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Eisige Versuchung

Eisige Versuchung

Titel: Eisige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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dass seine Angst echt war. »Sag uns seinen Namen, und wir spüren ihn selbst auf!« Das hatten sie bei ihm schon geschafft, sie würden es auch noch einmal fertigbringen. Roque und sie bildeten ein tolles Team. Schräg, voller Höhen und Tiefen, aber sie kamen gemeinsam ans Ziel.
    Flehend blickte Bill sie an.
    Roque betonte jede Silbe und klang dabei so düster und Unheil bringend, dass selbst Shade erschauderte. »Wer – ist – er?«
    »Ich kann nicht«, wisperte Gold, obwohl er vor Furcht zitterte.
    Shade murmelte: »Verdammt!« Die Angst vor seinem Kumpel überstieg die vor ihnen noch. Von einer Freundschaft zwischen den beiden Männern konnte wohl nicht die Rede sein. Hatte Joe Bill bezahlt, um ihn zu begleiten? Oder schuldete Gold ihm einen Gefallen oder gar Geld?
    »Schau her!«, befahl Roque ihm in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Was du jetzt siehst, wird unter uns bleiben, oder ich werde dafür sorgen, dass du in die Psychiatrie eingewiesen wirst!«
    Shade hielt erschrocken die Luft an. Er hatte doch wohl nicht vor, diesem Schurken sein wahres Wesen zu zeigen. Atemlos brachte sie hervor: »Nicht doch!«
    Schweißperlen traten auf Bills Stirn. »Habt ihr mir nicht schon genug angetan?«
    »Die Erfrierungen gehen auf dein Konto.« Fest drückte Roque seinen Daumen auf die mit zwei weißen Klebestreifen bedeckte Kanüle in Golds Arm, sodass dieser vor Schmerz aufstöhnte. Seine Fingerspitzen glitten an dem Infusionsschlauch beinahe zärtlich höher. Mit einem Mal nahmen sie eine rosa-bläuliche Färbung an, wie der Winterhimmel bei Frost. Er selbst schien sich nicht daran zu stören, Bill jedoch riss seine Augen auf.
    Auch Shade glaubte kaum, was sie sah. Dort, wo der Eisengel die Leitung berührte, gefror die Flüssigkeit darin. Die Kälte breitete sich nach oben und nach unten aus. Eisblumen wuchsen auf der Plastiktüte, die an dem Gestell hing. Bill bedeckte mit seiner Hand die Nadel, als könnte er so verhindern, dass die Kälte auf ihn übergriff. Wie in Zeitlupe kroch das Eis durch die Gummiröhre näher an ihn heran.
    Bevor er sich die Kanüle aus dem Arm herausreißen konnte, hielt Roque ihn auf. »Das nützt dir nichts. Ich könnte auch dein Blut gefrieren lassen wie jede andere Flüssigkeit. Ich habe die Fähigkeiten dazu und keine Skrupel, sie einzusetzen. Alles, was du tun musst, um mich davon abzuhalten, ist, mir zu sagen, wie dein Kumpel heißt.«
    »Er hat kaltblütig einen alten Mann erstochen«, redete Shade eindringlich auf Bill ein. »Wenn es stimmt, dass ihr Art nur einen Schrecken einjagen wolltet, kannst du die Bluttat doch niemals gutheißen!«
    Gold schluchzte. »Das tu’ ich doch auch nicht. Ich bin kein Mörder!«
    Unaufhaltsam fraß sich der Frost durch den Schlauch. Nicht nur Bills, sondern auch Shades Herz raste. Warum rückte er nicht endlich mit der Sprache heraus? Dachte er, sie blufften nur? Besorgt schaute sie Roque an und runzelte die Stirn. Wie weit würde er gehen, um die Antwort zu erfahren? Keinesfalls würde sie zulassen, dass er Gold folterte.
    »Nun rede schon!«, schrie sie den Kranken an. »Denkst du, du schuldest ihm etwas, weil er dich in die Klinik gebracht und dir somit das Leben gerettet hat?«
    »Gerettet?!« Er spie das Wort förmlich aus. Einige Sekunden lang war er in sich gekehrt, als würde er sich die Situation noch einmal ins Gedächtnis rufen. Dann klärte sich sein Blick. »Gar nichts hat er. Das feige Schwein ist abgehauen, statt mich zu suchen. Bis heute war er nicht hier, dabei hat er von seinen Spionen längst erfahren, dass ich im Spital liege. Er weiß immer über alles Bescheid. Er ist der Big Boss, oh ja!«
    »Warum deckst du ihn dann?« Roque hörte auf, die Flüssigkeit einzufrieren, machte das Eis jedoch nicht wieder flüssig.
    »Tu’ ich doch gar nicht. Ich schütze mich selbst. Er wird erfahren, dass ich geplaudert habe, und mich in Stücke reißen. Vielleicht wortwörtlich, womöglich macht er mich auch anders fertig. Er könnte mir mein Haus wegnehmen, mich einsperren wegen irgendwas, das er sich ausdenkt, oder meine Frau könnte einen Unfall haben. Er ist zu allem fähig. Ihm gehört die Stadt. Man legt sich nicht mit ihm an!«
    »Wir schon!« Wenigstens Roque hörte sich überzeugend an, denn Shade bekam Angst – schließlich hatte Joe bewiesen, dass er zur schlimmsten aller Schandtaten fähig war.
    Joe musste eine große Nummer sein, vor dem sich selbst die Ganoven fürchteten. Eventuell waren sie, Shade und Roque,

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