Eisige Naehe
werde ihn in seinem eigenen Dreck untergehen lassen. Ich kenne ihn, aber er kennt nicht meine wahre Identität. Das ist der größte Vorteil, den ich habe. Ich bin es nicht nur dir, sondern auch mir schuldig, dass diese Organisation zumindest für eine Weile ihre Struktur verliert.«
»Wie willst du an ihn rankommen?« »Damit will ich dich gar nicht belasten. Ich garantiere dir: Er wird nie wieder einem Menschen Schmerzen zufügen.«
»Du kannst dir nicht vorstellen, was für eine Angst ich habe. Erst die beiden Polizisten, dann Albertz ...« »Was für Polizisten?«
»Sie waren von der Mordkommission und haben mir Fragen über Bruhns gestellt. Als Albertz kam, dachte ich, sie wären in seinem Auftrag geschickt worden, um die Lage zu sondieren, denn es war ein höchst merkwürdiger Besuch. Ich habe ihn darauf angesprochen, doch Albertz meinte, das müsse Zufall gewesen sein, er habe sie nicht geschickt ...«
»Haben die sich ausgewiesen? Wie heißen sie?« »Eine Frau Santos und ein Herr Henning ...« »Verdammte Scheiße!«, fluchte Schmidt und sprang auf. Er stellte sich ans Fenster und sah hinaus in die düstere Landschaft, es hatte wieder geregnet, und die Wolken hingen tief. »Warum haben die das getan? Das war nicht meine Absicht.«
»Wovon sprichst du?« Sarah runzelte die Stirn, stellte sich neben ihn und legte ihm einen Arm um die Hüfte. »Ich habe die beiden ein paarmal anonym angerufen und sie zu den Tatorten bestellt. Ich wusste, dass sie die besten Ermittler weit und breit sind, und dachte mir, sie wären in der Lage, die Sache zu durchschauen. Aber ich habe niemals damit gerechnet, dass sie zu dir kommen würden.«
»Ja und? Ich kann dir immer noch nicht folgen.« »Wenn sie von dir wissen, wissen sie vermutlich auch von Albertz und den anderen Sauereien. Die sind klug, aber ich schätze, Albertz wird nicht zulassen, dass sie weiter ermitteln. Er wird versuchen, alles aus dem Weg zu räumen, was seine Machenschaften aufdecken könnte. Ich muss mir dringend was einfallen lassen. Die sind verdammt weit gegangen, wenn sie es schon bis zu dir geschafft haben. Mit Sicherheit kennen sie deine Vita und wissen, was mit deinem Mann passiert ist. Die kamen nicht wegen Bruhns zu dir, sondern um dich kennenzulernen. Damit haben sie sich in Gefahr gebracht, ohne es zu wissen.«
»Du hast sie angerufen?«, sagte sie beinahe erschrocken. »Ja, ich wollte nicht, dass die Morde an Bruhns und Klein in der Versenkung verschwinden und keiner erfährt, was wirklich passiert ist. Und jetzt das! Als du Albertz von ihnen erzählt hast, wie hat er reagiert? Hattest du das Gefühl, dass er sie kennt?«
»Ja, er sagte, sie wären bei der Mordkommission.« »Okay, Sarah, bitte höre auf meinen Rat: Du bleibst hier und verbarrikadierst dich und lässt niemanden, und zwar wirklich niemanden hier rein, du schaltest sämtliche Sicherheitssysteme ein, schließt alles ab und wartest auf mich. Ich muss mich jetzt beeilen und zusehen, dass ich Albertz erwische. Ich bin Hans Schmidt und erstelle Gutachten alter Handschriften und Bücher und habe auch hin und wieder ein paar bibliophile Preziosen anzubieten. Genau das werde ich tun. Ich habe Albertz am Samstagabend auf dem Fest beim Grafen getroffen und mit ihm ein paar Worte gewechselt. Da ahnte ich allerdings noch nicht, was für eine verdammte Drecksau er ist. Kann ich dich jetzt allein lassen?«
»Ja, ich komme zurecht. Und bitte, melde dich zwischendurch bei mir, damit ich weiß, dass es dir gutgeht. Bitte.« »Werde ich, sofern keiner sonst zuhört. Ruf du nicht bei mir an, es sei denn, es handelt sich um einen Notfall. Abgemacht?«
»Abgemacht. Ich bin so froh, dass es dich gibt, gleichzeitig habe ich Angst, dass ich dich jetzt verlieren könnte. Versprich mir, dass du vorsichtig bist.« »Heiliges Ehrenwort.«
Schmidt umarmte Sarah, küsste sie und streichelte ihr über Haar und Gesicht. Sie hatte Tränen in den Augen, als sie sagte: »Geh schon und bring's hinter dich, aber bitte, komm lebend wieder.«
»Lenk dich ab, schwimm ein paar Runden, mach Yoga oder Sport, schau Fernsehen oder telefonier mit einer Freundin oder deinen Töchtern, tu etwas, tu etwas, tu etwas! Sitz nicht einfach nur rum und beobachte den Sekundenzeiger. Okay?«
»Okay«, sagte sie, doch es klang nicht überzeugend. »Ich melde mich, sobald ich kann. Auf jeden Fall sehen wir uns heute noch. Albertz ist ein toter Mann, er weiß es nur noch nicht.«
»Geh, ich will nichts mehr hören, ich
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