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Eisige Versuchung

Eisige Versuchung

Titel: Eisige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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bei mir.« Er versuchte zu lächeln, aber das Leid verzerrte seine Mimik grotesk.
    Bestürzt lehnte sie sich zurück. »Ich tue dir das an?«
    »Du machst mich glücklich, wärmst mich mit deiner Zuneigung und lässt mich auftauen – meinen Körper, meinen Geist und auch mein Herz. Es war in einem Eispanzer gefangen, damit ich meine Beute kaltblütig jagen konnte und keine positiven Gefühle wie Mitleid und Liebe empfand.«
    Deshalb waren also Engel nicht in der Lage zu lieben. »Dann wird es dir besser gehen, sobald diese Anfälle überstanden sind?«
    Er ließ einen Moment lang seinen Kopf hängen. »Ich gehe daran zugrunde.«
    »Nein!«
    »Eigentlich bin ich tot. Nur der Eisige Lord hält mich am Leben. Sind die letzten Fäden erst durchtrennt, werde ich wie eine leblose Marionette zu Boden fallen und nie wieder aufstehen.«
    Shade brachte keinen Ton heraus. Tränen rannen über ihre Wangen, aber es war nicht sie, sondern Roque, der sie fortwischte.
    Er vergrub seine Hand in ihren Haaren, zog sie zu sich heran und küsste sie. »Es ist in Ordnung. Du hast mir gezeigt, dass ich mehr wert bin, als ich von mir selbst dachte. Ich hatte die beste Zeit meines Lebens mit dir. Jetzt werde ich dich hier heil hinaus und vor dem Eisigen Lord in Sicherheit bringen, denn du gehörst nicht an den Ort der Verdammnis, weil deine Seele gut und rein ist und weil du, verdammt noch mal, mein bist!«
    Schluchzend warf sie sich in seine Arme.
    In diesem Augenblick heulte der Wind, der die Großtrombe unentwegt drehte, auf und wurde von einem Geräusch – wie Kreide, die über eine Tafel kratzte – begleitet. Es jagte Shade eine Gänsehaut über den Leib. Besorgt blickte sie zu der Schneesäule und wurde Zeugin, wie ein farbiger Mann heraustrat. Unbehelligt. Die Hagelkörner schienen um ihn herumzufliegen, als fürchteten sie sich davor, ihn zu berühren.
    »Forest«, brachte Roque atemlos hervor.
    Shade runzelte die Stirn. »Wer ist das?«
    Er schluckte schwer und brauchte einige Sekunden, bevor er antwortete. »Der Mann, den ich bei meinem Autounfall mit in den Tod riss. Er arbeitete beim Forest Service. Ich weiß nicht, wie er wirklich heißt. Aber warum ist er ein Eisengel?«
    War Forest der Grund, weshalb Roque nach seinem Ableben in den Orkus kam? Weil er ihn umbrachte, wenn auch versehentlich? Shade schwante Übles.
    Ein Eispanzer überzog seinen massigen Körper. Darunter wirkte seine Haut wie brauner Marmor. Seine Flügel schimmerten in einem satten Weiß und besaßen Spannkraft, während Roques uringelb und mit Blut besprenkelt waren und kraftlos an ihm hingen, als würden sie jeden Moment abfallen.
    Der kahle Schädel des Farbigen sah aus wie eine Abrissbirne, die dieses Blockhaus mit einem einzigen Stoß in Schutt und Asche legen konnte. Seine grimmige Miene war es nicht, die Shade Angst einflößte, sondern es waren seine Augen. Sie funkelten boshaft. Die eisblauen Iriden wirkten in dem dunklen Gesicht geradezu diabolisch, als wäre er besessen.
    »Das Aufräumkommando ist da.« Sein Lachen ließ Shade erschaudern. Er trat aus der Küche in den Wohnbereich, nahm Hartcourts Leiche und warf sie in den Tornado aus Schnee und Eis, als wäre der Sheriff nicht schwerer als eine Voodoopuppe.
    Es lag etwas Bedrohliches darin, wie er sich zu ihnen umdrehte, Shade musterte und den Kopf schüttelte.
    Sein Blick wanderte zu Roque. »Du machst immer nur halbe Sachen, schon in deinem letzten Lebensjahr 1992. Statt beide Alten umzubringen, hast du Corkey in den Suizid getrieben, aber Alora starb eines natürlichen Todes fünfzehn Jahre später in den Armen ihrer geliebten Tochter Jody.« Er tat so, als müsste er würgen. »Du hättest beide Cusacks kriegen können, aber schon damals warst du verweichlicht.«
    »Ich bereue es. Alles!« Leiser fügte Roque hinzu: »Ich war ein Schwein.«
    »Läuterung durch Liebe, wie rührend!« Mit einem Nicken deutete er auf Shade, als wäre sie nur ein Ding, eine Sache, die es zu erledigen galt. »Sie hätte längst bei unserem Herrn sein sollen. Er ist stinkwütend und wird es nicht nur dich spüren lassen, sondern auch dein Herzblatt.« Er rieb sich die Hände. »Und ich darf sie foltern, während du dabei zusehen musst. Die Hölle ist das Paradies für mich!«
    Roque sprang so schnell auf die Füße, wie Shade es ihm in seinem desolaten Zustand gar nicht zugetraut hätte. »Rühr sie an, und ich breche dir alle Knochen einzeln!«
    Als Forest schäbig grinste, entblößte er einen goldenen

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