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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Ansprüche genügte. All dieses Gerede über ältere Leute sollte im Grunde nichts anderes besagen, als dass er, Craig, nur ein kleiner dummer Junge war, wobei sein richtiges Alter – er war immerhin ein Jahr und sieben Monate älter als sie – überhaupt keine Rolle spielte. Irgendwie, dachte er, muss ich ihr beweisen, dass ich genauso reif und gescheit bin wie sie selber.
    Sophie wäre nicht das erste Mädchen, dass er küsste. In der zehnten Klasse war er sechs Wochen lang mit Caroline Stratton gegangen. Sie war zwar hübsch, aber leider auch ziemlich langweilig. Lindy Riley, die rundliche Schwester eines Fußballkameraden, war da schon aufregender gewesen. Sie hatte ihm einiges erlaubt, was er zuvor noch nie getan hatte, dann aber ihre Gunst dem Keyboard-Spieler einer Glasgower Rockband zugewandt. Darüber hinaus gab es etliche Mädchen, die er ein- oder zweimal geküsst hatte.
    Aber diesmal war ohnehin alles ganz anders. Nachdem er Sophie auf der Geburtstagsfeier seiner Mutter kennen gelernt hatte, war sie ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen – genauer gesagt: Er hatte seit vier Monaten jeden Tag an sie gedacht. Eines der Fotos, die sein Vater auf der Feier gemacht hatte – es zeigte einen gestikulierenden Craig und eine lachende Sophie –, nutzte er inzwischen als Bildschirmschoner auf seinem Computer. Er hatte nach wie vor Augen für andere Mädchen, doch wenn er sie dann insgeheim mit Sophie verglich, war die eine zu blass, die andere zu dick, die dritte einfach zu unattraktiv und so weiter. Und unter dem Strich waren alle öde und konventionell. Dass Sophie schwierig war, störte ihn nicht – an schwierige Frauen war er gewöhnt, seine Mutter war schließlich auch eine. Tatsache war, dass irgendetwas an Sophie ihn geradewegs ins Herz getroffen hatte.
    Um sechs Uhr abends – sie lungerten auf dem alten Sofa in der Scheune herum – war sein Tagesbedarf an Fernsehen gedeckt. »Wollen wir ins Haus rübergehen?«, fragte er sie.
    »Warum?«
    »Die sitzen jetzt alle am Küchentisch.«
    »Na und?«
    Na, irgendwie ist das doch ganz nett, dachte Craig. In der Küche ist es warm, das Essen steht auf dem Herd, und man kann es schon riechen, mein Vater erzählt lustige Geschichten, und Tante Miranda schenkt uns Wein ein. Das ist einfach gemütlich. Das Problem war, dass Sophie sich davon nicht beeindrucken lassen würde, deshalb sagte er zu ihr: »Da gibt’s vielleicht Drinks.«
    Sophie stand auf. »Gut. Ich will einen Cocktail.«
    Träum nur weiter, dachte Craig, Großvater wird einer Vierzehnjährigen keine harten Sachen anbieten. Wenn wir Sekt trinken, bekommst du vielleicht ein halbes Glas … Aber er nahm ihr die Illusionen nicht. Sie zogen ihre Mäntel an und gingen hinaus.
    Es war jetzt vollkommen dunkel, doch ringsum an den Hausmauern waren Lampen angebracht, die den Hof hell erleuchteten. Dichter und dichter wirbelten die Schneeflocken durch die Luft, und der Boden war rutschig. Sie hatten schon fast die Hintertür des Bauernhauses erreicht, als Craig bei einem Blick um die Ecke Großvaters Ferrari erspähte, der noch immer vor dem Haupteingang parkte. Auf dem geschwungenen Bogen seines hinteren Spoilers lag der Schnee schon mindestens fünf Zentimeter hoch. Luke hatte offenbar noch nicht die Zeit gefunden, den Wagen in die Garage zu fahren.
    »Das letzte Mal, als ich hier war, durfte ich Großvaters Schlitten in die Garage fahren.«
    »Du kannst doch gar nicht fahren«, sagte Sophie skeptisch.
    »Ich hab noch keinen Führerschein, aber das heißt noch lange nicht, dass ich nicht fahren kann.« Er wusste, dass er maßlos übertrieb. Sein Vater hatte ihn ein paar Mal ans Steuer seines Mercedes gelassen – einmal an einem Strand, ein anderes Mal auf einem aufgelassenen Flugfeld, aber noch nie auf einer normalen Straße.
    »Okay, dann fahr ihn doch in die Garage, jetzt gleich«, sagte Sophie.
    Craig wusste, dass er um Erlaubnis hätte fragen müssen. Doch wenn er das jetzt sagte, hätte es ausgesehen, als wolle er einen Rückzieher machen. Außerdem war es gut möglich, das Großvater nein sagte, und dann wäre die Chance, Sophie seine Reife zu demonstrieren, dahin gewesen. Also sagte er: »Okay, wird gemacht.«
    Der Ferrari war unverschlossen, und der Schlüssel steckte.
    Sophie lehnte sich mit verschränkten Armen an die Hausmauer. Ihre Haltung besagte so viel wie: Nun, dann zeig mir mal, was du kannst. Aber Craig wollte sie nicht so einfach davonkommen lassen. »Warum fährst du nicht mit?«, fragte

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