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Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Titel: Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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plötzlich erfahren hat. Sie war meine Freundin, ich verurteile sie nicht. Ich hab mir selber auch ein ziemlich verkorkstes Subjekt angelacht, aber ich möchte trotzdem nicht schlecht über meinen Viggó sprechen.«
    Ninna blickte ihn mit ihren alten Augen an.
    »Am schlimmsten ist es, wenn diese Nichtsnutze anfangen zu trinken«, sagte sie.
    Erlendur musste innerlich lachen.
    »Sie hat plötzlich von einer Sache erfahren?«, fragte er.
    »Ja.«
    »Von welcher Sache denn?«
    »Dass sie beide denselben Mann hatten.«
    »Von wem sprichst du?«
    »Matthildur und Ingunn. Ich meine, nicht gleichzeitig. Matthildur hat ihn erst später kennengelernt.«
    »Moment mal, ich weiß nichts davon, dass Jakob ihre Schwester kannte«, sagte Erlendur, der sich an den Brief von Matthildur an Ingunn erinnerte.
    »Jakob und Ingunn waren schon so gut wie ein Paar, aber dann war es ganz plötzlich vorbei. Matthildur hat mit mir darüber gesprochen, wie sehr Ingunn dagegen war, dass sie diesen Mann heiratete, aber damals war Ingunn schon in Reykjavík. Ich glaube, dass sie wegen dieser Affäre mit Jakob weggezogen ist. Aber was weiß ich schon? Das ging mich doch nichts an.«
    Scheusal hatte jemand mit großen Buchstaben über Jakobs Nachruf gekritzelt, den Ingunn aufbewahrt hatte. Es war keineswegs sicher, dass Ingunn das geschrieben hatte, in jedem Fall aber zeugte das Wort von Wut und Hass. Und wenn man Ninnas Worten Glauben schenken durfte, war die Wahrscheinlichkeit nicht gering. Ingunn und Jakob hatten sich gekannt, bevor sie nach Reykjavík ging, um ein neues Leben zu beginnen, und dann hatte das Schicksal es so gewollt, dass Jakob ihre Schwester heiratete.
    »Wusste Matthildur von der Beziehung zwischen Ingunn und Jakob?«, fragte Erlendur.
    »Von wegen wusste! Nein, das kam alles erst ans Licht, nachdem sie geheiratet hatten. Da kam dann auch ans Licht, welche Früchte die Beziehung hervorgebracht hatte.«
    »Früchte?«
    »Es wurde alles geheim gehalten, aber ich wusste es. Vielleicht auch noch ein paar andere. Ingunn zog fort und kam nur ganz selten wieder zurück.«
    »Du wusstest was?«
    »Ich wusste von dem Kind«, sagte Ninna. »Ingunn hat ein Kind von Jakob bekommen. Matthildur war außer sich, als sie davon erfuhr. Vollkommen außer sich.«

Achtzehn
    Ingunn hatte den Vater des Kindes nicht angegeben und niemandem von ihrem Zustand erzählt. Als sie herausfand, dass sie schwanger war, entschloss sie sich, nach Reykjavík zu gehen. Sie spielte mit dem Gedanken an eine Abtreibung und bekam auch die Adresse von jemandem, der so etwas durchgeführt hätte, aber im letzten Moment entschied sie sich anders. Sie nahm eine Arbeit in der Fischfabrik an und hatte es sehr schwer als alleinstehende Mutter, doch dann lernte sie einen Mann kennen, der Vorarbeiter bei einer Reederei war. Sie heiratete ihn und bekam weitere drei Kinder mit ihm. Sie blickte nie zurück, und solange Jakob noch am Leben war, vermied sie es, nach Reyðarfjörður oder überhaupt in die Ostfjorde zu fahren.
    Als sie ihm kurz vor ihrem Weggang nach Reykjavík gesagt hatte, dass sie ein Kind von ihm erwartete, wies Jakob es rundheraus von sich, der Vater zu sein. Ingunn hatte einen Sommer lang in Djúpivogur gearbeitet, dort hatte sie ihn kennengelernt und gegen Ende des Sommers einmal mit ihm geschlafen. Sie war in ihn verliebt und hielt ihn für einen anständigen Mann, doch das Gegenteil stellte sich heraus. Nachdem er mit ihr geschlafen hatte, kühlte sein Interesse merklich ab, und schließlich erklärte er ihr unmissverständlich, sie solle damit aufhören, ihm nachzustellen. Damit war ihre Beziehung zu Ende, noch ehe sie richtig begonnen hatte. Als sie zu ihm ging, um ihm zu sagen, dass sie schwanger von ihm war, wurde er wütend und sagte, sie würde nie beweisen können, dass das Kind von ihm sei, nannte sie ein Flittchen und erklärte, nichts mehr mit ihr zu tun haben zu wollen. Sie solle sich bloß nicht unterstehen, ihm das Kind anzuhängen. Das waren seine letzten Worte.
    Ingunn war zutiefst getroffen und verzweifelt, zog es aber vor, zu schweigen. Sie hatte oft davon gesprochen, nach Reykjavík zu gehen und eine Zeit lang dort zu arbeiten, deswegen überraschte es niemanden, als sie dieses Vorhaben schließlich in die Tat umsetzte. Ihr gesamter Besitz passte in einen Koffer. Und einige Monate später kam dann ihr Sohn zur Welt, dem später ihr Mann ein guter Vater wurde.
    »Matthildur wusste das alles«, sagte Ninna und sah Erlendur scharf an.

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