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Eisige Versuchung

Eisige Versuchung

Titel: Eisige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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ihm nicht gewachsen, zumindest Shade nicht. Aber sie hatte ja einen Todesengel aus der Hölle auf ihrer Seite, das beruhigte sie etwas. Seine Waffen waren nicht aus Stahl oder mit Blei gefüllt, sondern magisch. Aber wie lange würde er noch bei ihr sein? Sein Herr vermochte ihn jederzeit zurückzurufen, und dann wäre sie auf sich allein gestellt.
    Roque ließ die Flüssigkeit weiter zu Eis werden. »Wer ist er?«
    Keuchend beobachtete Bill, wie das Grauen näher kam. Er packte die Kanüle, um sie herauszuziehen, doch der Engel presste seine Hand auf die seine, somit auch seine Frostfinger, und hielt ihn davon ab.
    Vor Schmerz verzog Bill das Gesicht. »Hartcourt, Earl Hartcourt. Er ist natürlich kein Graf, auch wenn er so tut, als gehörte ihm das Bridgeport Valley. Das ist nur sein Vorname. Ich schwör’, dass er so heißt!« Seine Stimme klang immer schriller. »Er ist der Sheriff!«
    Überrascht ließ Roque ihn los.
    »Ist nicht wahr, oder?«, kam es erstaunt und gleichsam entsetzt über Shades Lippen. Ein korrupter Gesetzeshüter war noch ärger als ein Verbrecher, weil er sowohl mit der Unterstützung der Polizei als auch der Kriminellen rechnen konnte.
    Gold riss sich die Nadel heraus. »Er ließ mich im Schnee liegen, damit ich verrecke, dieser Wichser! Ich hab’ seine Stiefel erkannt, als er vor mir stand. Auf die ist er nämlich so verdammt stolz, erzählt immer wieder, wie teuer sie waren.« Weinerlich sprudelte alles aus ihm heraus. »Stumm hat er auf mich runtergeguckt, glaubte wohl, ich wär’ tot, oder auch nicht. Dann ging er einfach wieder. Wahrscheinlich dachte er sich: ein Zeuge weniger. Aber ich war noch nicht krepiert. Mit letzten Kräften bin ich weitergekrochen, bis ich einen Abhang runtergerollt bin. Unten blieb ich einfach liegen, ich war völlig am Ende. Es wurde immer kälter, das war nicht normal. Irgendwann fand mich ein Ranger.« Er versuchte, seine Klauen aneinanderzulegen, aber die flehende Geste sah vielmehr aus, als wollte er einen Blütenkelch darstellen. »Bitte, erzählt keinem, dass ich Earl verraten habe! Er macht mich kalt!«
    Roque stellte sich ans Fußende und stützte sich auf dem Bettgestell ab. »Was wolltet ihr bei Arthur?«
    »Keine Ahnung, wirklich! Ich sollte Hartcourt nur begleiten. Zu zweit kann man jemanden leichter einschüchtern. Dafür hat er mir ein paar Scheine gegeben. Die brauch’ ich dringend. Hab’ doch keinen Job. Wenn ich nicht endlich zahle, stellen sie uns den Strom ab, dann können wir nicht heizen, und der Winter wird lang, wenn er jetzt schon anfängt.«
    Shade warf dem Eisengel rasch einen Blick zu. »Du warst Hartcourt früher unterstellt, habe ich recht?«
    »Vor dem Scheißunfall, der mich ein Auge gekostet hat, ja.« Bill nickte. »Er war mein Boss. Ist es jetzt noch, nicht offiziell natürlich. Legt euch nicht mit ihm an, hört auf meinen Rat!«
    »Er geht über Leichen, das wissen wir, aber das schreckt uns nicht ab«, erwiderte Roque und richtete sich auf. Er ging zur Infusion, stellte sicher, dass die Flüssigkeit wieder ungehindert durch den Schlauch floss, und drehte das Ventil am oberen Ende zu, damit nicht alles auf den Boden tropfte. Dann drückte er für Bill den Rufknopf und verließ mit Shade zusammen das Krankenhaus.
    Auf der Straße blieb er stehen und rieb sich die Brust.
    »Was ist los?«, fragte Shade besorgt.
    »Mein Tattoo tut weh.«
    Skeptisch runzelte sie die Stirn. »Deshalb massierst du deinen Brustkorb?«
    Er wandte sich ab und stapfte durch die Schneedecke zu ihrem SUV, der gegenüber vom Eingang parkte. »Die Schmerzen strahlen nach vorn aus.«
    »Warum fliegst du dann nicht voraus?«, erkundigte sie sich außer Atem, da sie versuchte, mit ihm Schritt zu halten. Selbst im Licht der Straßenlaterne wirkten seine Haare goldblond. Was hatte das zu bedeuten?
    »Lass uns morgen nach Hartcourt schauen.« Vor ihrem Wagen blieb er stehen, streckte sich und zuckte zusammen. Keuchend machte er einen Katzenbuckel. Aus irgendeinem Grund wich er ihrem Blick aus. »Da er Sheriff im Mono County ist, wird er wohl kaum abtauchen.«
    »Kommst du mit in die Pension auf mein Zimmer? Ich könnte dich einschleusen wie einen heimlichen Liebhaber.« Wenn Shade ihn offiziell mitnahm, müsste sie mehr für die Doppelbelegung bezahlen, und sie bezweifelte, dass Roque Geld besaß. Als sie ihn getroffen hatte, hatte er nicht einmal eine Hose mit Taschen getragen. Sie wunderte sich, dass sich trotz der ernsthaften Recherche frivole Gedanken

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