Eisiges Blut
genähert hatte. Er wollte nicht zu früh halten.
Von der Küste her hörte er das entfernte Dröhnen eines Schneemobils, und er kam nicht umhin, es mit dem weichen, natürlichen Rauschen des Schlittens zu vergleichen. Als Fotograf, jemand, der sich auf den neuesten Schnickschnack verließ, konnte er die Technik schlecht verurteilen. Himmel, wenn er etwas gegen Flugzeuge hätte, wäre er überhaupt nicht hier, und wenn er gegen digitale Fotografie wäre, müsste er sich später durch einen Haufen gefrorener, gebrochener und zerkratzter Filme wühlen. Doch den Lärm des Schneemobils, das ungefähr gleichzeitig mit ihnen bei der Station eintreffen würde, empfand er dennoch als Störung, wie ein Rasenmäher, der die perfekte Stille eines Augustmorgens zerriss. Während er zusah, wie das Gefährt wie ein schwarzer Käfer über das Eis jagte, fragte er sich, ob Darryl wohl an Bord war, beladen mit frischen Proben.
Der Hundezwinger befand sich auf der Rückseite der Station, jenseits des Gevierts, das aus den Gebäuden mit den Schlafzimmern und Verwaltungsräumen gebildet wurde. In diesem Teil der Station drängten sich die Labore, Ausrüstungsschuppen und Generatoren eng aneinander. Obwohl Letztere so weit wie möglich von den Schlafräumen entfernt lagen, passierte es oft, dass der Wind sich nachts legte und Michael das konstante Dröhnen hören konnte. Als er sich eines Morgens beim Frühstück darüber beschwert hatte, hatte Franklin gesagt: »Sorgen musst du dir erst machen, wenn du die Maschinen
nicht
hörst.«
Die Hunde bogen in einen schmalen Pfad ein, am Eiskernlager und dem botanischen Labor entlang und vorbei an der Garage, in der die Sprytes, Schneemobile und Eisbohrer standen. Sie hielten auf den Zwinger zu, der nur durch eine windige Gasse vom meeresbiologischen Labor getrennt war. Michael rief »Whoa!«,
nahezu ohne einen erkennbaren Effekt, und trat mit beiden Füßen auf die Bremse. Er spürte, wie sich die Stahlhaken in den Permafrostboden gruben und die Geschwindigkeit des Schlittens verringerten. Aber sie waren nicht langsam genug für eine weiche Landung. Er rief noch einmal und lehnte sich, mit seinem ganzen Gewicht auf der Hauptleine, zurück. Der vordere Teil des Schlittens ging ein kleines Stück in die Höhe und die Tiere wurden allmählich langsamer. Kodiak hörte auf, an seiner Leine zu ziehen, und die anderen Hunde taten es ihm auf der Stelle gleich. Nahezu lautlos glitten die Kufen über Schnee und Eis, bis der Schlitten den Zwinger erreichte, einen offenen Schuppen mit Heuboden, der von einer grellen weißen Lampe beleuchtet wurde. Der glücklichen Reaktion der Hunde nach zu urteilen, sah es für sie wie das Ritz aus.
»Gut gemacht, Nanook«, sagte Danzig und hievte sich aus der Hängematte und der Ladefläche. »Was sagt die Uhr?«
Sinclair hatte den Schlitten gehört, das Bellen der Hunde und das Geräusch der Kufen auf dem Schnee. Er wagte es jedoch nicht, die Tür zu öffnen, um zu erfahren, was dort draußen vor sich ging. Gut möglich, dass man einen Wachposten aufgestellt hatte.
Es gab auch kein richtiges Fenster, doch in der Nähe der Tür, dicht unterhalb der niedrigen Decke, entdeckte er eine schmale Glasscheibe. Leise trug er einen Stuhl hinüber und kletterte darauf. Seine immer noch nassen Strümpfe machten schmatzende Geräusche, als er versuchte, hinauszuspähen. Das Hundegebell kam ganz aus der Nähe, aber das Fenster war so mit Eis und Schnee verkrustet, dass er kaum etwas erkennen konnte. Auf seiner Seite befand sich jedoch eine Art Griff, wie bei einer Kurbel, und als er daran drehte, hob sich die Unterkante des Fensters an, und schob dabei etwas Schnee aus dem Weg. Er drehte erneut, und es entstand ein zentimetergroßer Spalt, durch den er spähen konnte. Durch die kleine Öffnung traf ihn ein gewaltiger Windstoß.
Er erblickte eine eisbedeckte Gasse, in der ein Gespann aus Wolfshunden herumtänzelte. Zwei Männer waren auf dem Schlitten. Der, der den Schlitten lenkte, trug einen unförmigen Mantel mit Kapuze, der andere lag auf dem Schlitten und trug eine Kette aus Knochen um den Hals. In einer weit geöffneten Scheune kam das Gefährt zum Stehen. Die Scheune war hell erleuchtet, obwohl es Sinclair vorkam, als wäre gerade Mittag, und der Mann im Schlitten kletterte heraus. Sinclair hörte nicht, was sie sprachen. Stattdessen erregte etwas an der Rückwand des Hundepferches seine Aufmerksamkeit.
Dort stand seine Truhe, die ihren Vorrat an Flaschen enthalten
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