Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Hintertür, sodass man erkennen konnte, dass der Schnee auf dem Boden höher lag denn je. Der Deckel des Mülleimers sah aus wie Ali Babas Turban.
    An dieser Hausecke gab es zwei Fenster. Das eine gehörte zur Speise-, das andere zur Stiefelkammer. Die unheimlichen Fremden befanden sich in der Küche. Wenn wir Pech haben, dachte Craig, betritt genau im falschen Moment einer von denen die Speisekammer oder die Stiefelkammer und sieht uns – aber die Wahrscheinlichkeit ist wohl eher gering.
    »Komm«, sagte er zu Sophie.
    Sie stand neben ihm und sah hinunter in den Schnee. »Du zuerst.«
    Er beugte sich hinaus. In der Stiefelkammer brannte Licht, in der Speisekammer nicht. Ob das gut gehen würde? Wäre er allein gewesen, wäre er vor Entsetzen vermutlich wie gelähmt gewesen, doch Sophies Angst verlieh ihm Tapferkeit. Er fegte den Schnee mit der Hand vom Sims und ging Schritt für Schritt hinüber zum Pultdach über der Stiefelkammer. Dort befreite er einen kleinen Abschnitt des Daches vom Schnee, richtete sich auf und streckte Sophie die Hand entgegen. Während sie Zentimeter um Zentimeter über den Sims balancierte, hielt er ihre Hand. »Gut machst du das«, sagte er leise. Es war nicht besonders schwierig – der Sims war breit genug für einen Fuß –, doch Sophie zitterte vor Angst und Aufregung. Schließlich hatte sie es geschafft und trat neben ihn auf das Dach. »Bravo!«, lobte Craig.
    Im selben Moment rutschte sie aus.
    Ihre Füße glitten einfach unter ihr weg. Craig hielt sie zwar noch bei der Hand, doch er konnte sie nicht aufrecht halten, und so landete sie mit einem Krachen, das im Haus unten widerhallen musste, auf ihrem Po. Sie kam so ungeschickt auf, dass sie hintenüberkippte und auf den vereisten Schindeln abwärts schlitterte.
    Craig griff nach ihr, erwischte aber nur eine Hand voll Anorak. Er packte fest zu, um Sophie aufzuhalten, doch da er auf demselben glatten Dach stand wie sie, wurde er stattdessen selbst hinuntergezogen. Hinter ihr her glitt er die Dachschräge hinunter, verzweifelt darum bemüht, ihre Talfahrt zu bremsen, ohne selber das Gleichgewicht zu verlieren.
    Erst als ihre Füße in der Dachrinne hängen blieben, kam sie zu einem Halt. Der Schwung war jedoch so stark, dass ihr Unterkörper seitwärts über die Dachkante ragte und gleichsam in der Luft hing. Craig zerrte an ihrem Anorak und schaffte es, sie langsam an sich heranzuziehen. Sophie war schon fast in Sicherheit, als er erneut ausrutschte. Er ließ ihre Jacke los und ruderte mit den Armen, um auf den Beinen zu bleiben.
    Sophie stieß einen Schrei aus und stürzte vom Dach.
    Sie fiel drei Meter tief und landete im weichen Neuschnee hinter dem Mülleimer.
    Craig beugte sich über die Dachkante. In die dunkle Ecke drang kaum Licht, sodass er fast nichts sehen konnte. »Bist du verletzt?«, fragte er. Es kam keine Antwort. War sie bewusstlos? »Sophie!«
    »Nix passiert«, piepste sie, klang aber sehr mitgenommen.
    Die Hintertür ging auf.
    Craig ging sofort in die Hocke.
    Ein Mann trat heraus. Craig sah nur einen Kopf mit kurz geschnittenem dunklem Haar. Er spähte über die Dachkante. Im Licht, das durch die Türöffnung fiel, war Sophie deutlich zu sehen. Das helle Rosa ihres Anoraks verschmolz mit dem Schnee, doch ihre dunklen Jeans waren dafür umso sichtbarer. Sie rührte sich nicht. Ihr Gesicht konnte Craig nicht sehen.
    Von drinnen rief eine Stimme: »Ist da draußen jemand, Elton?«
    Elton leuchtete mit seiner Taschenlampe in die Dunkelheit, doch wohin der Lichtstrahl auch fiel – er beleuchtete nichts als Schneeflocken. Craig streckte sich flach auf dem Dach aus.
    Elton wandte sich nach rechts, fort von Sophie, und ging ein paar Schritte in den Sturm hinaus. Das Licht der Taschenlampe erhellte den Weg unmittelbar vor ihm.
    Craig presste sich dicht ans Dach und hoffte, dass dieser Elton keinen Blick nach oben warf. Dann fiel ihm ein, dass die große Speichertür noch offen stand. Wenn Elton das merkte, würde er misstrauisch werden und weitere Erkundigungen anstellen – und damit war die Katastrophe vorprogrammiert. Auf allen vieren und mit großer Vorsicht krabbelte Craig das Pultdach hinauf und versetzte der Unterkante der Speichertür, sobald er sie mit der ausgestreckten Hand erreichen konnte, einen sanften Stoß. Langsam beschrieb sie einen Halbkreis und schwang zu. Craig gab ihr einen letzten Schubs und legte sich sofort wieder flach aufs Dach. Die Tür schloss sich mit einem hörbaren Klicken.
    Elton drehte

Weitere Kostenlose Bücher