Eisige Umarmung (German Edition)
Gestaltwandler war, nahm er ihren hitzigen Geruch wahr, konnte ihre weibliche Sinnlichkeit fast schmecken, seine geistigen Sinne verstärkten noch, was er körperlich wahrnahm. Als seine Fingerspitzen in Erinnerung an die Berührung ihrer Haut zuckten, ballte er die Fäuste. Das Verlangen, die Tür wieder zu öffnen und den tödlichen Schritt zum sexuellen Kontakt zu machen, war so stark, dass er schon die Hand erhoben hatte, als sein Handy zum zweiten Mal aufleuchtete.
Das rief ihm nur allzu deutlich in Erinnerung, was und wer er war. Doch er scherte sich nicht darum. Mit Brenna hatte er schon zu viele Grenzen überschritten, um sich jetzt noch zurückzuziehen. Aber in diesem Zustand war er gefährlich für sie, und deshalb ging er ans Telefon. „Bin auf dem Weg.“ Dann erst machte er sich auf den Weg zu seiner Unterkunft, suchte zusammen, was er brauchte, und verließ leise und unbemerkt die Höhle.
Sein Fahrzeug stand nicht bei den anderen des Rudels in der Garage, sondern versteckt auf einem der gespurten Wege, die aus dem Territorium der Wölfe hinausführten. Er fand es vollkommen unberührt und startbereit vor. Der Motor sprang mit einem fast lautlosen Schnurren an.
Kurz darauf sah er einen Schatten im Wald. Er überprüfte die Gegend mit seinen telepathischen Sinnen, denn weder sein Körper noch sein Geist funktionierten momentan optimal. Jemand konnte ihm gefolgt sein, während er durch seine Gedanken an Brenna ablenkt war. Doch im Wald waren nur die Tiere. Zufrieden steuerte er das Fahrzeug durch die bewölkte Nacht.
Er hatte fast seinen Bestimmungsort erreicht, als jemand telepathisch anklopfte. Ich bin hier. Judd fuhr mit dem Wagen in eine Parkbucht und stieg aus. Was ist so wichtig, dass wir uns persönlich treffen müssen?
Ich wollte mit euch beiden sprechen, und die Kommunikationskanäle sind im Augenblick nicht mehr sicher – ich bin dabei, eine neue Verschlüsselungssoftware zu entwickeln, um eine Überwachung zu verhindern, antwortete das Gespenst. Der Rat hat bereits damit begonnen, die wichtigsten Gegenstimmen auszuschalten.
Judd spürte die beißende Frische des nahenden Regens, als er den Freizeitpark durchquerte. Sie kannten das Risiko. Er ging über eine Straße, an der Kirche vorbei zum unbeleuchteten Friedhof für diejenigen, die lieber unter freiem Himmel als in einer Krypta beigesetzt wurden.
Vater Perez saß auf den Stufen am Hintereingang der Kirche, und an einem gegenüberliegenden Baum konnte man den dunklen Schatten des Gespenstes ahnen. „Worum geht es?“
„Ich habe Sie nicht kommen sehen“, sagte das Gespenst. „Ihre Abkehr vom Medialnet hat bislang keinen unerwünschten Einfluss auf Sie und Ihre Fähigkeiten.“
Das stimmte zwar nicht, aber vielleicht konnte er diese falsche Annahme zu seinem Vorteil nutzen. „Ich muss bald zurück.“ Die Entfernung steigerte nur sein Verlangen, in Brennas Nähe zu sein und für ihre Sicherheit zu sorgen. Sie war in Gefahr. Sein Verstand kreiste nur um diesen Gedanken. Aber er wusste nicht, ob diese Gefahr von außen kam … oder von seinen eigenen tödlichen Fähigkeiten.
Das Gespenst hatte den Wink verstanden. „Wir haben bis jetzt noch keine Bestätigung dafür, aber es sieht so aus, als müsse Ashaya Aleine mit ihrer Arbeit von vorn anfangen.“
„Warum? Das Labor hatte doch bestimmt irgendwo Aufzeichnungen hinterlegt“, sagte Perez.
„Die Verluste unserer wichtigsten Wissenschaftler haben solche Sicherungen beinahe wertlos gemacht – nur sie wussten, was ihre Aufzeichnungen bedeuteten. Unglücklicherweise wird Aleine zu gut geschützt.“
Perez seufzte. „Ich hatte gehofft, Sie würden einen anderen Weg wählen.“ Er klang traurig. „Das Töten fällt Ihnen zu leicht.“
Das Gespenst bewegte sich in der Dunkelheit. „Wenn ich die Wissenschaftler nicht ausgeschaltet hätte, wäre unsere ganze Arbeit umsonst gewesen. Innerhalb eines Jahres hätte man mit den Implantationen begonnen, und in zehn Jahren wären wir nur noch ein einziges kollektives Gehirn gewesen.“
„Nicht ein einziges“, sagte Judd. „Auch unter Programm I würden die Medialen nicht alle gleich sein. Es würde Marionetten und Puppenspieler geben.“ Als zum Töten programmierter Pfeilgardist wusste Judd genau, welche Auswirkungen es haben würde, wenn einige die Macht über alle anderen hatten. Macht war eine mächtige Droge.
„Wir werden also noch mehr Blut vergießen“, sagte Perez. „Stimmt das?“
„Ich habe nicht das Recht, über
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