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Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Titel: Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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war so in Aufruhr, dass er nicht hörte, wie sie gegen Morgen leise das Haus betrat und die Tür hinter sich schloss. Sie sah ihn sofort und war zu Tode erschrocken, weil sie davon ausgegangen war, dass er erst am nächsten Tag zurückkommen würde. Als er sie erblickte, sahen sie sich einen Augenblick lang in die Augen, und sie wusste, dass er der Wahrheit auf die Spur gekommen war. Blitzschnell versuchte sie, kehrtzumachen, die Tür zu öffnen und nach draußen zu gelangen, um zu Ezra zu laufen und sich in Sicherheit zu bringen, aber da hatte er sie bereits gepackt und zu Boden geworfen.
    »Wohin so eilig?«, flüsterte er heiser vor Wut und schlug die Tür zu.
    Matthildur versuchte, auf die Beine zu kommen, aber das ließ er nicht zu. Er setzte sich rittlings auf ihren Bauch und umschloss ihren Hals mit seinen kräftigen Pranken, er drückte zu und schüttelte sie so heftig, dass ihr Kopf immer wieder auf den Fußboden prallte.
    »Zu ihm?«, fauchte Jakob. »Willst du zu ihm laufen? Glaubst du etwa, dass er dir jetzt helfen kann?«
    Matthildur konnte kein Wort herausbringen, so unkontrollierbar waren seine Wut und sein Griff. Er packte noch fester zu und stieß Verwünschungen aus, bis er auf einmal spürte, dass ihr Körper schlaff wurde. Der Kopf schlackerte seltsam schwer und leblos und schlug mit einem harten Geräusch auf den Boden, als er seinen Griff lockerte. Er starrte auf den reglosen Körper hinunter. Nach und nach verebbte seine Wut. Nach einiger Zeit stand er auf und starrte auf Matthildur hinunter, so heftig keuchend, als hätte er an einem Langstreckenlauf teilgenommen. Zuerst war ihm überhaupt nicht klar, was er getan hatte. Er rief ihren Namen und stieß sie mit dem Fuß an. Langsam, aber sicher ging ihm auf, dass sie tot sein musste. Ihr Kopf hing so seltsam schief am Rumpf. Er wusste nicht, ob er sie erdrosselt oder ihr das Genick gebrochen hatte. Er wusste nur, dass sie nicht mehr am Leben war.
    Völlig benommen setzte er sich auf einen Stuhl und rang nach Atem. Irgendwann hörte er, wie der Wind am Dach rüttelte, das ganze Haus schien zu knarren und zu schwanken. Er wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, als er aus seinem Dämmerzustand aufschreckte. Er sah, dass es schon fast Mittag war, als er zum Fenster ging, zu den Bergen hinaufschaute und überlegte, was zu tun war.
    »Mörder!«, stöhnte Ezra, sprang auf und wich voller Abscheu vor Jakob zurück. »Ich habe es nicht glauben wollen. Ich habe nicht wahrhaben wollen, dass du so etwas tun könntest! Dass du zu so etwas imstande wärst!«
    Jakob sah ihn lange an.
    »Es ist deine eigene Schuld, Ezra«, sagte er ganz ruhig, so als sei gar nichts vorgefallen. »Wenn du sie mir nicht genommen hättest, wäre sie noch am Leben.«
    »Verfluchter Schwachsinn!«, sagte Ezra. Er marschierte zur Tür und öffnete sie.
    »Mach keinen Blödsinn, Ezra«, rief Jakob hinter ihm her. »Damit schadest du nur dir selbst, Ezra …«
    Ezra schlug die Tür hinter sich zu. Jakob blieb ruhig in seinem Sessel sitzen und trank einen Schluck aus der Flasche. Im Geiste sah er Matthildurs leblosen Körper auf dem Boden liegen, erinnerte sich, wie schwer sie gewesen war, als er sie hochhob. Er blickte zur Tür und wartete. Geraume Zeit verging, bis sie sich wieder öffnete. Ezra erschien, betrat das Haus und schloss sie hinter sich.
    »Weshalb erzählst du mir das alles?«, fragte er und ging auf Jakob zu. »Warum gestehst du mir das? Womit sollte ich mir selber schaden? Wie kannst du so ruhig sein?«
    Ein Grinsen umspielte Jakobs Lippen.
    »Du bist wirklich ein Armleuchter.«
    »Was hast du gemacht?«
    »Es ist kein Problem, dir das Ganze in die Schuhe zu schieben, Ezra.«
    »Wovon redest du eigentlich?«
    »Dass du dir selbst am meisten schaden würdest, wenn du irgendjemandem davon erzählst«, sagte Jakob. »Ich werde dir den Mord anhängen und ihnen von eurem kleinen Abenteuer erzählen. Ich werde sagen, dass Matthildur vorhatte, dieser absurden Beziehung zwischen euch ein Ende zu setzen. Sie fühlte sich elend, weil sie wusste, dass du Schwierigkeiten machen würdest. Und sie wollte dir das sagen, sobald sie aus Reyðarfjörður zurückgekehrt wäre. Doch irgendwann wären mir Zweifel daran gekommen, ob sie den Gang über die Berge überhaupt jemals angetreten hätte, weil du ihr wahrscheinlich aufgelauert hättest. Und bei dieser Gelegenheit hätte sie dich vermutlich vor vollendete Tatsachen gestellt, und dann wärst du wohl in deiner Wut über sie

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