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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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Organe, die Darryl für spätere Studien entfernt und präpariert hatte.
    »Muss er das unbedingt mit ansehen?«, fragte Michael.
    »Ich habe die kleinen Gläser extra als Sichtschutz aufgestellt.«
    »Sieht irgendwie aus wie ein Flussbarsch«, meinte Michael mit Blick auf den Fisch, der gerade seziert wurde.
    »Gut erkannt«, sagte Darryl. »Er gehört zu einer barschähnlichen Unterordnung, den
Notothenioidei.«
    »Wie bitte?«
    »Während der letzten 55 Millionen Jahre«, begann Darryl, offensichtlich glücklich, sich über dieses Thema auslassen zu können, »ist die Temperatur im Antarktischen Ozean ständig gesunken, von mehr als zwanzig Grad bis zum gegenwärtigen Extrem von minus 1 , 8 Grad. Die antarktische Meereswelt wurde immer mehr isoliert. Das Wasser wurde kälter, die Migration wurde schwerer, und die Flachwasserfische mussten sich entweder anpassen oder sterben. Die meisten von ihnen sind ausgestorben.«
    »Aber die hier nicht?«
    »Diese hier«, sagte Darryl mit offenkundiger Zärtlichkeit und Befriedigung, »haben nicht aufgegeben. Die Notothenioidei lungerten am Meeresgrund herum und warteten den richtigen Augenblick
ab. Sie haben sich angepasst, indem ihr Stoffwechsel immer anspruchsloser geworden ist und sie gelernt haben, Sauerstoff effektiver zu nutzen. Sie können Sauerstoff speichern, indem sie ihn in ihrem Gewebe speichern.«
    »Nicht in ihrem Blut?«, fragte Michael und erinnerte sich, dass Darryl schon vor ihrem ersten Tauchgang davon erzählt hatte. »Sie haben kein Hämoglobin?«
    »Du hast also aufgepasst«, sagte Darryl. »Ich bin beeindruckt. Da sie keine roten Blutkörperchen haben, ist ihr Blut klar, aber es enthält ein natürliches Frostschutzmittel, ein Glykoprotein, das sich aus sich wiederholenden Einheiten aus Zucker und Aminosäuren zusammensetzt. Dieses Glykoprotein senkt den Gefrierpunkt des Wassers um das Hundert- bis Zweihundertfache.«
    Michael konnte dieser Erklärung im Wesentlichen folgen. »Sie haben also ihr eigenes natürliches Frostschutzmittel, wie das Zeugs, das man sich ins Auto kippt?«
    »Nicht genau«, sagte Darryl. Dabei entfernte er vorsichtig das Herz des Fisches und ließ es von der Pinzette in eines der kleinen Gläser plumpsen. Der Geruch von Formaldehyd wehte zu Michael herüber. »Im Gegensatz zum Ethylenglykol, das du in den Autokühler kippst, verhalten sich die Moleküle in den Fischen anders. Sie schützen den Fisch zwar davor, zu gefrieren, aber nur, so lange der Fisch vorsichtig genug ist und nicht … «
    Es klopfte laut an der Tür, und als Michael sich umdrehte, sah er, wie sich das Seil an der Klinke spannte.
    »Was ist denn jetzt schon wieder los?«, murrte Darryl.
    »Das ist wahrscheinlich Calloway. Sie durchsuchen gerade die gesamte Station.«
    Widerwillig erhob Darryl sich von seinem Stuhl. »Aber was wollen sie hier? Den Tatort untersuchen?«
    »Sie suchen nicht nach den Leichen«, warnte Michael ihn. »Murphy versucht, die Geschichte so gut es geht totzuschweigen.«
    Darryl blieb stehen und sah Michael an. »Glauben die etwa, ich hätte die Hunde hier drin?« Kopfschüttelnd löste er das Seil.
    »Hi, Kumpel, wovor fürchtest du dich denn?«, sagte Calloway, als er sich hineindrängte. Der Hiwi mit der breiten Schirmmütze folgte ihm. Im Labor schüttelten sie sich den Schnee von den Jacken und Stiefeln.
    »Ich ziehe es nur vor, wenn die Leute sich vorher anmelden.«
    »Ich werde daran denken«, sagte Calloway und klopfte ihm auf die Schulter, »nächstes Mal.« Sein Blick fiel auf den Labortisch und den ausgeweideten Fisch.
    »Eisfisch?«, fragte er. »Aus den Größeren kann man leckeres Fischfilet zubereiten.« Er schlenderte hinüber und musterte die Präparate in den Gläsern. »Aber ich glaube, bei den Resten von diesem hier verzichte ich.«
    Inzwischen hatte Michael den Hiwi mit der Schirmmütze erkannt. Er hieß Osmond und arbeitete bei Onkel Barney in der Küche. Jetzt folgte er Calloway und steckte seine Nase in ein paar Schränke und unter die Tische. Michael fragte sich, was um alles auf der Welt er dort zu finden glaubte.
    »Aber dieser hier sieht ja noch ganz frisch aus«, sagte Calloway mit seinem gewohnten Aussieakzent und starrte in das Kühlbecken. »Bei den knöchrigen Lippen tippe ich glatt auf einen Antarktisdorsch.«
    »Stimmt«, sagte Darryl und klang besänftigt. Er wusste es stets zu schätzen, wenn jemand etwas über die Meeresfauna wusste. »Wir haben ihn gerade mit den Fallen rausgeholt.«
    Michael näherte

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