Eisfieber - Roman
gab, was er hätte unternehmen können, musste sie ihn auf dem Laufenden halten. Zudem wollte sie unter allen Umständen vermeiden, dass er von dem Einbruch aus den Nachrichten erfuhr.
Sie fürchtete sich vor dem Gespräch, in dem sie ihm mitteilen musste, dass sie für eine Katastrophe verantwortlich war, die sein Leben ruinieren konnte. Was wird er danach von mir denken, fragte sie sich ängstlich.
Sie wählte seine Privatnummer, bekam jedoch nur eine Auskunft vom Band: »Dieser Anschluss ist vorübergehend nicht erreichbar.« Anscheinend war das Telefon gestört; vielleicht hatte der Schnee die Leitung lahm gelegt. Toni war irgendwie erleichtert, dass ihr die Überbringung der Schreckensnachricht vorerst erspart blieb.
Ein Handy trug Stanley nie bei sich, doch in seinem Ferrari war ein Autotelefon installiert. Toni wählte es an und hinterließ eine Nachricht: »Stanley, hier Toni. Schlechte Nachrichten – ein Einbruch im Labor. Rufen Sie mich bitte so bald wie möglich auf meinem Handy zurück.« Wahrscheinlich war es viel zu spät, wenn er die Mitteilung erhielt – aber sie hatte es immerhin versucht.
Voller Ungeduld spähte sie durch die Fenster der Großen Halle hinaus. Wo blieb nur die Polizei mit ihrem Schneepflug? Sie würde von Süden kommen, auf der Hauptstraße von Inverburn. Toni nahm an, dass der Schneepflug kaum schneller als mit 25 km / h vorankam, je nachdem, wie hoch der Schnee lag, den er beiseite räumen musste. In diesem Fall betrug die Fahrtzeit zwanzig bis dreißig Minuten, und dies wiederum hieß, die Polizei hätte eigentlich schon da sein müssen. Beeilt euch, dachte sie voller Ungeduld. Beeilt euch!
Toni hoffte, die Polizisten würden sich nicht lange aufhalten, sondern sich so schnell wie möglich auf die Fährte des Vans der Hibernian Telecom setzen, der in Richtung Norden verschwunden war. Mit dem unverkennbaren weißen Schriftzug auf dunklem Hintergrund war das Fahrzeug leicht zu identifizieren. Aber darauf, dachte sie, sind die Diebe wohl selber gekommen … Ich an ihrer Stelle hätte irgendwo an einem Supermarkt oder auf einem Bahnhofsparkplatz einen unauffälligen Pkw bereitgestellt, einen Ford Fiesta vielleicht, den man mit einem Dutzend anderer Modelle verwechseln kann … Wahrscheinlich saßen die Kerle schon ein paar Minuten nach ihrer Flucht vom Tatort in einem ganz anderen Wagen.
Der Gedanke war bestürzend. Die Polizei würde Straßensperren errichten und praktisch jedes Fahrzeug daraufhin überprüfen müssen, ob drei Männer und eine Frau darin saßen. Noch schlimmer wäre es, wenn die Bandenmitglieder inzwischen in zwei oder mehr Fluchtfahrzeugen unterwegs waren.
Tonis innere Unruhe wuchs. Kann ich denn überhaupt nichts unternehmen, um den Fortgang der Dinge ein wenig zu beschleunigen, fragte sie sich. Angenommen, die Bande hat tatsächlich hier in der Nähe das Fahrzeug gewechselt – welche Möglichkeiten bieten sich denn da? Die Gangster brauchen einen Platz, auf dem ein Fahrzeug stundenlang stehen kann, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Bahnhöfe und Supermärkte gibt es in der näheren Umgebung keine. Was käme sonst infrage? Toni ging zur Rezeption, holte sich einen Notizblock und einen Kugelschreiber und erstellte eine Liste:
• Golfklub Inverburn
• Dew Drop Motel
• Schnellimbiss Happy Eater
• Greenfingers Gartencenter
• Schottische Räucherfisch GmbH
• Druck - und Verlagshaus Williams
Sie wollte nicht, dass Carl Osborne erfuhr, was sie im Sinn hatte. Der Reporter hatte seinen Wagen verlassen und trieb sich wieder in der warmen Eingangshalle herum, neugierig und aufdringlich wie eh und je. Er wusste zwar noch nicht, dass er vom Autotelefon keine Gespräche mehr führen konnte – Steve war heimlich hinausgeschlichen und hatte den Schlüssel aus der Zündung gezogen –, doch Toni wollte kein Risiko eingehen.
Flüsternd unterhielt sie sich mit Steve. »Wir müssen ein bisschen Polizeiarbeit machen.« Sie riss ihren Zettel in der Mitte durch und gab dem Werkschutzmann die eine Hälfte. »Rufen Sie da überall an. Natürlich ist alles geschlossen, aber es kann ja sein, dass Sie irgendwelche Hausmeister oder Nachtwächter an die Strippe bekommen. Sagen Sie den Leuten, bei uns sei eingebrochen worden, erwähnen Sie aber nicht, was gestohlen wurde. Sagen Sie ihnen, das Fluchtfahrzeug könne möglicherweise auf ihrem Gelände abgestellt worden sein. Und fragen Sie dann konkret nach einem Van der Hibernian Telecom, der vielleicht irgendwo
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