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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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und warf einen Blick zum Heuboden hinauf. Höhe war immer ein Vorteil. Sie hastete die Leiter hinauf. Caroline schlief noch immer ganz fest. Auf dem Boden zwischen den beiden Betten stand ein offener Koffer, und oben auf den Kleidern lag ein Einkaufsbeutel aus Plastik. Neben dem Koffer stand der Käfig mit den weißen Ratten.
    Die Scheunentür wurde geöffnet, und Toni ließ sich flach auf den Boden fallen. Sie hörte ein undefinierbares Geräusch, dann gingen die Lampen an. Aus ihrer Bauchlage heraus konnte Toni nicht nach unten sehen und wusste daher auch nicht genau, wo sich Elton aufhielt. Andererseits konnte Elton sie genauso wenig sehen, und Toni hatte immerhin den Vorteil der Gewissheit, dass er da war.
    Ihr Herz klopfte so laut, dass sie seine Schritte unten kaum hören konnte. Wieder ein merkwürdiges Geräusch. Was kann das sein, dachte sie, dann fiel es ihr ein: Elton drehte die Feldbetten um, weil er wissen wollte, ob sich darunter eines der Kinder verbarg. Dann klappte die Tür zum Badezimmer auf, doch auch dort war niemand – das wusste Toni, denn sie hatte es bereits überprüft.
    Nun blieb nur noch der Heuboden. Jede Sekunde war damit zu rechnen, dass Elton die Leiter hochkam. Was sollte sie tun?
    Das unangenehme Quieken der Ratten drang an ihr Ohr, und plötzlich hatte sie eine Idee. Noch immer auf dem Bauch liegend, nahm sie den Plastikbeutel aus dem offenen Koffer und leerte ihn aus. Es war nur ein in Weihnachtspapier gewickeltes Päckchen darin, und auf dem Geschenkanhänger stand: »Fröhliche Weihnachten, lieber Daddy! Alles Gute von Sophie«. Toni ließ es in den Koffer fallen und öffnete die Tür des Rattenkäfigs.
    Vorsichtig nahm sie eine Ratte nach der anderen heraus und steckte sie in den Plastikbeutel. Es waren insgesamt fünf Tiere.
    Ein ominöses Vibrieren des Fußbodens verriet ihr, dass Elton die Leiter hinaufstieg.
    Jetzt oder nie! Sie streckte beide Arme aus und leerte den Beutel mit den Ratten über der Leiter aus.
    Elton brüllte vor Schreck und Entsetzen auf, als die fünf Ratten ihm auf den Kopf fielen.
    Der Lärm weckte Caroline. Sie kreischte und setzte sich in ihrem Bett auf.
    Von unten kam ein Krachen – Elton hatte den Halt auf der Leiter verloren und war hinuntergefallen.
    Toni sprang auf und sah hinab. Elton war auf dem Rücken gelandet. Er war offenbar nicht verletzt, zumindest nicht schwer, aber er schrie in panischer Angst und versuchte, hektisch fuchtelnd, die Ratten von seinem Körper zu vertreiben. Die Tiere hatten aber genauso viel Angst wie er und versuchten verzweifelt, sich irgendwo an seiner Kleidung festzuklammern.
    Eltons Pistole konnte Toni nirgendwo entdecken.
    Sie zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann sprang sie.
    Sie landete mit beiden Füßen auf Eltons Brust. Er stieß ein verzweifeltes Stöhnen aus, als ihm die Luft genommen wurde. Toni machte eine Rolle vorwärts wie ein Bodenturner. Dennoch taten ihr durch den Aufprall die Beine weh.
    Von oben hörte sie einen Schrei: »Meine Babys!« Caroline stand in einem lavendelfarbenen Schlafanzug mit gelben Teddybären oben an der Leiter. Toni war sich ziemlich sicher, bei ihrer Landung ein oder zwei von Carolines Lieblingen zerquetscht zu haben, doch die Ratten wuselten herum und erfreuten sich anscheinend bester Gesundheit.
    Verzweifelt darum bemüht, die Oberhand zu behalten, rappelte Toni sich auf. Ein stechender Schmerz fuhr ihr durch den Knöchel, aber sie ignorierte ihn.
    Wo war die Pistole? Elton musste sie bei seinem Sturz von der Leiter verloren haben.
    Und er war zwar verletzt, konnte sich vermutlich aber noch bewegen. Toni griff in die Tasche ihrer Jeans nach einer Billardkugel, doch als sie diese herauszuziehen versuchte, rutschten ihre Finger ab. Einen Moment lang überfiel sie pure Panik, das Gefühl, ihr Körper gehorche ihrem Gehirn nicht mehr, und sie sah sich schon in einem Zustand vollkommener Hilflosigkeit. Dann probierte sie es mit beiden Händen, schob mit der einen von außen und griff mit der anderen nach der Kugel, als diese endlich aus der Hosentasche rutschte.
    Es war nur eine kurze Verzögerung, doch sie genügte, um Elton wieder zu sich kommen zu lassen. Als Toni die Rechte hob, um ihn mit der Kugel bewusstlos zu schlagen, rollte er zur Seite, sodass sie in letzter Sekunde umdisponieren musste. Anstatt zuzuschlagen, warf sie die Kugel auf ihren Gegner.
    Aber hinter dem Wurf steckte keine Kraft. In irgendeinem Winkel ihres Gehirns hörte sie Frank, ihren Exfreund,

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