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Eisige Naehe

Eisige Naehe

Titel: Eisige Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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aus dem Gedächtnis zu streichen. Du hast mich gelöchert, und ich habe dir nur geantwortet, was unter Umständen möglich sein könnte, doppelter Konjunktiv, falls dir das was sagt. Und jetzt lass mich zufrieden, ich bin nicht zum Spaß hier und schon gar nicht, um Spekulationen anzustellen. Sobald ich etwas Handfestes habe, lass ich es euch wissen.«
    Henning trat mit entschuldigend erhobenen Händen zwei Schritte zurück und sagte: »Tut mir leid, ich wollte dich nicht ...«
    »Lass mich einfach meine Arbeit machen!« Jürgens maß die Lebertemperatur erst bei Bruhns, danach bei der jungen Frau. Er notierte die Werte und sagte, als wäre nichts gewesen: »Wenn ich die Zimmertemperatur von dreiundzwanzig Grad nehme und die Lebertemperatur, dann würde ich sagen, der Tod ist zwischen Mitternacht und spätestens zwei Uhr morgens eingetreten, wofür auch die voll ausgebildete Leichenstarre spricht. Nach zwölf Stunden ...«
    »Schon gut, überspringen wir diesen Teil.« Santos hatte keine Lust auf den Vortrag über den Zeitpunkt des Eintretens der Leichen- oder Totenstarre, den sie schon gebetsmühlenartig runterleiern hätte können: Nach zwei bis drei Stunden begann es am Kiefer, nach acht bis zehn Stunden war der gesamte Körper starr, als hätte er tagelang in einer Tiefkühltruhe gelegen, und in der Regel löste sich diese Starre nach zwei Tagen wieder vollständig, es sei denn, bestimmte Faktoren wie eine zu hohe oder zu niedrige Umgebungstemperatur verlangsamten oder beschleunigten den Prozess. Bei beiden Toten war die Leichenstarre vollständig eingetreten, was Jürgens in sein Diktiergerät sprach und anschließend notierte. Er blickte auf und sagte mit einem Mal grinsend: »Ich frage mich nur, wie wir die beiden abtransportieren sollen, so steif, wie die sind. Ich meine, bei ihm ist das nicht so schwer, nur die junge Dame bereitet mir aufgrund ihrer ungewöhnlichen Stellung etwas Kopfzerbrechen. Da müssen wir wohl oder übel ein wenig Gewalt anwenden, um sie einigermaßen gerade hinzubiegen. Na ja, sie wird's nicht mehr merken.«
    »Hast du 'n Clown verschluckt?«, fragte Santos, die wahrlich nicht zum Scherzen aufgelegt war. »Ach komm, du kennst mich doch. Was ist los?«, sagte Jürgens, legte ihr einen Arm um die Schulter und deutete mit dem anderen auf die Leichen. »Bei dem Anblick kann man doch nur lachen, oder? Ich weiß, ich weiß, ich weiß, du siehst das alles aus der Sicht einer Frau, du siehst das junge Ding, das so sinnlos sein Leben lassen musste ...«
    »Woher willst du wissen, was ich sehe oder denke?«, fragte sie schnippisch.
    »Na ja, du bist eine Frau und somit etwas sensibler als ich ungehobelter Klotz. Habe ich recht oder habe ich recht?«
    »Unter anderen Umständen hätte ich bei dem Anblick vielleicht auch gelacht, aber ich sehe im Moment nur eine junge Frau, die ihr Leben noch vor sich hatte. Selbst wenn sie eine kleine Nutte war, so was hat sie nicht verdient, so was hat keiner verdient. Wer immer ihr das angetan hat, dieser verdammte Perversling hat ihr selbst im Tod noch jegliche Würde genommen. Oder siehst du das anders?« »Nein, ich sehe es genau wie du. Aber Humor, auch wenn er noch so morbide ist, ist manchmal das Einzige, was uns in diesem Beruf über Wasser hält. Schau, wenn man wie ich praktisch jeden Tag in der Gruft zubringt...« »Ist doch nicht gegen dich gerichtet, manchmal bin ich ja selbst so drauf. Bruhns, okay, aber sie. Ich muss die ganze Zeit an meine Schwester denken, frag mich aber nicht, wieso. Ist einfach so.«
    »Wieso ist Bruhns okay? Er war auch nur ein Mensch.« »Der war doch schon fast pädophil, dieser alte Sack.« »Lisa, es ist gut«, mischte sich jetzt Henning ein. »Fahr mal wieder runter. Die Kleine ist kein Kind mehr.« Er wandte sich an Jürgens: »Du bist auch nicht gerade ein Kostverächter, soweit mir bekannt ist.« »Ich weiß zwar nicht ganz, worauf du hinauswillst, aber eins lass dir für alle Fälle gesagt sein, mein Lieber: Meine Liebschaften sind alle erwachsen. Außerdem erwäge ich ernsthaft, ob ich nicht doch sesshaft werden sollte.« »Mir ist doch egal, was du privat machst, solange du dich an gewisse Regeln hältst.«
    »Ich kann dir zwar nicht ganz folgen, aber mein Privatleben geht nur mich etwas an, damit das klar ist.« Santos registrierte erst jetzt unter der schwarzen, fast durchsichtigen Bluse, die neben dem Kamin lag, eine ebenfalls schwarze Handtasche, ging hin und hob sie auf. Sie entnahm ihr ein exklusives

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