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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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klingelte, ohne dass jemand abnahm.
    »Scheint niemand da zu sein«, sagte Mutter.
    Dieser Stördienst muss das ganze System lahm gelegt haben, dachte Toni. Hoffentlich funktioniert wenigstens die Alarmanlage noch! Und wenn was passiert, während die Telefone außer Betrieb sind? Voller Sorge und frustriert wegen der totalen Ungewissheit drückte sie auf die Taste, die den Anruf beendete.
    »Wo sind wir?«, fragte Mutter.
    »Gute Frage.« So vertraut ihr die Straße auch war – Toni konnte sie kaum noch erkennen. Sie hatte das Gefühl, schon seit Ewigkeiten unterwegs zu sein. Ab und zu warf sie einen Blick aus dem Seitenfenster und hielt Ausschau nach bestimmten Orientierungspunkten am Straßenrand. Jetzt glaubte sie, ein Landhaus mit einem charakteristischen schmiedeeisernen Tor zu erkennen, und dabei fiel ihr ein, dass es von hier aus nur noch etwa drei Kilometer bis zum Kreml waren. Das hob ihre Laune beträchtlich. »In einer Viertelstunde sind wir da, Mutter«, sagte sie.
    Sie warf einen Blick in den Rückspiegel und sah die Scheinwerfer, die sie schon seit Inverburn verfolgten: die Seuche namens Carl Osborne in seinem Jaguar, der ihnen im gleichen Schneckentempo stur auf den Fersen blieb. An jedem anderen Tag hätte sich Toni einen Spaß draus gemacht, den Kerl abzuhängen.
    Vertue ich nicht bloß meine Zeit, fragte sie sich. Wie wäre das schön, wenn wir jetzt zum Kreml kommen und einfach alles in Ordnung ist  – die Telefonanlage repariert, die Alarmanlage funktionstüchtig, der Werkschutz gelangweilt und müde, aber auf Posten. Dann könnten wir endlich heimfahren, und ich kann mich ins Bett legen und davon träumen, wie morgen das Treffen mit Stanley verlaufen wird … Und das dämliche Gesicht von Carl möchte ich sehen, wenn ihm klar wird, dass er in der Weihnachtsnacht stundenlang durch den Schnee gegondelt ist – für nichts als eine Story über eine defekte Telefonanlage!
    Sie erreichten einen relativ geraden Streckenabschnitt, und Toni wagte es, ein wenig Gas zu geben. Aber die Gerade war nur kurz, und gleich danach kam schon wieder eine Rechtskurve. Bremsen konnte Toni nicht, weil sie sonst ins Schleudern geraten wäre, deshalb schaltete sie einen Gang zurück, damit der Motor bremste, und behielt den Fuß stetig auf dem Gaspedal, während sie die Kurve ausfuhr. Sie spürte, wie das Heck des Porsche ausbrechen wollte, doch die breiten Hinterreifen hielten die Spur.
    Auf der Gegenfahrbahn tauchten Scheinwerfer auf und kamen näher, sodass die hundert Meter, die noch zwischen den beiden Wagen lagen, plötzlich überschaubar waren. Viel gab es allerdings nicht zu sehen: Schnee, der schätzungsweise fünfundzwanzig Zentimeter hoch den Boden bedeckte, eine Trockenmauer zur Linken, ein weißer Hügel zur Rechten.
    Toni registrierte nervös, dass das entgegenkommende Auto ziemlich schnell fuhr.
    Sie kannte diesen Teil der Strecke: eine lange, weite Kurve, die sich um den Fuß des Hügels herumwand und eine Richtungsänderung von neunzig Grad bewirkte. Toni hielt sich streng an ihre Spur.
    Aber der andere Wagen nicht.
    Toni sah, wie er unvermittelt quer über seine Spur in die Straßenmitte schlitterte, und sie dachte: Der Trottel hat in der Kurve gebremst, und dann hat’s ihm das Heck herumgezogen …
    Im nächsten Moment erkannte sie voller Entsetzen, dass der Wagen direkt auf sie zuschleuderte. Es war ein mit vier jungen Männern besetzter Kombi. Für einen Sekundenbruchteil konnte Toni die Insassen erkennen, sah sie lachen und ahnte, dass sie ausgiebig gefeiert hatten und viel zu betrunken waren, um zu begreifen, in welcher Gefahr sie sich befanden.
    »Vorsicht!«, brüllte sie überflüssigerweise, dann reagierte sie instinktiv. Sekundenbruchteile bevor der Porsche dem schleudernden Wagen frontal in die Seite gekracht wäre, zog sie das Steuerrad nach links und riss damit den Wagen herum. Beinahe gleichzeitig trat sie das Gaspedal durch. Der Wagen machte einen Satz nach vorn und geriet ins Schleudern. Einen Moment lang waren die beiden Fahrzeuge auf gleicher Höhe, nur durch wenige Zentimeter Abstand voneinander getrennt.
    Der Porsche zog schlitternd nach links. Toni drehte das Lenkrad nach rechts und gab leicht Gas, worauf der Wagen auf seinen alten Kurs zurückschwenkte. Die Reifen griffen wieder.
    Zunächst befürchtete Toni, der Kombi würde sie am hinteren Kotflügel erwischen; im nächsten Moment meinte sie, sie entkäme noch um Haaresbreite; dann schepperte es laut, aber irgendwie

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