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Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Titel: Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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muss, habe ich noch nie mit irgendeinem Menschen gesprochen, und nur wegen der ganz besonderen Umstände, in die wir hineingeraten sind, breche ich nun mein Schweigen. Du warst sicher erstaunt, weshalb ich so gegen eine Verbindung zwischen Jakob und dir war. Ich fürchte, dass das, was ich dir sagen muss, sehr unerfreulich ist. Ich hoffe, du verzeihst mir.
    Ich weiß nicht, wie ich es in Worte fassen soll, am besten sage ich ganz direkt: Jakob ist der Vater meines ältesten Sohnes. Er streitet das ab, aber es ist die Wahrheit. Es passierte in Djúpivogur, als ich dort den Sommer über gearbeitet habe. Ich habe ihm gesagt, dass ich schwanger von ihm war, aber er hat meine Worte angezweifelt und mich beschimpft, hat mich eine Dirne genannt. Die Worte, die er gebraucht hat, werde ich ihm nie verzeihen können. Deswegen bin ich nach Reykjavík gezogen. Hier habe ich meinen Mann kennengelernt, Halldór ist ein überaus guter Mensch, und ich bin sehr glücklich mit ihm. Ich habe weder euch, meinen Schwestern, noch unserer Mutter gesagt, was damals passiert ist. Doch inzwischen ist unsere Schwester Jóhanna meine Vertraute, und sie hat mir sehr geholfen. Jakobs Sohn ist ein ausgelassener kleiner Bursche, und er sieht seinem Vater etwas ähnlich.
    Du weißt, dass ich kein Mensch bin, der andere mit übler Nachrede anschwärzen möchte, aber ich muss dir einfach die ganze Wahrheit sagen. Jakob hat mir alles Mögliche angedroht, und ich hatte Angst vor ihm. Ich habe auch gehört, dass er eine Frau in Höfn, mit der er ebenfalls ein Verhältnis hatte, geschlagen hat. Mir hat er gesagt, dass er alle möglichen Klatschgeschichten über mich in Umlauf bringen würde, wenn ich ihn nicht in Ruhe lassen würde. Und das hat er auch getan, bevor ich wegging. Er hat mir Gewalt angedroht und Worte verwendet, die ich nicht zu Papier bringen kann.
    Meine liebste Matthildur, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie mir zumute war, als ich erfuhr, dass ihr beide ein Paar wart, ich habe meinen Ohren nicht getraut. Und vielleicht habe ich viel zu lange gezögert, dir die ganze Wahrheit zu sagen. Wahrscheinlich schäme ich mich immer noch dafür, dass ich mich von ihm habe verführen lassen, ich kann es mir immer noch nicht verzeihen. Ich wünschte, ich könnte dir einen guten Rat geben, aber ich weiß nicht, was ich sagen soll. Vielleicht hat er sich ja geändert, auch wenn ich nicht recht daran glauben kann.
    Liebe Matthildur, es tut mir so leid, dass ich dir das sagen muss, aber Jakob ist kein ehrlicher Mensch. Er ist kein guter Mensch. Verzeih mir diesen schrecklichen Brief.
    Deine Schwester
    Ingunn
    Erlendur faltete das Blatt wieder zusammen, steckte es vorsichtig in den Umschlag und reichte ihn Ninna.
    »Hat sie Jakob diesen Brief gezeigt?«, fragte er.
    »Ja, selbstverständlich hat sie das getan«, antwortete Ninna. »Und er hat alles weit von sich gewiesen, wie ich dir gesagt habe. Er hat alles abgestritten, immer.«
    »Matthildur hat damals vor einer schwierigen Entscheidung gestanden, nicht wahr?«
    »Sehr wahrscheinlich.«
    »Wollte sie ihn verlassen?«
    »Ich glaube, sie hat gesehen, dass es keine andere Lösung gab.«
    »Aber vielleicht wollte sie nicht auf die Art und Weise weggehen, wie sie es dann tat.«
    »Darüber weiß ich nichts.«
    »Wenn ich es richtig verstanden habe, hatte Jakob hier im Osten keinen sonderlich guten Ruf«, sagte Erlendur. »Glaubst du, dass es wegen dieser Sache sein könnte? Dass sich etwas herumgesprochen hatte?«
    »Ich habe wirklich keine Ahnung«, sagte Ninna. »Aber ich bin jetzt müde. Du solltest gehen.«
    »Dieser Sohn von Ingunn und Jakob, wo befindet er sich?«
    »Er hat hier in den Ostfjorden gelebt. Soweit ich weiß, ist er halb blind und lebt im Altersheim in Egilsstaðir. Er wurde nach dem Vater der Schwestern Kjartan getauft.«
    »Kjartan Halldórsson?!«, sagte Erlendur und dachte an den Mann, der ihm gestattet hatte, sich die Kiste anzusehen, die seiner Mutter gehört hatte.
    »Ja, den Vatersnamen bekam er von seinem Stiefvater Halldór«, erklärte Ninna. »Ingunn wollte nicht, dass ihm der Name von Jakob anhing. Kennst du ihn?«
    »Eine Frau, die ich kenne, hat mich an ihn verwiesen. Und jetzt weiß ich auch, weshalb.«

Neunzehn
    Als die Wolkendecke wieder aufreißt, erinnert er sich daran, einmal etwas über eine ganz einfache Methode gegen Unterkühlung gelesen zu haben. Er kann sich aber nicht daran erinnern, dass er sie je angewandt hätte. Trotzdem hat er das Gefühl, als habe

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