denn sie glaubte, die Route zu kennen. Ihr Mann behauptete, dass er versucht habe, sie davon abzubringen, sie habe aber nicht auf seine Worte gehört. Er hat es so ausgedrückt, dass es wohl vorherbestimmt gewesen sei, dass sie sterben musste.«
    »Weshalb ist er nicht mit ihr gegangen?«
    »Das weiß ich nicht. Aber dass sie sich auf den Weg gemacht hat, davon hat er erzählt, noch bevor etwas über die britischen Soldaten bekannt wurde. Er wusste also nicht, dass sie ebenfalls dort unterwegs waren.«
    »Hat er damals gleich gesagt, dass sie verschollen war?«
    »Nein, nur, dass sie sich auf den Weg gemacht hätte.«
    »Hat das etwas zu bedeuten?«
    »Die Soldaten hätten ihr doch begegnen oder sie zumindest sehen müssen. Na ja, genau kann man das natürlich nicht wissen, wenn das Unwetter bereits hereingebrochen war. Als ihre Angehörigen in Reyðarfjörður befragt wurden, ob sie sie an diesem Tag erwartet hätten, fielen sie aus allen Wolken. Ihren Aussagen zufolge wussten sie nichts davon, dass sie zu Besuch kommen wollte, weder an diesem Tag noch an irgendeinem

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