Eisige Naehe
ebenfalls für sie. Sie war offen und ehrlich uns gegenüber, was ihre schwierige Beziehung zu ihrem Mann angeht. Ich müsste mich schon schwer täuschen, wenn sie doch etwas mit seinem Tod zu tun haben sollte. Ist aber nur ein Bauchgefühl.« »Also gut, lassen wir das jetzt erst mal so stehen«, sagte Harms. »Die Fotos liegen drüben auf meinem Tisch. Was immer ihr noch vorhabt, ich fahre nach Hause und bereite mich mental auf morgen vor, das heißt, ich erstelle einen Schlachtplan. Solltet ihr neue Informationen reinkriegen, ich bin rund um die Uhr erreichbar, allerdings nur auf dem Handy.«
»Bis dann«, murmelte Henning und sah Harms gedankenverloren nach.
»Was geht in deinem Kopf vor?« Santos hatte sich neben Henning gestellt. »Was bereitet dir mehr Sorgen, der Fall oder Rüter?«
»Sorgen bereitet mir gar nichts, ich denke nur nach.
Komm, werfen wir einen Blick auf die Fotos, und dann versuchen wir herauszufinden, wann Bruhns gestern den Sender verlassen hat. Als Nächstes nehmen wir uns die Liste unserer potenziellen Verdächtigen vor. Oder hast du für heute Abend etwas anderes geplant?« Sie gingen in Harms' Büro, nahmen den Stapel Fotos und breiteten sie auf dem Tisch aus. Eine Weile schwiegen sie, bis Santos sagte: »Das bringt uns nicht weiter. Ich ruf in Düsseldorf an.«
Sie suchte die Nummer heraus und griff zum Hörer. Nach zwei Minuten legte sie auf: »Die kümmern sich drum, melden sich nachher aber noch mal. Ich müsste dringend was essen, bevor wir weitermachen.« »Sicher«, murmelte Henning, der die Fotos wieder zu einem Stapel zusammengeschoben hatte. Sie blieben noch eine halbe Stunde und wollten bereits das Büro verlassen, als das Telefon klingelte. Auf dem Display war keine Nummer zu erkennen. »Henning, Kl.«
»Sie bearbeiten den Fall Bruhns?«, fragte eine männliche Stimme.
»Sind Sie von der Presse?«
»Nein, aber es geht um Bruhns. Sein Mörder ist in Bruhns' Umfeld zu finden.« »Und der Name?«
»Mehr Informationen bekommen Sie nicht von mir.« »Wenn Sie ihn kennen, müssen Sie doch auch einen Namen für mich haben. Oder ist das nur Wichtigtuerei? Vielleicht sind Sie nur ein kleiner, mieser Trittbrettfahrer, der unsere Arbeit behindern will?« Der Anrufer räusperte sich und ließ einen Moment verstreichen, bevor er antwortete: »Weder noch. Alles, was Sie suchen, finden Sie in Bruhns' Umgebung.«
»Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«, blaffte ein äußerst gereizter Henning den Anrufer an. »Mein Name tut nichts zur Sache. Forschen Sie doch mal nach, was in den letzten Monaten bei Bruhns so vorgefallen ist. Viel Glück. Und einen schönen Gruß an Ihre bezaubernde Kollegin.« »Warten Sie ...«
Zu mehr kam Henning nicht, der Anrufer hatte bereits aufgelegt.
»War das etwa wieder ...?« Santos warf einen fragenden Blick auf den nachdenklich wirkenden Henning. Henning nickte. »Da hat eben jemand behauptet, jemand aus Bruhns' Umfeld habe ihn umgelegt. Wir sollen uns mal in Bruhns' Umgebung schlaumachen. Ich schätze, da will uns einer auf den Arm nehmen.« »Meinst du nicht, dass da etwas dran sein könnte?« »Woher soll ich das wissen?«, fuhr Henning seine Kollegin schärfer an als gewollt und warf ihr gleich darauf einen entschuldigenden Blick zu. »Tut mir leid. Ich bin eben immer misstrauisch, wenn jemand anonym vage Behauptungen in den Raum stellt. Vielleicht war's ja derselbe Anrufer wie vorhin bei dir. Ich soll dir jedenfalls einen schönen Gruß ausrichten.«
»Dann war er's wohl. Wieso hast du nicht auf laut gestellt?«
»Sorry, daran habe ich gar nicht gedacht.« »Schon gut. Bruhns' Umfeld, du meine Güte, wie groß ist das? Das können Angehörige, Verwandte, Freunde, Bekannte, Mitarbeiter, das können Tausende sein. Wir fragen im Sender nach ...«
»Das machen nicht wir, das sollen mal schön unsere Hamburger Kollegen übernehmen. Wir konzentrieren uns auf Kiel und Umgebung, das wird schon schwierig genug.«
»Komm, lass uns was essen, ich kann sonst nicht mehr klar denken«, sagte Santos. »Außerdem will ich gleich mal bei meinen Eltern anrufen, die denken sonst noch, ich bin verschüttgegangen.«
»Weißt du was?«, sagte Henning, fasste Santos bei den Schultern und sah ihr tief in die Augen. »Wir machen Feierabend. Morgen teilen wir die Teams ein, jeder bekommt seine Aufgaben zugewiesen und so weiter und so fort. Wir beide können heute sowieso nichts mehr ausrichten. Im großen Team wird's leichter sein.« Santos atmete auf. »Danke,
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