Eisige Naehe
machen. Klar, es wird auch beim Verfassungsschutz und beim BKA oder BND schwarze Schafe geben wie überall, aber die sind in der Minderheit, das hoffe ich zumindest. Ich hätte mir alle Punkte aufschreiben sollen, die mir vorhin eingefallen sind, es fehlen wohl noch zwei oder drei. Belassen wir's dabei. Frühstück, mein Magen knurrt. Außerdem muss ich dringend ins Bad.« »Beeil dich bitte, ich muss auch.«
Lisa Santos hielt sich ein Kissen vor die Brust und dachte nach. Hennings Zweifel an Albertz waren berechtigt. Es gab Fälle, wo ihr Bauch deutlich zu ihr sprach und sie auf ihn hörte, und dann wieder welche, wo sie sich blenden ließ, obwohl ihre innere Stimme sie gewarnt hatte - Albertz gehörte zur zweiten Kategorie. Ich werde in Zukunft vorsichtiger sein, dachte sie, froh darüber, dass Henning kühl und pragmatisch an die Sache heranging. Als er aus dem Bad kam, sagte sie: »Ist dir eigentlich klar, dass wir es mit mehreren Fällen gleichzeitig zu tun haben? Das Phantom, Albertz, Friedmann und Müller, Rüter...« »Das hatten wir gestern oder vorgestern schon mal. Es sind aber nicht mehrere Fälle, es ist ein einziger, aber Albertz will uns in die Irre führen. Doch diesmal hat er sich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Er ist der Denker und Lenker, kein anderer. Er bestimmt den Kurs, er berät hohe Tiere, natürlich ohne sich als Verbrecher zu outen. Er ist der Meister, und dabei bleibe ich, bis ich vom Gegenteil überzeugt werde.«
»Ich geh ins Bad, machst du Frühstück? Ich hätte gerne ein Ei, sieben Minuten wie immer. Danke.« Santos legte das Kissen zur Seite und ging ins Bad. Während Henning das Frühstück zubereitete, überlegte er, wie sie den Tag gestalten sollten. Letztlich hoffte er, dass Albertz sich noch einmal melden würde, um sich mit ihnen zu treffen. Am liebsten würde er Sarah Schumann einen Besuch abstatten, um die Frau kennenzulernen, die ihren Mann von einem Auftragskiller umbringen ließ, der jetzt eine Blutspur durch Kiel und Umgebung zog. Henning wartete nun ungeduldig darauf, dass Santos aus dem Bad kam, damit er mit ihr den Tag durchsprechen konnte.
DONNERSTAG, 9.15 UHR
Wo, zum Teufel, ist Bernhard?«, polterte Albertz los, kaum dass Friedmann und Müller das große Büro mit der erlesenen Einrichtung betreten hatten. »Er sollte um Punkt neun hier sein und Bericht erstatten. Wir haben aber bereits Viertel nach, und unser Zeitplan ist heute extrem eng gesteckt. Ich kann ihn weder auf dem Festnetz noch auf seinem Handy erreichen. Hat einer von euch eine Vermutung, wo er sich rumtreiben könnte?« »Nein, wir haben ihn gestern so gegen fünf zuletzt gesehen«, sagte Friedmann achselzuckend. »Er wollte noch ein paar Telefonate führen und sich anschließend mit jemandem treffen, mit wem, hat er uns allerdings nicht verraten.«
»Es handelt sich um einen gewissen George Hamilton, einen Unternehmer aus Philadelphia, mit dem wir in Zukunft auf höchster Ebene zusammenarbeiten möchten. Habt ihr den Namen schon mal gehört?« »Ich kenne nur einen Schauspieler, der so heißt. Der wird's aber wohl kaum gewesen sein«, entgegnete Müller grinsend.
»Können wir ernst bleiben?«, zischte Albertz und sah sein Gegenüber kalt an. »Bernhard und Hamilton wollten sich im Steigenberger treffen. Findet heraus, ob es dazu kam, ob Bernhard gesichtet wurde und so weiter. Seid freundlich, höflich und zuvorkommend, und benutzt um Himmels willen unsere Ausweise. Ich erwarte von euch innerhalb der nächsten Stunde einen vorläufigen Bericht. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?« »Hast du. Welchen Namen hat er benutzt?«, fragte Müller.
»Dieter Uhlig. Also, macht euch auf die Socken.« »Sind schon weg.«
»Stopp«, hielt Albertz sie zurück, als sie bereits an der Tür waren. »Ich habe ganz vergessen, nach vergangener Nacht zu fragen. Ist alles reibungslos über die Bühne gegangen?«
»Null Probleme. Die Ware ist in relativ gutem Zustand angekommen und wurde sofort angemessen untergebracht. Um die kleinen Bälger kümmert sich Rosa. Ansonsten alles roger!«, sagte Friedmann. »Wie viele?«, fragte Albertz.
»Fünfundzwanzig, wie abgemacht, einige werden ja noch heute weiter nach Berlin verfrachtet. Darf ich mal was ganz Blödes fragen?«
»Bitte«, sagte Albertz und dachte, das machst du doch andauernd.
»Wieso werden die nicht direkt nach Berlin gebracht, die Grenze ist doch nicht weit?«
»Wirklich eine saudumme Frage. Die meisten Bälger, wie du sie nennst, kommen
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