Eisige Naehe
leid.«
»Was wäre, wenn Rüter eliminiert würde? Wäre das ein harter Schlag gegen die Organisation?« »Herr Henning, ich rate Ihnen, diesen Gedanken gleich wieder zu verwerfen, Sie begeben sich in Teufels Küche.«
»Da sind wir doch ohnehin schon drin. Was würde passieren?«
»Man würde Sie jagen bis ans Ende der Welt, dafür würde schon sein alter Herr sorgen ...«
»Ich spreche doch nicht davon, dass wir Rüter kaltmachen ...«
»Egal wer, er wäre seines Lebens nicht mehr sicher. Rüter ist ein wesentlicher Bestandteil der Organisation. Die Verbindungen zur Staatsanwaltschaft, zum LKA und so weiter wären bis auf weiteres eingefroren. Bis man einen würdigen Nachfolger gefunden hätte. Wir hatten diesen Fall vor drei Jahren in Köln, und es dauerte immerhin drei Jahre, bis dort wieder alles im Lot war.« »Rüter. Ich wusste von Anfang an, dass mit dem Typen was nicht stimmt. Gehen wir, Lisa. Wiedersehen und danke für Ihre Kooperation.«
»Auf Wiedersehen, es war mir eine Ehre, Sie kennengelernt zu haben«, sagte Albertz, reichte erst Santos, dann Henning die Hand und begleitete sie zur Tür, holte ein Polizeisiegel aus seiner Jackentasche und klebte es exakt über das andere, nicht ohne vorher das Datum darauf vermerkt zu haben. Das Datum von Sonntag.
Henning und Santos gingen schweigend zum Wagen, stiegen ein, Henning startete den Motor und fuhr aus Schönberg heraus.
»Das war der Hammer«, sagte Santos. »Ich will jetzt nicht darüber reden, ich muss nachdenken«, brummte Henning. »Und worüber?«
»Sag ich dir morgen. Bitte, quatsch mich jetzt nicht voll, das hat schon Albertz übernommen. Nimm's nicht persönlich, ich bin einfach fertig.«
Für den Rest der Fahrt schwiegen sie, sie schwiegen, als sie am Haus anlangten und ausstiegen, sie schwiegen beim Treppensteigen und schwiegen, als sie sich für die Nacht fertigmachten. Zum ersten Mal, seit sie zusammen waren, wünschten sie sich nicht einmal eine gute Nacht, jeder drehte sich auf seine Seite, sie lagen Rücken an Rücken.
Mitten in der Nacht stand Henning auf, nahm eine Flasche Wasser aus der Kiste neben dem Kühlschrank, schraubte den Verschluss ab und setzte sich ins Wohnzimmer. Er trank einen langen Schluck, stellte die Flasche auf den Boden neben sich und vergrub den Kopf in den Händen. Er konnte nicht begreifen, dass er und Santos schon wieder in einen Fall verwickelt waren, der sie an und für sich nichts anging. Ihm schien, als zögen sie das Unglück magisch an. Es war doch nur ein Mord an einem Prominenten und seiner Geliebten gewesen, doch auf einmal steckten sie wieder mitten im organisierten Verbrechen. In diesem Moment hasste er seinen Job - und das nicht zum ersten Mal.
MITTWOCH, 21.15 UHR
Er betrat sein Haus und verwandelte sich wieder in den unscheinbaren Hans Schmidt, den viele kannten, und zog sich um. Er legte sich aufs Bett, rief Maria an und genoss es, ihre Stimme zu hören.
»Hallo, meine Liebe.« In diesem Augenblick wünschte er sich nichts lieber, als bei ihr zu sein. »Senhor Schmidt, ich habe sehnsüchtig auf deinen Anruf gewartet. Der Kamin ist fertig, und ich würde so gerne mit dir zusammen ...«
»Ich auch mit dir. Haben sie ordentliche Arbeit abgeliefert?«
»Oh ja, du wirst es sehen. Das Zimmer ist vollkommen verändert. Ich mache ihn erst an, wenn du wieder hier bist. Aber was ist los mit dir, du klingst anders als sonst?«
»Ich bin nur müde. Es ist kalt und nass, ich mag das überhaupt nicht mehr. Außerdem fehlst du mir.« »Soll ich kommen?«
»Nein, ich müsste dich viel zu oft alleine lassen. Ich versuche, so schnell wie möglich wieder bei dir zu sein, und dann machen wir uns eine schöne Zeit vor dem Kamin.« »Das Haus ist so leer, wenn du nicht da bist. Ich schlafe auch nicht sonderlich gut ohne dich. Komm bald zurück.«
»Maria, ich habe noch einige wichtige Dinge zu erledigen, sehr wichtige Dinge. Dabei würde ich lieber heute als morgen wieder bei dir sein. Lass uns lieber aufhören zu telefonieren, sonst werde ich zu traurig. Ich habe in jedem Fall eine Überraschung für dich, wenn ich nach Hause komme.«
»Eine Überraschung? Was ist es?«
»Wenn ich es dir jetzt sage, ist es doch keine Überraschung mehr«, antwortete Schmidt lachend. »Du wirst dich noch ein wenig gedulden müssen.« »Ich bin schrecklich neugierig, das weißt du.« »Ich weiß, aber ich bin ja bald zu Hause. Maria, lass uns morgen wieder telefonieren, ich habe noch einen wichtigen
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